"Die Sorgenfrei-Skala ist nach oben offen"

Willi Orban ist Leistungsträger und Kapitän des FC Bayern
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SPOX: Sie haben nicht nur persönlich, sondern als Teil von RB Leipzig auch kollektiv bereits viele Beschimpfungen von gegnerischen Fans erleben müssen. Zuletzt ist Ihr Mannschaftsbus in Leverkusen mit Farbbeuteln beworfen worden.

Orban: Als wir mit Kaiserslautern nach Karlsruhe gefahren sind, mussten wir auch einmal eine halbe Stunde auf einem Lidl-Parkplatz warten, bis die Ultras uns Platz gemacht haben. Diese Aktionen von Ultras und verschwindend geringen Minderheiten kommen im Fußball leider Gottes immer mal wieder vor. Wenn Leipzig irgendwo anreist und der Bus mit Farbbeuteln beworfen wird, ist das halt präsenter in den Medien als bei Vorfällen, die alle anderen Vereine auch kennen. Insgesamt werden wir aber auch bundesweit mehr akzeptiert und für den Weg, den wir gehen, respektiert.

SPOX: Was macht das mit einem Spieler?

Orban: Auf mich persönlich hat das keine Wirkung. Ich versuche, mich auf das Spiel zu fokussieren und meine Leistung zu bringen. Aber insgesamt würde ich sagen, dass es uns als Mannschaft auszeichnet, solche Nebengeräusche eher in positive Energie umzuwandeln. Wir versuchen immer, die richtige Antwort auf dem Platz zu geben.

SPOX: Kann bleibender Erfolg die landläufige Einstellung gegenüber dem Verein verändern? Oder hat sich sogar schon etwas in dieser Hinsicht getan?

Orban: Es fühlt sich auf jeden Fall so an, dass wir immer mehr Anerkennung und Akzeptanz bekommen, auch weil die Menschen von unserem Auftreten, unseren positiven Vereinsattributen sowie von dem schönen und attraktiven Fußball begeistert sind. Und man muss auch ganz klar sagen, dass diejenigen, die durch negative Aktionen auffallen, in der Minderheit sind und sich dadurch eine Plattform schaffen wollen.

SPOX: Neben Ralf Rangnick ist in der laufenden Saison der neue Trainer Ralph Hasenhüttl ein Vater des angesprochenen schönen Fußballs und des Erfolgs. Wie erleben Sie ihn im täglichen Umgang? Was zeichnet ihn besonders aus?

Orban: Er passt mit seiner Idee vom Fußball einfach optimal hierher. Schon in seinen ehemaligen Vereinen hat er taktisch sehr ähnlich spielen lassen. Gerade bei Ingolstadt war das Pressing auf einem enorm hohen Niveau. Diese Spielweise passt sehr gut zu uns. Da hat er uns noch einmal einen Feinschliff gegeben. Außerdem funktioniert es auch auf der menschlichen Ebene super. Er schafft es perfekt die Balance zwischen harter, schonungsloser Kritik und konzentriertem Arbeiten auf der einen sowie Lockerheit und Spaß auf der anderen Seite zu wahren.

SPOX: Sie sprechen von den taktischen Qualitäten Ihres Trainers. Die sind im Verlauf dieser Saison mehr und mehr gefragt gewesen. Durch Ihren erfolgreichen Saisonverlauf gehen Sie nämlich immer häufiger als Favorit auf den Platz und Ihre Gegner spielen defensiver gegen Sie.

Orban: Grundsätzlich ist es immer taktisch anspruchsvoll in der Bundesliga, weil man gegen viele Mannschaften mit einer sehr unterschiedlichen Spielweise antritt. Klar gibt es mittlerweile auch einige Mannschaften, die sich nach unserem bisherigen positiven Saisonverlauf gegen uns als Underdog sehen und von vornherein versuchen, mit weniger Ballbesitz oder defensiver zu spielen. Aber wir haben schon häufig bewiesen, dass wir den verschiedenen Herausforderungen gewachsen sind. Nicht nur unsere Gegner spielen unterschiedlich. Auch wir haben meistens neue Lösungen, um gegen unseren Gegner punkten können.

