SPOX: Herr Schupp, seit November 2015 sind Sie nicht mehr als Sportdirektor beim 1. FC Kaiserslautern im Amt. Wie haben Sie die Zeit seitdem verbracht?
Markus Schupp: Zunächst einmal habe ich meine Zeit in Kaiserslautern aufgearbeitet und reflektiert. Dabei ging es um die Fragen, was gut gelaufen ist und welche Optimierungen für weitere Tätigkeiten in der Funktion als Sportdirektor denkbar sind. Darüber hinaus habe ich Führungsseminare besucht, meine Englischkenntnisse verfeinert und viel Fußball im In- und Ausland gesehen. Natürlich habe ich auch die Zeit mit meiner Familie genossen. Das kommt im Laufe der Jahre zu kurz, aber so ist unser Beruf.
SPOX: Gab es in dieser Zeit Angebote?
Schupp: Im Sommer gab es zwei konkrete Möglichkeiten aus der deutschen 3. Liga. Ich habe mich jedoch nach vielen Gesprächen dagegen entschieden. Die mittelfristige Perspektive hat mir gefehlt.
SPOX: Sehen Sie sich zu 100 Prozent als Sportdirektor oder könnten Sie sich vorstellen, wieder einen Trainerjob anzunehmen?
Schupp: Für mich ist es klar, dass meine berufliche Priorität weiter im Bereich Kaderplanung und Scouting aus der Position eines Sportdirektors liegt. Die Jahre als Co- und Cheftrainer kommen mir dafür aber zugute.
SPOX: Sie haben die Aufarbeitung Ihrer Zeit beim FCK angesprochen. Sie spielten dort die ersten sieben Jahre Ihrer Profikarriere, wurden 1990 Pokalsieger und 1991 Meister. Reflektiert man ein Engagement bei so einem Klub anders?
Schupp: Man betrachtet die Dinge auf jeden Fall emotionaler. Ich komme aus der Region, durfte dort meine ersten Schritte machen und war erfolgreich. Deshalb hat es nach meiner Tätigkeit etwas gedauert, das zu verarbeiten.
SPOX: Wie sah das Ergebnis dieses Verarbeitungsprozesses aus?
Schupp: Der FCK ist ein Traditionsverein mit großer Geschichte und einer emotionalen Fankultur. Dort herrschen andere Voraussetzungen als bei Werksvereinen. Als Sportdirektor muss man da bei der Kaderplanung geschickt und manchmal risikoreich agieren. Aufgrund der finanziellen Strukturen muss man frühzeitiger als andere Vereine auf dem Plan sein.
SPOX: Welche Schwierigkeiten traten dabei auf?
Schupp: Die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen waren nicht immer so, wie die Öffentlichkeit geglaubt hat. Wir hatten klare Vorgaben, das Budget herunterzufahren. Dann ist es umso schwerer, gestandene Spieler zu holen - trotz Stadion, Fankultur, Tradition. Da muss man mit Beratern und Spielern in persönlichen Gesprächen viel Zeit aufwenden und sie menschlich und konzeptionell überzeugen.
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SPOX: Welche Argumente haben Sie in diesen Gesprächen vorgebracht?
Schupp: Für mich war die Aufgabe so interessant, weil der Verein die Philosophie ändern wollte. Damals waren noch viele ältere Spieler wie Idrissou oder Bunjaku im Kader. Dann hat es ein Umdenken gegeben. Wir wollten eine junge, spielstarke Mannschaft entwickeln, um uns langfristig zu verbessern. Wir haben aufgezeigt, dass es ein guter Schritt ist, zu uns zu wechseln, und wir auch ein Sprungbrett sein können.
SPOX: In dieser Hinsicht hatten Sie beim VfR Aalen bereits Erfahrungen gesammelt.
Schupp: So ist es. Dort haben wir Kevin Kampl für eine geringe Ablösesumme aus Osnabrück verpflichtet und ihn nur zehn Wochen später gewinnbringend nach Salzburg transferiert. Oder Benjamin Hübner, der bei uns einen wichtigen Schritt gemacht hat und über Ingolstadt jetzt Stammspieler bei Hoffenheim ist. Es gab noch zahlreiche andere Beispiele.
SPOX: Und diese Erfahrung sollten Sie auf den FCK übertragen.
Schupp: Genau. Es ging darum, Spieler zu finden, die man weiterentwickeln kann, um sie dann entweder mit einem Transfergewinn abzugeben oder zu etablierten Kräften zu machen. Wir hatten etwa mit Demirbay, Hofmann oder Younes einige Spieler im Kader, die sich seitdem überragend entwickelt haben. Bödvarsson habe ich mir persönlich mit unserem Chefscout Boris Notzon in Stavanger angesehen. Wir haben ihn als Nationalspieler Islands ablösefrei verpflichtet und nach nur sechs Monaten beim FCK wechselte er, wie zu lesen war, für mehr als 3 Mio. nach England. Mit Lukas Görtler wurde von uns ein junger talentierter Spieler verpflichtet, der sich nachweislich positiv wertschöpfend entwickelt.
SPOX: Aber die meisten blieben nicht lange.
Schupp: Wir mussten regelmäßig innerhalb kürzester Zeit Spieler wieder abgeben, um einen finanziellen Ausgleich zu schaffen. Das war mir vorher in dieser Dimension nicht bewusst und ist mir so auch nicht kommuniziert worden.
SPOX: Ermüdet es einen, Jahr um Jahr wichtige Leistungsträger nicht halten zu können? Mit Willi Orban wechselte eine Identifikationsfigur als Kapitän zu RB Leipzig.
Schupp: Nein, das ist ein anderer Fall. Bei Willi Orban und auch Dominique Heintz war es so, dass die Verträge ausliefen. Man hätte diese frühzeitiger verlängern müssen. Letztlich war es dann so, dass Angebote von Vereinen kamen, die für uns andere Dimensionen darstellten. Etablierte Bundesligisten und Werksvereine sind bei Vertragsverhandlungen für den FCK unerreichbar. Die beiden Spieler abzugeben, war zu diesem Zeitpunkt alternativlos. Die Defizite sind vorher gemacht worden.
SPOX: Inwiefern?
Schupp: Hätte man sich intensiver um sie bemüht, hätten sie frühzeitig verlängert und wären zu Säulen des FCK geworden. Wenn man solche Säulen mittelfristig nicht hält, wird das zum Problem. Man muss aufpassen, dass man die Fans nicht verliert, die an gewissen Werten festhalten.
SPOX: Welche sind das?
Schupp: Der FCK ist ein bodenständiger, menschennaher Verein in einer kleinen Stadt mit 90.000 Einwohnern. Da ist es wichtig, dass man Spieler hat, die auf die Fans zugehen. Und man muss Neuzugängen Zeit geben, dass sich die Zuschauer mit ihnen identifizieren können. Zuletzt wurden immer wieder Spieler nach nur einem halben Jahr abgegeben. Wenn man das von vorn herein weiß, kann man sich darauf einstellen. Das kristallisierte sich erst im Laufe meiner Tätigkeit heraus.
SPOX: War diese Fehlkommunikation der Auslöser Ihrer Trennung?
Schupp: Der von mir eben beschriebene Sachverhalt führte zu Missverständnissen und Streitpunkten. Unter dem Strich bin ich aber mit den Transfers, die ich beim FCK getätigt habe, zufrieden.