Kaiserschmarrn am Abgrund

SPOX
18. März 201723:37
Bayer, Wolfsburg, Bremen, Hamburg - wer landet auf dem Relegationsrang?getty
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Die Absteiger der Saison 2016/17 scheinen mit Darmstadt 98 und dem FC Ingolstadt festzustehen. Für den Relegationsplatz kommt aber fast noch die halbe Liga infrage. Am Samstag waren mit Bayer Leverkusen, Werder Bremen, dem FC Augsburg, dem VfL Wolfsburg und dem Hamburger SV fünf Teams im Einsatz, die sich der Relegation entziehen wollen. Ein Überblick über die Lage im Keller.

Hamburger SV (16. Platz, 27 Punkte, -22)

Die nächsten drei Spiele: Köln (H), Dortmund (A), Hoffenheim (H)

Hamburgs komplettes Restprogramm

"Unsere Spielleistung war heute kämpferisch gut, aber fußballerisch ausbaufähig", war Markus Gisdols Urteil nach der Nullnummer gegen die Eintracht. Ein äußerst mildes Urteil, führt man sich vor Augen, dass das Spiel nicht nur statistisch gesehen mit das schlechteste der laufenden Saison war.

Aber: Gepunktet hat der HSV dennoch, wie so oft in den vergangenen Wochen. Klammert man das obligatorische Debakel in der Allianz Arena einmal aus, sind die Rothosen seit Anfang Februar ungeschlagen und zeigen sich, zusammen mit den Bremern, von allen unfreiwilligen Anwärtern auf den Relegationsplatz am konstantesten.

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Der HSV kann das Feld von hinten attackieren, muss aber mit dem Manko des klar schlechtesten Torverhältnisses (-22) leben. Zudem droht nach der Länderspielpause ein Monsterprogramm: Die Duelle mit den wiedererstarkten Kölnern, Dortmund und Hoffenheim haben allesamt Potenzial für gröbere Rückschläge in Sachen Punkte, Moral und Torverhältnis.

"Bis zum 34. Spieltag werden die Dinge nicht entschieden sein", wollte HSV-Boss Heribert Bruchhagen nach den zuletzt guten Wochen keinen Übermut aufkommen lassen. Der große Vorteil des HSV: Man hat alles selbst in der Hand. Nach den drei Spielen gegen die Topteams geht's an den abschließenden sechs Spieltagen neben den dann vielleicht schon abgestiegenen Darmstädtern gegen die direkten Konkurrenten Werder, Augsburg, Mainz, Schalke und Wolfsburg.

VfL Wolfsburg (15. Platz, 29 Punkte, -11 Tore)

Die nächsten drei Spiele: Leverkusen (A), Freiburg (H), Schalke (A)

Wolfsburgs komplettes Restprogramm

Wer hätte gedacht, dass sich Wolfsburg und Leverkusen am 26. Spieltag in der BayArena zum Abstiegsgipfel treffen? Nichts anderes ist das direkte Duell der beiden Werksklubs am kommenden Spieltag.

"Bremen, Hamburg und wir wissen, was los ist. Aber die Klubs, die über uns stehen, wissen es noch nicht, die müssen aufpassen", sagte VfL-Trainer Andries Jonker schon vor der Partie und hofft darauf, dass zum Beispiel in Leverkusen der Abstiegskampf noch nicht in den Köpfen angekommen ist.

Jonker hat in seinen ersten drei Spielen sieben Punkte geholt und für Ruhe in Wolfsburg gesorgt. Vor allem Mario Gomez trifft unter dem Niederländer wieder regelmäßig. Die offensive Qualität Gomez, Yunus Mall und Daniel Didavi endlich auf den Platz zu bringen, ist ohnehin ein Schlüssel, den Jonker für die Endphase der Saison ausgemacht hat.

Als er kam, hat er eine Bestandsaufnahme gemacht und festgestellt: "Wenn du in 22 Spielen nur 20 Tore schießt, bist du in jeder Liga - egal ob in Frankreich, Mexiko, Thailand oder Japan - unten drin. Es ist also ganz einfach: Keine Tore heißt - keine Siege, keine Punkte."

Die drei Tore in den drei Jonker-Spielen sind jetzt keine offensive Explosion, aber die Ruhe, das Vertrauen und die Zuversicht, die der Niederländer ausstrahlt, könnte ein großes Plus für den VfL sein.

FC Augsburg (14. Platz, 29 Punkte, -10 Tore)

Die nächsten drei Spiele: Bayern (A), Ingolstadt (H), Hertha (A)

Augsburgs komplettes Restprogramm

Nach 19 Spieltagen stand Augsburg punktgleich mit Leverkusen auf Rang zehn, die Situation schien mit acht Zählern Vorsprung auf den Relegationsplatz komfortabel. Sechs Spiele später sind es nur noch zwei Punkte auf den HSV und die Augsburger haben den schlechtesten Lauf aller Mannschaften im Keller.

Trainer Manuel Baum will sich von der Situation sowie den Ergebnissen um den FCA herum nicht ablenken lassen und geht davon aus, dass es reichen würde, wenn sein Team in den ausstehenden Spielen jeweils einen Punkt holen würde, aber da kann man sich in dieser Saison nicht ganz sicher sein.

