"Ich frage mich, was in den Eltern vorgeht"

Von Interview: Maximilian Schmeckel
Fredi Bobic arbeitet seit Sommer 2016 für Eintracht Frankfurt
© getty

Seit Sommer 2016 ist Fredi Bobic der Vorstand Sport bei Eintracht Frankfurt. Bei der SGE ließ er mit zahlreichen Transfers aufhorchen, die der Eintracht dazu verhalfen, in der Bundesliga einen ungeahnten Höhenflug hinzulegen. Im Interview spricht Bobic über die Zeit ohne Anstellung, die Devise für Frankfurts künftigen Weg und den Trend zu hohen Transfersummen für Minderjährige.

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SPOX: Herr Bobic, als Vorstand Sport von Eintracht Frankfurt tragen Sie eine große Verantwortung und stehen ständig unter Druck. Wie schaffen Sie es, dabei nicht verrückt zu werden?

Fredi Bobic: Man muss eine gute Balance zwischen Job und Privatleben finden. Wenn man nach Hause kommt, sollte das Handy nicht das Wichtigste sein. Man muss sich von dieser Geißel befreien. Sobald man über die Türschwelle tritt, sollten ganz normale Dinge im Fokus stehen. Wir reden zum Beispiel zu Hause fast gar nicht über Fußball - auch wenn man den Sport natürlich nicht komplett aus den eigenen vier Wänden verbannen kann. Wenn es mir mal zu viel wird, gehe ich laufen, um den Kopf frei zu bekommen. Man kann seine Augen und Ohren nicht überall haben, sonst käme man nie zur Ruhe.

SPOX: Wie schwierig ist es, im Alltag loszulassen? In Deutschland kennt Sie schließlich jeder Fußballfan.

Bobic: Das verfolgt mich schon mein ganzes Leben. Nach all den Jahren gehört es dazu, erkannt zu werden. Mir ist Ruhm aber nicht wichtig. Ich will meinen Job machen, habe Spaß daran und weiß, wie anspruchsvoll und schnelllebig die Branche ist. Das Wichtigste ist, dass man sich selbst treu bleibt. Man darf das alles gar nicht so wirklich an sich ranlassen. Es ist Fakt, dass die Flut der Informationen immer größer wird, was Folgendes bewirkt: Man bekommt eine Push-Nachricht aufs Handy und hat sie zehn Minuten später schon wieder fast vergessen, weil der Kopf sie gar nicht mehr abspeichern kann.

SPOX: Haben Sie in Ihrer Funktion Vorbilder, an denen Sie sich orientieren?

Bobic: Lichtgestalten gibt es viele. Ob das Sir Alex Ferguson ist, der einen großartigen Job bei Manchester United gemacht hat, oder Menschen im Hintergrund in England, Spanien und natürlich auch in Deutschland. Da wäre zum Beispiel Uli Hoeneß zu nennen, die Mutter aller Manager. Man kann sich da einiges abschauen und sollte, wenn man mit Protagonisten der Branche spricht, die schon länger dabei sind, genau zuhören. Jemandem nachzueifern ist aber der falsche Weg. Man kann zwar vieles mitnehmen und das mit seinen eigenen Vorstellungen kombinieren, letztlich muss man aber seine eigenen Entscheidungen treffen und vor allem seinen eigenen Weg gehen.

SPOX: Sie sind Ihren Weg gegangen. Was sind die Hauptunterschiede zwischen Fredi Bobic heute und von vor fünf Jahren?

Bobic: Ich bin deutlich unaufgeregter. Bei vielen Dingen, die mich früher nachts haben wach liegen lassen, wie Medienberichte oder Spielen, bin ich heute entspannter. Ich kann besser loslassen und nehme mir Freiräume, damit ich körperlich und geistig regenerieren kann.

SPOX: Sie haben die Zeit zwischen Ihren Engagements beim VfB Stuttgart und Eintracht Frankfurt genau dazu genutzt.

