Alles neu macht der Kovac

Niko Kovac hat Eintracht Frankfurt aus dem Abstiegskampf geführt
© getty

Eintracht Frankfurt mischt in der Bundesliga oben mit und scheint die vergangene Saison ebenso wie große Abstiegsängste hinter sich gelassen zu haben. Doch was sind die Gründe für den Erfolg von Niko Kovac?

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Wäre die Bundesliga-Saison ein einziges Spiel, könnte nach Geschmack der Eintracht-Fans nun sicher nach rund 20 Minuten abgepfiffen werden. Frankfurt würde die Saison auf Platz sieben beenden, völlig frei von jeglichen Abstiegssorgen und mit einer Mannschaft, die endlich wieder Spielfreude und Offensivgefahr ausstrahlt.

Doch vor wenigen Wochen wäre der Zeitpunkt zum Abpiff gar noch besser gewesen. Der Start gelang Niko Kovac und seiner Eintracht bestens, das Team rangierte auf den Champions-League-Plätzen und schlug neben dem FC Schalke 04 auch Bayer Leverkusen.

Auch wenn man inzwischen anerkennen muss, dass die Siege über den FC Schalke 04, Bayer Leverkusen und den FC Ingolstadt gegen Mannschaften gelangen, die mit eigenen Problemen zu kämpfen hatten, hat Frankfurt doch sichtlich einen Schritt nach vorne gemacht.

Neuverstärkungen und Kadertiefe

Kovac und Fredi Bobic scheinen die Zeit, die sie im Sommer hatten, gut genutzt zu haben. Die Neuzugänge schlugen im Kader ein und sichern so inzwischen eine bisher unbekannte Qualität und Quantität. Jesus Vallejo und Michael Hector erwiesen sich als zuverlässige Verteidiger, Guillermo Varela konnte seine Fähigkeiten schon andeuten.

Das Mittelfeld wurde von Omar Mascarell stabilisert, Danny Blum, Ante Rebic, Shani Tarashaj und Branimir Hrgota sorgten für zahlreiche Verbesserungen im offensiven Bereich. Trotz zahlreichen Ausfällen, wie unter anderem Johannes Flum oder Marc Stendera, stellte Kovac zuletzt noch immer ein Team mit gehobenem Bundesliga-Niveau auf.

"So blind sind wir nicht, dass wir nur Einäugige gekauft haben", freute sich Kovac nach dem 3:0-Sieg gegen den Hamburger SV über seine Neuzugänge und unterstrich:"Erstens sind das alles außerordentlich gute Fußballer, zweitens sehr gute Charaktere."

Die Spieler, so der Trainer, würden voneinander lernen und selbst Fortschritte machen.

Marco Russ der "Talisman"

Das dürfte zu einem großen Teil auf die Führung Kovacs zurückzuführen sein. Der Kroate hat es mit seiner offenen Art geschafft, eine Einheit zu formen. Auf der einen Seite forderte er schon in der vergangenen Saison von jedem Mann auf dem Platz alles ein, auf der anderen bringt er ebenso Qualitäten als ruhiger Mentor mit.

Das hat der zum Zeitpunkt seiner Übernahme im vergangenen März sehr verunsicherten Mannschaft sichtlich gut getan.

Geschichten wie die von Marco Russ passen da nur bestens ins Bild. Der Verteidiger musste im Abstiegskampf die Diagnose Krebs hinnehmen, führte die Mannschaft im Hinspiel der Relegation aber doch als Kapitän aufs Feld. Das Rückspiel verpasste er gesperrt, die Eintracht sicherte auch für ihn den Klassenerhalt. Vor dem Spiel hatten alle ein Trikot mit der Nummer vier, seiner Rückennummer, getragen.

"Das ist unser Talisman. Wir sind alle glücklich, dass Marco wieder gesund ist, dass er angreifen und trainieren kann. Das zeigt, wie verbunden er mit der Eintracht ist und wie die Mannschaft mit ihm verbunden ist", sagt Kovac inzwischen über Russ. In einem Team ohne Superstars habe sich ein "Kollektiv neben dem Platz" gebildet.

Offensive endlich gefährlich

Eine gute Basis, die Kovac nutze, um höher und höher zu bauen. Nachdem seine Frankfurter in der letzten Saison die zweitschlechteste Offensive der Liga stellten und an den letzten Spieltagen vor allem über eine gestärkte Defensive kamen, strahlt das Team inzwischen doch durchaus Torgefahr aus.

Nach acht Spieltagen stehen 13 Treffer auf der Habenseite, das wären hochgerechnet 55 Tore zum Ende der Saison und damit 22 mehr als im vergangenen Jahr. Etwas flotter und variabler ist das Team nach vorne geworden, aufgrund der derzeitigen Situation sicher auch etwas mutiger. Entscheidend ist vor allem: weniger abhängig von Alex Meier.

Aus einem soliden Spielaufbau heraus sucht die Eintracht den Weg nach vorne und kommt so zu besseren Abschlusssituationen. Die sehr frei gestalteten Rollen der Offensivspieler führen zu geöffneten Räumen, gefährlichen Ideen und bringen die durchaus vorhandene Kreativität der Spieler zum Vorschein.

Taktische Flexibilität

"Ich will mir nach oben keine Grenze setzen", sagt etwa Marco Fabian, der in dieser Saison voll angekommen scheint. Der Mexikaner erfüllt die Voraussetzungen Kovacs ideal und hat sich so seinen Platz erarbeitet: "Das ist der Marco, den wir uns alle wünschen. Ich hoffe, dass er das fortsetzen kann."

Der Trainer kann inzwischen stolz erklären: "Wir wollten erst einmal den Kampf annehmen, weil vom Spiel zum Kampf - das klappt nicht." Vom Kampf zum Spiel klappt aber ganz vorzüglich, wie die letzten Spiele unter Beweis stellten. Ball sichern, gemeinsam aufrücken und dann Nadelstiche setzen, ist der Plan des Trainers.

Dass kann seine Mannschaft in verschiedenen Grundordnungen, verschiedenen Höhen und Aggressivitätsstufen im Pressing. Einst erklärte Kovac als Kroatien-Trainer die Taktik für nutzloses Beiwerk, gegen die Bayern holte er mit einer Mischung aus Dreier- und Fünferkette einen Punkt. Die Entwicklung stimmt in Frankfurt.

Inwiefern die Mannschaft diese aufrecht erhalten kann, wird entscheidend sein. Die bisherigen vier Siege stammen aus Duellen mit Teams aus der unteren Tabellenhälfte. Gegen Freiburg, Hertha und den FC Bayern setzte es direkt Punktverluste.

Eintracht Frankfurt im Überblick