Das Ende des Wintertransferfensters endete für den 1. FSV Mainz 05 mit einem Kracher. Mit Bojan Krkic kommt ein Offensivkünstler, der einst als größtes Talent im Fußball gehandelt wurde - und sich nun bei Stoke City um Spielzeit bewerben muss. Der Weg des Spaniers war lang und beschwerlich, an seine Debütsaison konnte er dabei nie wirklich anknüpfen. Ob er den Rheinhessen also weiterhelfen kann, wird sich noch zeigen müssen.
Zehn Jahre sind eine lange Zeit. Vor zehn Jahren kam etwa der sehnsüchtig erwartete Film der Simpsons in die Kinos. Vor einer Dekade war George W. Bush jr. noch Präsident der Vereinigten Staaten. Und ziemlich genau zehn Jahre ist es her, da galt Bojan Krkic als das größte Talent im internationalen Fußball.
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Der Spanier lief 2007 erstmals für den FC Barcelona auf und pulverisierte umgehend alle Rekorde, die ein gewisser Lionel Messi erst wenige Jahre zuvor aufgestellt hatte. Jüngster Debütant im Dress der Blaugrana? Check. Jüngster Torschütze in der Geschichte des FC Barcelona? Check. Die meisten Tore eines Katalanen in der Debütsaison? Check.
Der Bomber aus La Masia
Als die Ära der "Neuen Messis" noch gar nicht richtig begonnen hatte, wurde Bojan von Thierry Henry schon als solcher bezeichnet. Der Weg des Eigengewächses, das in seiner Jugendzeit in La Masia über 850 Tore (!) erzielte, schien zu diesem Zeitpunkt bereits vorgezeichnet gewesen zu sein. Der Dribbelkünstler sollte mit Messi langfristig die Offensive der Katalanen bilden, sein Trainer Frank Rijkaard sah dessen künftigen Karriereweg schon vor sich: "Wenn Bojan so weitermacht, wird er unverzichtbar für uns."
Doch es sollte anders kommen. Wie schon Dutzende andere nach ihm ging Bojan den klassischen Weg eines "Neuen Messis". Der schleichende Niedergang begann mit der Anstellung von Pep Guardiola und dem Abgang seines niederländischen Mentors. "Ich hatte eine Verbindung zu ihm, die ich sonst mit niemand anderem hatte", verdeutlichte Bojan Jahre später seine Beziehung zu Rijkaard.
Vom Stamm- zum Einwechselspieler
Nach seiner sensationellen Debütsaison, in der der damals 17-Jährige 48 Mal (!) eingesetzt wurde und dabei 18 Torbeteiligungen aufwies, fiel der Angreifer in der Rangordnung zurück und wurde zum punktuell eingesetzten Einwechselspieler degradiert. Seine Entwicklung stagnierte, Bojan lief Gefahr, in eine Sackgasse zu laufen und entschied sich so nach drei Spielzeiten für einen Wechsel. Der Transfermarkt spülte ihn zur Saison 2011/12 zum AS Rom, es schien die perfekte Wahl gewesen zu sein.
Denn mit dem heutigen Barca-Trainer Luis Enrique holten die Giallorossi einen Trainer zu sich, der in Rom genau den Fußball spielen lassen wollte, mit dem Krkic aufgewachsen war. Tatsächlich sah der Youngster in der Ewigen Stadt deutlich mehr Spielzeit als in den Jahren zuvor - großen Eindruck konnte er dabei jedoch nicht hinterlassen. Wie bei den meisten Spielern offenbarten sich bei Bojan Anpassungsprobleme an die Serie A, dem 1,73 Meter großen Spanier machte die enge Manndeckung in Italien sichtlich zu schaffen. Er bekam nicht den nötigen Platz, um seine Qualitäten am Ball auszuspielen.
Der immerwährende Vorwurf
Außerdem wurden Krkic rasch ein mangelndes Selbstbewusstsein sowie schwaches Durchsetzungsvermögen attestiert. Vorwürfe, die ihm nicht neu waren. 2008 wurde Bojan mit einer Berufung in den spanischen EM-Kader geehrt, doch der Youngster lehnte die Teilnahme ab. Es war ihm einfach zu viel. Nach einer Saison als Profifußballer mit Dreifachbelastung konnte er nicht noch eine Europameisterschaft spielen - er musste ja auch noch zur Schule gehen. Medienberichten zufolge plagten ihn sogar Panikattacken. War der Öffentlichkeit nicht bewusst, dass es sich bei Bojan um einen Teenager handelte, der noch nicht einmal Alkohol trinken durfte? Der ihm aufgebürdete Druck begleitete den Spanier von da an für den Rest seiner Karriere.