Den Augsburgern mangelt es vor allem an offensiver Gefährlichkeit. Die Schwaben haben keinen Knipser der Güteklasse Mario Gomez im Kader, der gerade heiß läuft. Sie sind auf Treffer des wankelmütigen Arbeiters Raul Bobadilla angewiesen. Wie sich Alfred Finnbogason nach seiner langwierigen Schambeinentzündung im Schlussspurt der Liga zurechtfindet, kann keiner seriös vorhersagen.

Der FCA wird beim Kampf um das Ziel Klassenerhalt die mannschaftliche Geschlossenheit in die Waagschale werfen müssen. Nicht umsonst hat der Klub das Motto "Augsburg hält zusammen" für die kommenden Wochen ausgerufen.

Werder Bremen (13. Platz, 29 Punkte, -10 Tore)

Die nächsten drei Spiele: Freiburg (A), Schalke (H), Frankfurt (A)

Bremens komplettes Restprogramm

Werders Saison verläuft wie eine Sinuskurve. Den vier Niederlagen zum Saisonauftakt folgten drei ungeschlagene Partien, den anschließenden vier Niederlagen folgten fünf ungeschlagene Partien, den vier Niederlagen zum Wiederbeginn nach der Winterpause folgen gerade vier Siege und ein Unentschieden.

Eine weitere Vier-Pleiten-Serie könnte in dieser Saison, in der der Kampf um den Klassenerhalt kein Schneckenrennen ist, böse Folgen haben für die Grün-Weißen. Aber an einen solchen Rückfall glaubt an der Weser gerade keiner.

Der Erfolg gegen RB Leipzig verschaffte den Bremern die Gewissheit, dass sie auch ohne ihre herausragenden Offensivkräfte Max Kruse und Serge Gnabry erfolgreich sein können. "Individualität hilft", sagte Kapitän Zlatko Junuzovic, "aber wichtiger ist, dass du als Mannschaft funktionierst."

Werder hat schon zu Beginn der Rückrunde bei den Niederlagen gegen Dortmund und Bayern gut ausgesehen, aber bei den Siegen in Wolfsburg und gegen Darmstadt großes Glück gehabt. Auch das 3:0 gegen Leipzig täuscht darüber hinweg, dass die Partie vermutlich ganz anders gelaufen wäre, wenn RB seine Chancen zu Beginn besser verwertet hätte.

Trainer Alexander Nouri tut also gut daran, zu sagen, dass es keinen Anlass gebe, "in Jubel auszubrechen". Aber "wahrscheinlich werden wir nicht daran vorbei kommen, Kaiserschmarrn auszugeben", sagte Junuzovic nach dem Sieg über Leipzig, bei dem erstmals in der Bundesligatore drei Österreicher alle Treffer erzielten.

Bayer Leverkusen (10. Platz, 31 Punkte, Torverhältnis -3)

Die nächsten drei Spiele: Wolfsburg (H), Darmstadt (A), Leipzig (A)

Leverkusens komplettes Restprogramm

Mit der Begründung, man wünsche sich wieder Ruhe im Verein und wolle die Minimalziele der Saison retten, setzte Leverkusen Coach Roger Schmidt vor knapp zwei Wochen vor die Tür. "Wir wollen alles daransetzen, das Ziel, international dabei zu sein, nochmals in Angriff nehmen", sagte sein Nachfolger Tayfun Korkut bei seiner Vorstellung.

Mit dem Kampf um die Europa League hat das Leverkusener Gebaren aktuell jedoch wenig zu tun. Die bittere Realität heißt: Abstiegskampf! Und so wirklich scheint man bei Bayer noch nicht in dieser Realität angekommen zu sein.

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Nach der ideenlosen Vorstellung beim 0:1 in Hoffenheim sind es nur noch vier Zähler auf Rang 16 und Korkut ist auch nach drei Spielen immer noch sieglos, Leverkusen seit sechs. Dennoch attestierte der Coach den Seinen eine "fast perfekte erste Halbzeit", in der nur das Tor gefehlt habe. Kevin Volland meinte gar: "Es wäre jetzt falsch, über Europa zu sprechen. Wir müssen schauen, dass wir schnellstmöglich ein Spiel gewinnen und eine Serie starten."

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Ja. Es wäre nicht nur falsch, es wäre überheblich, aus Leverkusener Sicht das Wort Europa auch nur in den Mund zu nehmen. Denn die Stimmen, die die Verpflichtung von Interimscoach Korkut recht hämisch kommentierten, sie scheinen Recht zu behalten. Weder die Form, noch der Trainer, noch irgendetwas spricht aktuell für eine Trendwende.

Die englische Woche nach der Länderspielpause mit dem Heimspiel gegen den direkten Kontrahenten Wolfsburg und dem Spiel in Darmstadt könnte dabei schon wegweisend werden. Denn auch der Endspurt mit Leipzig, Bayern, Freiburg, Schalke, Ingolstadt, Köln und Hertha dürfte nicht für Euphorie sorgen.