Young and wild and Ersatz

Felix Keil
17. November 201610:32
Kai Havertz, Lukas Fröde, Nabil Bahoui sind vielversprechende Bundesliga-Youngsterspox
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Immer mehr internationale Stars zieht es in die Bundesliga. Doch die deutschen Klubs haben mehr zu bieten als Stars, die immer im Rampenlicht stehen. SPOX wirft einen Blick auf sieben vielversprechende Youngster, die bisher nicht über die Reservistenrolle in ihrem Verein hinaus gekommen sind.

Jannes Horn: 19 Jahre, Verteidiger, VfL Wolfsburg

Die aktuelle Lage

Wenn man als 18-Jähriger Angebote von europäischen Schwergewichten wie dem FC Liverpool oder Juventus Turin vorliegen hat, kommt man sicher schnell in die Verlegenheit, das große Geld zu sehen und zuzuschlagen. Nicht so Jannes Horn, der sich im vergangenen Jahr dafür entschied, seinen ersten Profivertrag beim VfL Wolfsburg zu unterschreiben. "Ich habe hier eine super Ausbildung genossen und hoffe, dass ich meinen Weg gehen werde", beschreibt der Defensiv-Allrounder diesen Schritt als logische Konsequenz. Jürgen Klopp und Massimiliano Allegri, die sich nach Angaben des kicker um Horn bemüht hatten, schauten in die Röhre.

Mit elf Jahren kam Horn von Rot-Weiß Braunschweig zu den Wölfen - sein bisher einziger Wechsel. Von da an durchlief er alle Jugendstationen des VfL - und am 3. Spieltag feierte der 19-Jährige gegen Hoffenheim sein Debüt. Schon eine Woche später stand er bei der 1:2-Niederlage gegen Werder Bremen in der Startelf und konnte gleich einen Assist einheimsen.

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Die Perspektive

Seitdem blieb er allerdings ohne weiteren Einsatz. Mit Marcel Schäfer und Ricardo Rodriguez hat er auf seiner angestammten Position Konkurrenz mit Erfahrung. Letztgenannter wird immer wieder mit einem Wechsel in Verbindung gebracht. Gut möglich, dass Hansen die Nachfolge des Schweizers antreten wird. Denn als Außenverteidiger kommt ihm seine Schnelligkeit zugute. Doch der U20-Nationalspieler ist nicht nur auf Links einsetzbar, so bekleidete er in der Jugend sämtliche Positionen in der Verteidigung.

Nabil Bahoui: 25 Jahre, Linksaußen, Hamburger SV

Die aktuelle Lage

Zugegeben: Mit 25 Jahren fällt man normalerweise nicht mehr unter die Kategorie "Talent". Bei Nabil Bahoui ist das aber anders. Über den Umweg Saudi-Arabien fand er den Weg aus Schweden, wo er immer noch als eine der größten Hoffnungen des Landes gilt, nach Deutschland zum Hamburger SV. Beim AIK Solna überzeugte er mit 42 Torbeteiligungen in 64 Spielen. Dementsprechend geschockt war man bei den Skandinaviern, als er dem Ruf des Geldes nach Saudi-Arabien folgte, wo er unter Christian Gross für Al-Ahli spielte. Allerdings kam er nie richtig an und flüchtete nach einem halben Jahr in der Wüste zum HSV.

Dort will er seinen Traum, sich in einer europäischen Top-Liga festzuspielen, endlich erfüllen. Stammkraft kann sich der achtmalige schwedische Nationalspieler allerdings noch nicht nennen. Seine Spielzeiten steigerten sich von zwei über 23 bis zuletzt auf 79 Minuten kontinuierlich, doch ein Treffer wollte ihm bei seinen sechs Einsätzen in der letzten Saison nicht gelingen. "Ich hätte besser spielen können und ich will auch noch besser spielen", ist sich Bahoui der Erwartungshaltung um ihn bewusst.

Die Perspektive

Der HSV verpflichtete Bahoui mit dem Ziel, die Lücke, die Ivo Ilicevic in der Offensive hinterlassen hatte, zu füllen. Dem wurde der Linksaußen bisher noch nicht gerecht, an Filip Kostic gibt es derzeit kein Vorbeikommen. So muss sich das 25-Jährige Talent weiter in Geduld üben und Markus Gisdol in den Spielminuten, die er bekommt, überzeugen.