Schließlich verließ Enrique nach nicht einmal einem Jahr die Roma und mit ihm ging auch Bojan. Zeiten der erfolglosen Leihen folgten und das Etikett des Ewigen Talents klebte ihm bereits so fest an wie der Ball am Fuß. Nicht erst seit seiner Zeit beim AC Milan wurden Krkic mangelndes Selbstbewusstsein und ein schwaches Durchsetzungsvermögen attestiert. Die italienischen Gazetten verloren kein gutes Haar am ehemaligen Top-Talent, eine Flucht vom Stiefel war somit unvermeidbar und auch folgerichtig.
Das Ende der Leihgeschäfte
Die folgende Leihe zu Ajax Amsterdam schien erneut die richtige Entscheidung gewesen zu sein, ähnelt die Spielphilosophie der Holländer doch sehr dem FC Barcelona. Aber auch in der im Vergleich zur Serie A schwächeren Eredivisie konnte Krkic keinen Eindruck hinterlassen und lief den Erwartungen weit hinterher. So musste der Sohn eines Serben und einer Spanierin zurück nach Barcelona und ein weiteres Mal um seine Zukunft bangen.
Diese klärte sich aber dank Mark Hughes nach wenigen Wochen. Der walisische Coach wollte Bojan bereits Jahre zuvor zu Manchester City holen, nun wurde sein Traum zur Realität. Die Rahmenbedingungen hatten sich jedoch geändert: Bojan war kein aufstrebendes Talent mehr - und Hughes statt in Manchester in Stoke-on-Trent beschäftigt. Doch die Zeit der Leihen war vorerst vorbei, Bojan hatte einen festen Verein gefunden. Für nicht einmal zwei Millionen Euro Ablöse.
Höhen und Tiefen
Auch seine Zeit bei den Potters war von Höhen und Tiefen geprägt. Zwar begann der Offensivkünstler in Stoke sehr ordentlich, doch im Januar 2015 warf ihn ein Kreuzbandriss zurück - die Saison war damit gelaufen. In Folge gelang es Krkic nicht, sich wieder in der Startaufstellung festzuspielen. Hughes wird zwar nicht müde, seine Wertschätzung zu betonen und bezeichnete ihn unter anderem als "außergewöhnlichen Spieler". Doch seit dieser Saison muss Krkic in den kalten Midlands die meiste Zeit die Bank warm halten - obwohl Stoke vor rund einem Jahr einen neuen Vertrag bis 2020 auf den Tisch legte.
Hughes sicherte ihm zwar öffentlich mehr Spielzeit zu und bezeichnete Bojan als Teil der langfristigen Planung. Trotzdem forcierte der nun 26-Jährige eine Leihe, die ihn in die Bundesliga zum FSV Mainz 05 beförderte. Am Bruchweg soll Krkic den nach Wolfsburg abgewanderten Yunus Malli ersetzen und den kreativen Zehner mimen, der beim Karnevalverein nun schmerzlich vermisst wird.
Eine Entschuldigung?
Der Spanier bringt mit seinem Instinkt für den offenen Raum, seiner begnadeten Ballbehandlung und dem Zug zum Tor genau die Qualitäten mit, die Martin Schmidt in seinem 4-2-3-1 benötigt. Es wird sich jedoch noch zeigen, ob Bojan seine Qualitäten abrufen und seinem neuen Team wirklich helfen kann.
Schon jetzt ist jedenfalls klar, dass Krkic' Intermezzo in Mainz nur eine halbe Saison andauern wird. So besitzen die Rheinhessen nach SPOX-Informationen etwa keine Kaufoption und auch die Worte des Angreifers lassen keinen Raum für Interpretationen zu. "Das ist kein Lebewohl zu Stoke City", erklärte Krkic zu seiner Verabschiedung. "Es ist einfach nur ein 'Bis bald'."
Nichtsdestotrotz zeigte sich Sportdirektor Rouven Schröder bei der Verkündung seines Coups hocherfreut: "Bojan ist ein Spieler mit herausragender Vita, der sich ganz bewusst und mit voller Überzeugung auf das kommende halbe Jahr bei uns in der Bundesliga einlassen möchte."
"Ganz bewusst"? Es klingt fast schon wie eine Entschuldigung. Eine Entschuldigung, dass das einstige Mega-Talent seine Qualitäten nicht auf dem heiligen Rasen des Camp Nou zur Schau stellen kann. Eine Entschuldigung, dass der einstige "Neue Messi" nun in Mainz als Interims-Nachfolger von Yunus Malli fungieren soll - und sich für Spielzeit bei Stoke City bewerben muss.
Bojan Krkic im Steckbrief