SPOX: Herr Pröll, Sie designen mit Ihrer Firma DvsB Sports Luxus-Kulturtaschen für Profisportler. Wie ist diese Idee entstanden?
Markus Pröll: Ein Freund von mir hatte die Idee, auf dicken Stoff oder Lederstücke Reifenburnouts zu machen, also den Reifen durchdrehen zu lassen und aus dem wegfliegenden Stück hochwertige Handtaschen, Weekender, Laptoptaschen oder Rucksäcke zu fertigen. Somit hat jede Tasche eine einzigartige Signatur und ist optimal für motorsportaffine Leute. Diese Taschen sah ich bei ihm im Kofferraum und war von der Qualität begeistert. Ich brauchte eine Kulturtasche, er hatte aber keine. Also habe ich eine Tasche entworfen, wie ich sie als Profi gerne gehabt hätte.
SPOX: Worauf haben Sie wertgelegt?
Pröll: Im Prinzip auf alle Details. Da gehört ein Autogrammkartenfach dazu, sie sollte dicht und gut auswaschbar sein, ein gutes Handling haben und nicht zu vergessen: absolut hochwertig sein. Ich habe von Anfang an gesagt, wir sparen an nichts, an keinem Reißverschluss, an keinem Metall und vor allen Dingen nicht an der Herstellung. Unsere Taschen werden als Einzelstücke in Deutschland auf höchstem Standard in Handarbeit produziert.
SPOX: Der Preis ist entsprechend stattlich.
Pröll: Ich bin keinem böse, der sagt, ihm ist das zu teuer. Ich kann aber nicht teuer produzieren und billig verkaufen. Der Zweck wird von einer anderen Tasche genauso erfüllt. Eine Swatch zeigt die gleiche Uhrzeit an wie eine Rolex. Ein Fiat bringt Dich genauso weit wie ein Ferrari. Dennoch ist es nicht dasselbe. Wichtig ist bei uns die Individualität, damit heben wir uns von anderen Designer-Produkten ab. Bei uns ist alles möglich. Wenn jemand gerne auf der einen Seite den Strampler seines Sohnes hätte, verarbeiten wir den auch.
SPOX: Ihre Vermarktung ist gezielt auf Profisportler ausgerichtet. Könnte sich aber grundsätzlich jeder eine Tasche bestellen?
Pröll: Auf jeden Fall. Wir wissen auch, dass wir ein Nischenprodukt haben, das nicht jedermanns Budget entspricht. Nur weil es ein Autogrammkartenfach gibt, schließt das nicht aus, dass sich nicht auch beispielsweise ein viel reisender Geschäftsmann eine Tasche personalisieren kann. Die Grundidee zielt zwar auf erfolgreiche Sportler ab, aber warum sollte sich nicht auch jemand anders etwas Einzigartiges leisten?
SPOX: Sind Sie mit der Entwicklung des Business zufrieden?
Pröll: Wir arbeiten stetig daran, dass es mehr Bestellungen werden. In vielen Topmannschaften sind wir schon ordentlich vertreten. Aber die Hoffnung, dass aus jeder Mannschaft drei, vier Leute sagen, sie hätten gerne ihr Hochzeitsdatum und den Handabdruck ihrer Tochter auf der Tasche, ist noch nicht eingetreten. Wir haben nichts neu erfunden und sind noch nicht so lange auf dem Markt, dass es ein Selbstläufer ist. Wichtig ist, dass gemessen an Individualität, Material und Verarbeitung keine Tasche das Niveau unserer erreicht. Es wächst langsam.
SPOX: Ihre Karriere nahm seinerzeit alles andere als langsam Fahrt auf. Im Gegenteil: Sie sind erst in der C-Jugend ins Tor gekommen, hatten aber zwei Jahre später bereits ein Angebot des 1. FC Köln vorliegen. Wie kam es dazu?
Pröll: Das stimmt. Es ist eigentlich verrückt. Heutzutage wären da die anderen Jungs schon so weit, dass Du keine Chance mehr hättest. Ich war lange noch Stürmer und bin durch einen Zufall im Tor gelandet, war aber so talentiert, dass ich bald in einer Kreisauswahl gespielt habe. Da wurde der FC auf mich aufmerksam und hat mich zum Probetraining eingeladen. Sie wollten mich auch haben, aber es hat nicht geklappt.
SPOX: Warum?
Pröll: Sie konnten mich nicht abholen. Mein Vater hatte als Schlosser nicht die Zeit, um mich zum Training zu fahren. Also musste ich absagen. Es war kurios, denn wenn ein Verein wie Köln anruft, kommst Du notfalls mit dem Fahrrad.
SPOX: Wie ging es weiter?
Pröll: Sie haben mich ein Jahr später noch einmal kontaktiert und dann ergab sich die Möglichkeit, mit zwei Jungs aus der A-Jugend mitzufahren. Deswegen hat es diesmal zum Glück geklappt.
SPOX: Können Sie sich noch an Ihr erstes Profispiel für den FC erinnern?