Hendrik Hansen: 22 Jahre, VfL Wolfsburg, Innenverteidiger

Die aktuelle Lage

Im Spiel des VfL Wolfsburg gegen Bayer Leverkusen lief die siebte Minute, als Robin Knoche verletzt ausgewechselt werden musste. Statt den erfahrenen Philipp Wollscheid oder Marcel Schäfer machte sich ein Jungspund, der vorher noch keine Minute in der Bundesliga auf dem Platz gestanden hatte, für die Einwechslung bereit. "Ich war voll geflasht, dass ich überhaupt im Kader stand, und das Gefühl, als ich dann eingewechselt wurde, war unbeschreiblich", schilderte Hendrik Hansen die Gefühlslage bei seinem Debüt. Doch damit nicht genug: drei Tage nach seiner Premiere unterschrieb der 22-Jährige seinen ersten Profi-Vertrag beim VfL.

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Die Unterschrift kann man als Belohnung für jahrelange Arbeit ansehen. Schon seit 2002 ist Hansen bei den Wölfen. Als er in der U19 war und kurz vor seinem Bundesliga-Debüt stand, warf ihn unter anderem ein Kreuzbandriss aus der Bahn. "Nach der zweiten schweren Verletzung gab es bei mir schon einen kleinen Knacks. Da fragt man sich schon, ob es überhaupt noch Sinn macht oder ob ich kein Glück habe", blickt der Innenverteidiger zurück.

Die Perspektive

Doch nun ist Hansen wieder fit und eine wichtige Stütze in der VfL-Reserve. Sollte ein etatmäßiger Verteidiger bei den Profis ausfallen, ist er der Erste, der nachrückt. Valerien Ismael, der schon bei der U23 Hansens Trainer war, ist von seinen Fähigkeiten überzeugt: "Mit Justin Möbius und Hendrik Hansen haben die nächsten beiden Talente schon bewiesen, dass sie bereit sind."

Lukas Fröde: 21 Jahre, Werder Bremen, Defensives Mittelfeld

Die aktuelle Lage

Bei Werderherrscht in der Defensive große Personalnot. Neben diversen Verletzten führten auch erzieherische Maßnahmen von Trainer Alexander Nouri dazu, dass Bremen in der Verteidigung auf dem Zahnfleisch geht. Aber: "Wir können das auffangen, mit Lukas Fröde zum Beispiel", erklärte der Coach. Statt auf erfahrenere Kräfte wie Fallou Diagne, der derzeit in der U23 schmort, setzt Nouri auf den Nachwuchsspieler - zumindest theoretisch.

In der Praxis sieht das anders aus. Bei den Spielen gegen Wolfsburg und Darmstadt wurde Fröde jeweils kurz vor Schluss eingewechselt, um Zeit für wichtige Punkte zu gewinnen. Gegen Mainz durfte er etwas länger ran. Alles in allem stehen elf Bundesliga-Minuten in der aktuellen Saison für den Mittelfeldmann zu Buche.

Die Perspektive

"Ende November, Anfang Dezember werden wir Gespräche führen mit den Spielern und ihren Beratern", kündigte Sportchef Frank Baumann an. Da der Kader aktuell 36 Spieler umfasst, wird der Fokus wohl eher auf der Abgabeseite liegen. Auch Fröde gilt als Kandidat auf einen Wechsel, denn die Konkurrenz im Mittelfeld mit Zlatko Junuzovic, Florian Grillitsch und Clemens Fitz ist namhaft und zudem eingespielt. Aktuell stehen die Chancen auf weitere Einsätze also schlecht. Wann und ob ein Wechsel ansteht, werden die Verhandlungen in den nächsten Wochen zeigen.

Julian Günther-Schmidt: 22 Jahre, FC Augsburg, Stürmer

Die aktuelle Lage

Den 22. Oktober diesen Jahres wird Julian Günther-Schmidt wohl nicht so schnell vergessen. An diesem Samstag feierte er nicht nur sein Bundesliga-Debüt, sondern vergab auch mit seiner ersten Aktion direkt die große Möglichkeit auf den Ausgleich für den FC Augsburg beim SC Freiburg. Doch statt den Ball aus vier Metern ins Tor zu schieben, setzte der Youngster die Kugel über das Tor. Chance vertan, Spiel verloren. Böse war ihm beim FCA keiner. "Ich hätte es ihm so vergönnt. Der hängt sich im Training unglaublich rein. Nachdem er die Chance vergeben hat, habe ich nur gesagt: ‚Junge, arbeite weiter so'", erklärte Halil Altintop nach dem Spiel.