Bobic: Ich wollte vor allem die Birne fit halten. Ich habe mir einen eigenen Zeitplan erstellt und eine ganze Menge gemacht. Ich habe mediale Termine wahrgenommen, war in ganz Europa in Stadien unterwegs und habe Kollegen besucht und deren Arbeitsweise kennengelernt, wovon ich auch profitiert habe.

SPOX: Wie hat man sich das im Einzelnen genau vorzustellen?

Bobic: Ich habe das weltweit betrieben, war zwischenzeitlich zum Beispiel für drei Monate in den USA. Ich habe mir die gesamte Liga näher angeschaut und hätte dort auch einen Job annehmen können. Es war damals aber weder der richtige Zeitpunkt noch der richtige Ort. Trotzdem war es eine spannende Zeit, in der ich viel gelernt habe und neue Beziehungen knüpfen konnte.

SPOX: Welche Rolle spielen Kontakte bei Leihen von Talenten, die bei Top-Klubs unter Vertrag stehen - wie im Frankfurter Fall bei Jesus Vallejo oder Michael Hector?

Bobic: Das läuft über persönliche Beziehungen, die die Verantwortlichen untereinander pflegen. Ich habe mir über Jahre ein Netzwerk aufgebaut. Auch als ich zwischen 2014 und 2016 bei keinem Klub angestellt war, habe ich meine Kontakte gepflegt. Irgendwann kommt man dann beruflich wieder zusammen und wenn man sich sympathisch findet, kann man einen Transfer auch besser realisieren.

SPOX: Sie kündigten an, die Eintracht von innen heraus verändern zu wollen. Wo stehen Sie aktuell?

Bobic: In den sechs Monaten, die ich nun hier bin, haben sich einige Dinge schon verändert und andere herauskristallisiert, die wir verbessern wollen. Noch ist alles sehr frisch. Die sportliche Situation ist zwar schön, aber es ist klar, dass wir noch einen langen Weg vor uns haben. Man muss über Jahre eine Stabilität aufbauen, um dann vielleicht angreifen zu können. Unser Anspruch ist, besser zu werden. Sonst würde ich diesen Job nicht machen.

SPOX: Welches Ziel wollen Sie konkret erreichen?

Bobic: Sowohl sportlich als auch wirtschaftlich ist das Ziel, zu wachsen. Solange wir eine Entwicklung nach oben sehen, sind wir auf dem richtigen Weg. Und das gilt für alle Bereiche. Wir stehen auf einem soliden Fundament, sind aber wirtschaftlich trotzdem im letzten Drittel der Liga anzusiedeln. Von dort aus wollen wir uns kontinuierlich nach vorne bewegen.

SPOX: Wie können Sie diesen Weg vorantreiben?

Bobic: Das beginnt bei der Infrastruktur und geht weiter bei der Qualität der Mannschaft sowie der Jugendarbeit. Dieser Weg wird steinig sein und es wird auch Rückschläge geben. Entscheidend ist, dass wir als Verantwortliche diesen Weg weiter gehen, unabhängig von der aktuellen sportlichen Situation. Nur bei Vereinen, die nicht gleich bei der ersten Niederlage alles hinterfragen, funktioniert es auf Dauer.

SPOX: Und trotzdem stehen Trainerentlassungen weiter an der Tagesordnung.

Bobic: Wenn man alle Positionen bei Misserfolg sofort austauscht, kann keine Entwicklung stattfinden. Alle müssen vom gemeinsamen Weg überzeugt sein. Man kann das mit einem Unternehmen vergleichen. Das verzeichnet auch nicht immer nur Gewinne, sondern hat auch mal Verlustjahre oder -quartale. Das ist ganz normal. In diesem harten Verdrängungswettbewerb, in dem wir uns in der Bundesliga befinden, müssen auch wir unseren eigenen Weg beschreiten.

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