"In der heutigen Zeit, glaube ich, haben viele junge Spieler keinen Zugriff mehr auf den Begriff Revierderby", sagte die königsblaue Legende Klaus Fichtel vor dem 150. Pflichtspielduell der ewigen Rivalen am Samstag. Auch der Dortmunder Trainer Thomas Tuchel beobachtete erstaunt: "Eigentlich ist alles sehr ruhig."
Für die Schalker ist der so leidenschaftlich verhasste BVB derzeit sogar mehr Vor- als Feindbild. "In Dortmund wird gute Arbeit gemacht. Das erlaube ich mir zu sagen. Das sieht man an der Tabelle, an der Entwicklung seit vielen Jahren", sagte Schalke-Manager Christian Heidel: "Ich hoffe sehr, dass wir irgendwann und irgendwie auch mal Schritt halten können."
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Markige Ansagen aus beiden Lagern? Fehlanzeige. Natürlich steht der Pott wieder für ein paar Tage kopf, doch die Strahlkraft ist arg begrenzt. Beispiel: In Süddeutscher Zeitung, FAZ, Express und den anderen Kölner Blättern, auch in den meisten Hamburger, Berliner und Münchner Zeitungen fand sich am Freitag über das Derby keine Zeile.
Fichtel: Keine Rivalität wie früher
Die Derby-Erfahrung von Schalke-Trainer Markus Weinzierl, so berichtete er es am Donnerstag, "beschränkt sich auf Bayern Amateure gegen 1860 Amateure. Das war's." Es sind die Urgesteine beider Klubs, die von der Brisanz des Klassikers am meisten in den Bann gezogen werden.
"Im Derby werden Helden geboren", sagte Michael Zorc im kicker-Interview. Der Sportdirektor des BVB hat 26-mal Schalke gegen Dortmund auf dem Platz erlebt, elf Tore gegen die Blauen hat er erzielt.
Fichtel jedoch sagte der WZ: "Es kommen immer weniger Spieler aus dem unmittelbaren Umfeld der Vereine. Da fällt es schwer, eine Rivalität, wie wir sie kannten, zu entwickeln."
Piszczek der größte Derby-Experte
Der Dortmunder Außenverteidiger Lukasz Piszczek wird mit 14 Duellen der größte Derby-Experte auf dem Spielfeld sein. Das Fanzine schwatzgelb.de machte sich einen Spaß draus - es interviewte vorab Piszczeks stets sehr präsente Halsschlagader.
Schalke-Kapitän Benedikt Höwedes sieht seinem 13. Revierschlager entgegen. Der Weltmeister hat in Gelsenkirchen derzeit dementsprechend kaum eine ruhige Minute.
"Ganz egal, ob du zum Bäcker oder zum Tankwart gehst: Du bekommst von jedem 'nen Spruch mit für Samstag", berichtete er. Schöne Kombinationen und talentierte Fußballer, weiß Höwedes, sind in diesem einen Spiel wesentlich weniger wertvoll als sonst. "Es zählen Ehrgeiz, Kampfeslust und Bereitschaft", sagte er.
"Dann hätten wir das Licht ausgelassen"
Ein Vorteil für Schalke? Schließlich ist der BVB den Königsblauen 13 Punkte und sechs Tabellenplätze voraus. Im Hinspiel erkämpften die Gelsenkirchener aber ein achtbares 0:0, in der Pflichtspiel-Bilanz liegen sie 58:51 Siege vorne. Zudem muss der BVB auf seine angeschlagenen Weltmeister Andre Schürrle und Erik Durm verzichten.
Die Verantwortlichen halten sich auch aufgrund der Fan-Aggressionen inzwischen weit mehr zurück noch als zu Zeiten Rudi Assauers. Auch das dämpft die Brisanz.
Einzige "Stichelei" blieb ein Kommentar Heidels über die neuen fünf Leuchtsterne im Haar des BVB-Torjägers Pierre-Emerick Aubameyang: "Schade, dass wir nicht abends spielen. Dann hätten wir das Licht ausgelassen."
Abendliches "Topspiel" aber ist am Samstag das Spiel Eintracht Frankfurt gegen Borussia Mönchengladbach.
Der 26. Spieltag im Überblick