SPOX: Herr Wetklo, Sie sind im Sommer 2014 zum FC Schalke 04 zurückgekehrt und seit der Vorsaison Torwarttrainer der U23. Wie sieht aktuell Ihre Aufgabenverteilung aus?
Christian Wetklo: Ich bin mittlerweile mehr Trainer als Spieler. Vergangene Saison war das etwas schwieriger: Unter der Woche habe ich die jungen Torhüter trainiert und wollte sie weiterbringen. Am Wochenende hat der Trainer dann aber häufig mich ins Tor gestellt. Das war keine einfache Situation für uns alle. Jetzt bin ich aber nur noch für den Härtefall eingeplant.
SPOX: Sie haben schon 2011 während Ihrer Spielerkarriere angefangen, als Jugendtrainer zu arbeiten. Wie ist das genau entstanden?
Wetklo: Das war ein ziemlicher Zufall. Beim TSV Wackernheim, dem Jugendverein meiner Kinder, hat der E-Jugendtrainer plötzlich aufgehört. Ein Bekannter von mir war dort Co-Trainer und hat mich dann gefragt, ob ich ihn nicht unterstützen könne. Ich habe zunächst verneint, weil ich dachte, dass diese Aufgabe mit meinem doch recht engen Terminkalender nicht vereinbar wäre.
SPOX: Wie kam es zur Meinungsänderung?
Wetklo: Zwei Wochen später fand ein Hallenturnier statt. Mein Bekannter war verhindert und hat gefragt, ob ich aushelfen würde. Das habe ich gemacht. Er hat mir dann die Aufstellung gegeben, von drei Spielen haben wir aber drei verloren. Da hat mich der Ehrgeiz gepackt, das konnte ich nicht auf mir sitzen lassen. Beim nächsten Turnier war ich wieder dabei, habe ich die Aufstellung diesmal selbst gemacht und am Ende sind wir Erster geworden sind. So ging das los.
SPOX: Dass Sie ein sehr ehrgeiziger und emotionaler Typ sind, hat man während Ihrer 14 Jahre beim 1. FSV Mainz 05 oft sehen können. Wie häufig sind Sie da an diesem beschaulichen Standort angeeckt?
Wetklo: Einige Leute haben das gemocht, manchen war meine Art einfach zu viel. Mein Siegeswille war schon als kleiner Junge groß. Ob im Schulsport oder beim Spielen mit meinen Eltern, ich habe das Verlieren gehasst. Unter dem Strich habe ich aber häufig gute Erfahrungen damit gemacht, offen und ehrlich zu sein. Es war oftmals gern gesehen, wenn ich emotionaler wurde. Das gibt es in der Form heute ja kaum noch.
SPOX: Ihre Kinder lassen Sie also nicht auch mal gewinnen?
Wetklo: Ich wüsste nicht warum. (lacht) Das wäre in meinen Augen auch der falsche Weg. Kinder müssen lernen, auch mit Niederlagen umzugehen beziehungsweise ihren Ehrgeiz zu schulen. Je schwerer eine Aufgabe war, desto mehr musste ich mich anstrengen und bin dadurch letztlich besser geworden. Genau dies versuche ich meinen Kindern zu vermitteln.
SPOX: Sie haben angedeutet, dass es im Fußball immer weniger Typen gibt. Stattdessen wirken viele Profis oft aalglatt. Wie beurteilen Sie das?
Wetklo: Man muss in der Außendarstellung heutzutage schon vorsichtig sein. Im Jugendbereich werden die Spieler so geschult, dass es gar nicht mehr möglich ist, aufzubegehren oder kritische Themen anzusprechen. Wer nicht angepasst ist, hat ein Problem. Man braucht aber Typen wie ich es war, davon bin ich überzeugt. Gerade, wenn es sportlich mal nicht so gut läuft.
SPOX: Diese Typen-Diskussion ist sehr ambivalent. Einerseits heißt es, sie würden fehlen, auf der anderen Seite werden die flachen Hierarchien gelobt.
Wetklo: Die Spieler, die aus den Nachwuchsakademien kommen, sind sehr gut ausgebildet. Etwas Elementares fehlt ihnen aber: Sie müssen auch dazwischen funken und sich wehren können. Aber es scheint so, als würden viele Trainer mit dieser Art von Spielern nicht klarkommen und sie deshalb nicht wollen. Wenn die Spieler auf diese Weise erzogen werden, braucht man sich also nicht zu wundern, wenn es immer weniger von ihnen gibt.
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SPOX: Sie dagegen haben selbst den Mut aufgebracht, 2011 als bekennender Schalke-Fan provokativ vor der Dortmunder Südtribüne zu jubeln.
Wetklo: Ich habe das damals ganz entspannt gesehen. Das war ein sehr emotionales Spiel. Ich habe einen Elfmeter gehalten, kurz vor Schluss machen wir in diesem Hexenkessel das 1:1. In der zweiten Halbzeit wurde ich die ganze Zeit mit Gegenständen beworfen. Da mussten die Emotionen dann eben raus. Ich würde es aber keinem empfehlen. (lacht)