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Neben dem Trainings-Eifer brachte ihn auch sicher seine Tor-Quote in der Regionalliga erstmals gegen RB Leipzig in den Bundesliga-Kader. Für die U23 der Augsburger war er in 15 Spielen an 13 Toren beteiligt. "Wenn er so weitermacht, wird er noch viele Torchancen bekommen", ist sich Mannschaftskollege Altintop sicher, dass Günther-Schmidt auch in der Bundesliga Fuß fassen wird.

Die Perspektive

Sein Vertrag läuft im Sommer aus. Mit Alfred Finnbogasson, Dong-Won Ji und Raul Bobadilla hat er im wahrsten Sinne des Wortes Brocken auf seiner Position vor sich. Um die Aussichten auf einen neuen Vertrag zu erhöhen, sollte er in Zukunft die Chancen nutzen, die er bekommt.

Kai Havertz: 17 Jahre, Bayer Leverkusen, Zentrales Mittelfeld

Die aktuelle Lage

17 Jahre und 126 Tage. So alt war Kai Havertz, als er mit Bayer Leverkusen gegen Darmstadt das erste Mal von Beginn an Bundesliga-Luft schnuppern durfte und sich so in die Geschichtsbücher eintrug. Der Junioren-Nationalspieler ist damit der jüngste Spieler, der jemals in der Startformation der Werkself stand. In der Champions-League-Historie ist er nach Serge Gnabry sogar der zweitjüngste Deutsche, der je zum Einsatz kam.

Dass er in Leverkusen der Jüngste ist, stört niemanden: "Kai ist ein vollwertiges Mitglied unserer Mannschaft. Er hat alles, was man braucht, um in der Bundesliga zu bestehen", sagte Roger Schmidt nach Havertz' erstem Spiel in der Startelf.

Auch die Champions League und das vollbesetzte Wembley-Stadion beim Spiel gegen Tottenham beeindruckten den 17-Jährigen nicht. "Wir wussten, dass er ein fertiger Spieler ist. Er kann alles, sogar Kopfball", stellt ihm Schmidt ein überaus zufriedenstellendes Zeugnis aus.

Die Perspektive

Bisher war noch nichts über die genaue Laufzeit des Vertrags , den er im Sommer unterschrieb, bekannt. Doch jüngst berichtete die Sport Bild, dass das Arbeitspapier bis 2019 gültig ist. Bei all dem Lob darf man allerdings nicht vergessen, dass er immer noch Charles Aranguiz und Kevin Kampl vor sich hat. Falls einer der beiden ausfallen sollte, steht mit Havertz aber ein verlässlicher Ersatz bereit.

Gerrit Holtmann: 21 Jahre, FSV Mainz 05, Linksaußen

Die aktuelle Lage

"Manchmal muss man einen Umweg machen, um ans Ziel zu kommen." So beschreibt DFB-Stützpunktkoordinator Thomas Horsch den Karriereverlauf von Gerrit Holtmann. Und der Übungsleiter weiß wovon er spricht, schließlich lernte er den damaligen Bremer in jungen Jahren kennen. Treffender kann man den Werdegang wahrscheinlich auch nicht zeichnen: Denn bevor der Linksaußen nach Mainz wechselte, musste er die Hürden Regional- und Zweite Bundesliga nehmen, die er mit Bravour meisterte.

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Die immense Schnelligkeit, mit der er schon in Braunschweig auf sich aufmerksam machte, hat er seiner fehlenden Disziplin in jüngeren Jahren zu verdanken. Sein Jugendtrainer bei Werder schickte ihn, immer wenn er sich daneben benommen hatte, zum Laufen. Das Ergebnis: bei der Eintracht gehörte er zu den schnellsten Spielern in Liga Zwei.

Sein Karriereverlauf will allerdings nicht so schnell an Fahrt aufnehmen. Bisher stand er bei zwei Einsätzen nur 23 Minuten auf dem Platz und wurde zuletzt sogar in die zweite Mannschaft versetzt. Immerhin konnte er beim 2:1-Sieg der 05er gegen Bremen das entscheidende Tor vorlegen.

Die Perspektive

Vor der Saison sagte Holtmann, er brauche immer mal wieder "einen Arschtritt". Aktuell braucht er aber vor allem Geduld. Trainer Martin Schmidt hat mit Jairo Samperio, Pablo de Blasis und Karim Onisiwo zahlreiche Alternativen auf der linken Außenbahn. Der 21-Jährige hat noch bis 2020 Vertrag in Mainz. Aber manchmal braucht es eben Zeit, um ans Ziel zu kommen.