Pröll: Ja, das war eine lustige Geschichte.
SPOX: Erzählen Sie.
Pröll: Ich wusste bis Mittwoch nichts von meinem Einsatz. Bernd Schuster hat generell weniger gesprochen. Für einen jungen Spieler wie mich war es nicht leicht, weil ich nie wusste, woran ich bin. Es lief damals nicht gut beim FC, die beiden Torhüter spielten mit mäßigem Erfolg. Irgendwann kamen morgens in der Schule die Jungs zu mir und haben mich beglückwünscht. Die wussten vor mir, dass ich spielen werde, weil es sich in den Zeitungen anbahnte. Dann habe ich mir erst einmal selbst freigenommen, habe mir alle Zeitungen gekauft und riesige Augen bekommen. (lacht)
SPOX: Wie haben Sie es offiziell erfahren?
Pröll: Walter Junghans sagte am Mittwochnachmittag zu mir, ich möchte bitte mal zum Coach gehen. Der fragte mich, ob ich mir das zutraue. Ich war überrascht und aufgeregt, aber natürlich habe ich ja gesagt. Es war riskant, auf mich zu setzen. Er hätte sich auch einen neuen Torwart holen können. Stattdessen hat er mir bis zum Ende der Saison das Vertrauen geschenkt. Das war sehr mutig von ihm und dafür bin ich ihm dankbar. Gerade in diesem Alter Verantwortung für so einen großen Verein zu übernehmen, ist nicht einfach. Aber ich habe mich aufs Wesentliche konzentriert und an meinen Schwächen gearbeitet.
SPOX: Welches waren denn im Rückblick Ihre Schwächen?
Pröll: Ich war sehr ungeduldig. Das war eine große Schwäche, die mich aber auf der anderen Seite auch ausgemacht hat.
SPOX: Wie hat sich das geäußert?
Pröll: Mir ging es zum Beispiel nicht schnell genug, den schwachen Fuß zu trainieren. Wenn der Torwarttrainer mich korrigiert hat, war ich sofort unzufrieden mit mir selbst. Ich war zu perfektionistisch. Außerdem war ich immer ungeduldig, wenn ich verletzt war. Dabei wäre es manchmal sinnvoller gewesen, drei Tage länger zu pausieren, statt wieder zu früh anzufangen. Ich habe meinen Körper behandelt wie eine Maschine. Mein Hang zum Besessenen hat mich auf Dauer ausgesaugt.
SPOX: Sie haben einige schwerwiegende Verletzungen erlitten. Rippenbruch, Schultereckgelenkssprengung, Syndesmosebandriss...
Pröll: Da habe ich leider von allem ein bisschen was mitgenommen, egal welche Körperpartie. Genau da war meine Besessenheit ein Fluch. Viele Dinge sind im Training passiert, weil ich immer Vollgas gegeben habe.
SPOX: Dieser bedingungslose Einsatz hat Sie aber auch ausgezeichnet. Welches waren darüber hinaus Ihre Stärken?
Pröll: Ich war dynamisch, sehr schnell auf den Beinen, mutig, hatte eine hohe Konzentrationsfähigkeit und eine niedrige Fehlerquote. Ich hatte sehr lange Phasen, in denen ich kein fettes Ding gebracht habe.
SPOX: Sie galten eine Zeitlang als größter Elfmeterkiller Deutschlands. Was macht die Stärke eines Torhüters bei Elfmetern aus?
Pröll: Ich kann das Geheimnis jetzt ja lüften. (lacht) Mein Bruder hat mir Elfmeter zusammengeschnitten und archiviert. Ich bin davon überzeugt, dass jeder Schütze eine Lieblingsecke hat. Das habe ich analysiert. Ein Beispiel: Wir haben 2001 mit dem FC gegen den HSV gespielt. Jörg Butt hatte etwa 20 Elfmeter davor verwandelt. Ich wusste schon in der Trainingswoche, dass ich einen Plan brauche, falls Butt schießt. Er war ein Schütze, der geguckt hat, was der Torwart macht. Normalerweise machst Du eine Täuschung in die eine Ecke und gehst dann in die andere. Also habe ich eine Ecke angetäuscht und bin auch in die Ecke gesprungen. So habe ich ihn gehalten. Du kannst der Mannschaft mit einem gehaltenen Elfmeter einen wichtigen Impuls geben. Mit meiner Technik, mich auf jeden Schützen individuell vorzubereiten, hatte ich eine ganz gute Quote.
SPOX: In der Hinrunde der Saison 2006/2007 hat Sie der kicker als besten Torhüter geführt.
Pröll: In diesem halben Jahr lief es mit der Eintracht richtig erfolgreich. Wir haben selbst die schwachen Spiele häufig nicht verloren. Es gab Bälle, bei denen ich dachte: 'Alter, wie hast Du den gehalten?' Aber immer wenn es bei mir bergauf ging, habe ich mich verletzt. Das steht als großes Manko über meiner Karriere.