"Juhu, der Heidel im Privatjet"

Christian Heidel bei seiner Vorstellung auf Schalke mit Aufsichtsratsboss Clemens Tönnies
© getty

Christian Heidel hat den 1. FSV Mainz 05 zu einem etablierten Bundesligisten gemacht und kann nach etlichen Jahren im Geschäft auf viele Erfahrungswerte zurückgreifen. Im Interview spricht der Manager des FC Schalke 04 über einen schlitzohrigen Wechsel nach Transferschluss, die Globalisierungseffekte der Fußballbranche und die Verhandlungen beim Millionentransfer von Breel Embolo.
Lesen Sie hier Teil 1 des Interviews mit Christian Heidel

Anzeige
Cookie-Einstellungen

SPOX: Herr Heidel, Würden Sie sich als gewieften Manager bezeichnen?

Christian Heidel: Bewertungen überlasse ich anderen. Ich kenne mich, wie viele meiner Kollegen auch, in diesem Geschäft ganz gut aus. Ich versuche mich immer in Themen einzuarbeiten und alles zu verstehen, da ich ungern von anderen abhängig bin. Trotzdem mache ich Fehler, über die ich mich am meisten selbst ärgere.

Erlebe die Bundesliga-Highlights auf DAZN. Hol Dir jetzt Deinen Gratismonat

SPOX: Uli Hoeneß nannte Sie immerhin mal einen Schlawiner.

Heidel: Ich weiß, aber das hat er, glaube ich, nicht negativ meint. Er bezog das eben auf diese gewisse Detailversessenheit. Nach dem alten Motto: Geht nicht, gibt's nicht. Da ging es wohl um den Buckley-Wechsel nach Transferschluss.

SPOX: Nach Transferschluss?

Heidel: Damit Delron Anfang 2009 auf die Transferliste gekommen wäre, hätte das Fax am letzten Transfertag bis um 12 Uhr eingereicht werden müssen. Er stand aber im Stau und hatte keine Möglichkeit, den Antrag zu unterschrieben. Ich habe dann die Statuten gewälzt und tatsächlich eine Lücke gefunden. Wir haben ihn sofort reamateurisiert, denn für Amateure galt 18 Uhr als Frist. So ist er letztlich als Amateur gewechselt und wurde einen Tag später wieder Profi. Ein paar Monate später wurden dann die Statuten geändert und die Uhrzeiten angeglichen. (lacht)

SPOX: Wenn Sie an Ihre Anfänge in diesem Metier zurückblicken, welche sind die größten Lerneffekte, die bei Ihnen mit den Jahren eingetreten sind?

Heidel: Das Fußballgeschäft hat sich aus drei Gründen vollkommen verändert. Erstens: Das viele Geld, das den Markt überschwemmte. Ich weiß noch, dass 1998 der erste Mainzer Profi 10.000 DM im Monat verdiente. Da habe ich gezittert, als ich den Vertrag ausgefüllt habe. Heute lacht man sich tot darüber.

SPOX: Und zweitens?

Heidel: Das digitale Leben. Ganz am Anfang hatten wir nicht einmal ein Fax, da musste man alles per Post verschicken oder musste persönlich anwesend sein.

SPOX: Fehlt noch Grund Nummer drei.

Heidel: Die Öffentlichkeit, die in alles involviert ist. Früher konnte ich quasi machen, was ich wollte. Heute mache ich einmal "Piep" und fünf Minuten später bekomme ich das als Push-Nachricht auf mein Handy gespielt. Das hat das Geschäft extrem verkompliziert. So kam mehr Druck hinein und man muss stark darauf achten, nicht zum Populisten zu werden. Werde nie populistisch, das hat mir mein Vater immer geraten.

SPOX: Wo viel Geld ist, werden auch Menschen angelockt, die besonders daran interessiert sind. Wie hat sich das mit den Jahren bemerkbar gemacht?

Heidel: Das war ein schleichender Übergang. Es ist immer mehr Geld im Umlauf, ob bei Transferentschädigungen oder für Gehälter. Das Bosman-Urteil hat den Fußball Mitte der 1990er Jahre verändert und ist längst Normalität geworden. Früher hat man alleine mit dem Spieler im Büro gesessen, heute ist das Büro manchmal beinahe zu klein. In diesen zwanzig Jahren ist eine neue Branche entstanden. Das darf man aber nicht immer nur negativ sehen. Ein 20-jähriger Fußballer kann sich doch in diesem Geschäft nicht auskennen. Ich habe totales Verständnis dafür, wenn man dann mit jemandem zusammenarbeitet, der sich auskennt und die Interessen des Spielers vertritt.

SPOX: Wie groß sind denn die Unterschiede, wenn Sie mit Vereinen aus großen Ligen wie England oder Spanien verhandeln und dann beispielsweise mit welchen aus Osteuropa oder Skandinavien?

Heidel: England ist weit weg. Spanien und Frankreich holen durch neue TV-Verträge auf und in Italien gibt es vier oder fünf Klubs, die Inhaber-gesteuert noch mitmischen können. Genauso in Russland und der Ukraine. Der Rest sind Zulieferer, die aber auch alle vom großen Geldkuchen profitieren. Grundsätzlich ist das Geschäft sehr global geworden. In den 1990er Jahren beispielsweise hatten wir kaum ausländische Spieler im Team, heute ärgere ich mich darüber, nicht mehr Sprachen gelernt zu haben.

SPOX: Woran hapert's denn?

Heidel: Englisch klappt wunderbar, aber mir missfällt es, kein Spanisch zu sprechen. Ich hatte mir mal vorgenommen, Sprachkassetten zu kaufen und sie im Auto zu hören, aber leider war ich da nicht wirklich hinterher. Das ärgert mich sehr, auch wenn ich halbwegs verstehe, wenn etwas auf Spanisch geschrieben steht.

Inhalt:
Artikel und Videos zum Thema