SPOX: Ein großes Thema in der Öffentlichkeit war kürzlich die Schwalbe von Timo Werner im Spiel gegen den FC Schalke 04. Werner selbst hat im Nachhinein in den sozialen Medien Humor bewiesen und den Postillon-Artikel zu der Schwalbe geteilt. Wie ist die Mannschaft damit umgegangen?

Orban: Im Mannschaftskreis war das kein großes Thema. Und im Endeffekt hat er sich ja auch direkt danach entschuldigt. Damit war das für uns abgehakt. Wir haben sofort den Fokus auf das nächste Spiel gelegt.

SPOX: Gab es kleine Sticheleien? Wurde er in der Kabine im Spaß damit aufgezogen?

Orban: Nein, überhaupt nicht.

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SPOX: Zum Abschluss des erfolgreichen Jahres mit dem Aufstieg und der starken Bundesliga-Hinrunde gastieren Sie am Mittwoch in der Allianz Arena beim FC Bayern zum Topspiel. Wie sehr freuen Sie sich darauf, die Favoritenrolle mal wieder wegschieben zu können?

Orban: Zunächst einmal sind wir Aufsteiger und gehen nie mit dem Gefühl ins Spiel, Favorit zu sein. Das ist aber auf jeden Fall noch einmal ein echtes Highlight vor den Feiertagen. Und wenn es dann auch noch von der Tabellensituation so ein Topspiel ist, ist man umso heißer.

SPOX: Was glauben Sie, wie lange der Verein das Understatement noch aufrechterhalten wird? Vom Ziel Klassenerhalt sprechen Sie nicht in der Kabine, oder?

Orban: Das wurde so explizit in diesen Worten vor der Saison ja auch nicht ausgegeben. Es hieß, dass wir eine sorgenfreie Saison spielen wollen. Und die Sorgenfrei-Skala ist nach oben offen. Unser Ziel ist es in jedem Spiel, in den 90 Minuten die bessere Mannschaft zu sein. Ein höheres Ziel kannst Du Dir ja im Grunde gar nicht setzen. Mit diesem Weg und dieser Denkweise sind wir bislang gut gefahren.

SPOX: Ralf Rangnick hat kürzlich gesagt, wenn die Entwicklung der Mannschaft so weitergehe, werde man bald auch den einen oder anderen Spieler in der Nationalmannschaft sehen. Wie sehen Sie Ihre Chancen auf das DFB-Team?

Orban: Das ist schwierig zu sagen. Ich habe die Option, für Deutschland, Polen oder Ungarn zu spielen. Aber ich habe keinen großen Einfluss darauf, ob ich tatsächlich eingeladen werde. Ich kann nur Woche für Woche gute Leistungen zeigen. Falls dann ein Verband Interesse an mir hat, wird man eine Entscheidung treffen.

SPOX: Haben Sie sich selbst eine Deadline gesetzt, bis wann Sie sich für einen der drei Verbände entscheiden möchten?

Orban: Nein, die gibt es nicht.

SPOX: Im Duell gegen den FC Bayern treffen Sie auf die deutschen Stamm-Innenverteidiger Jerome Boateng und Mats Hummels. Was können Sie sich von den beiden abschauen? Welche anderen Idole haben Sie?

Orban: Von Idolen möchte ich weniger sprechen. Aber natürlich schaut man auf Weltklasseverteidiger wie Sergio Ramos, Boateng oder Hummels und versucht, genau zu beobachten, was man noch lernen kann. Vor allem Boatengs Entwicklung ist beeindruckend. Von seinen Anfängen als Bundesligaspieler hat er sich bis hin zum Weltklasseverteidiger bei den großen internationalen Turnieren und zum Führungsspieler in der Nationalmannschaft entwickelt. Deswegen habe ich großen Respekt vor seiner bisherigen Karriere.

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