Borussia Dortmund hat unter dem neuen Trainer Peter Bosz den nächsten Umbruch zu bewältigen, der BVB-Kader wird sich dabei allerdings nicht grundlegend verändern. In der Innenverteidigung lockt sogar eine Luxussituation, für die Mittelfeldzentrale benötigt Bosz eine Zwischenlösung. Einzig die unklare Zukunft von Pierre-Emerick Aubameyang könnte noch Bewegung bringen.
Tor
Personal: Roman Bürki, Roman Weidenfeller, Hendrik Bonmann
Kandidaten: -
Situation: Bürkis zweites Jahr hat seinen Status als klare Nummer eins endgültig zementiert, das wird sich auch unter dem neuen Trainer Peter Bosz nicht verändern. Im Vergleich zu seiner ersten Saison in Dortmund ist das Torwartspiel des Schweizers sicherer und selbstbewusster geworden.
Weidenfeller dagegen wird wohl rund um den Trainingsstart verkünden, in seine letzte Saison als Profi zu gehen - als Ersatzmann von Bürki. Angedacht ist, dass der Dauerbrenner bis zum Karriereende einen jungen Torhüter anlernt.
Ob dies Bonmann, dessen Stellvertreter in der U23 Dominik Reimann oder überraschend gar ein Neuzugang sein wird, ist noch nicht absehbar. Bonmann sitzt schon längere Zeit immer mal wieder bei den Profis auf der Bank oder reist bei Europacupspielen mit, im Vorjahr kassierte er die wenigsten Gegentore in der Regionalliga West. Sein Ziel ist der Platz von Weidenfeller, andererseits läuft sein Profivertrag 2018 aus. Keine einfache Situation für den 23-Jährigen.
Abwehr
Personal: Sokratis, Marc Bartra, Ömer Toprak, Matthias Ginter, Dan-Axel Zagadou, Sven Bender, Marcel Schmelzer, Lukasz Piszczek, Erik Durm, Felix Passlack, Neven Subotic, Joo-Ho Park
Kandidaten: -
Situation: Die Dortmunder Defensivspezialisten sind derzeit so zahlreich, dass zum Saisonstart definitiv noch ausgemistet werden muss. Mit einem Verbleib von Subotic, dessen Leihe mit Köln endet, sollte nicht gerechnet werden. Den Innenverteidiger könnte es wie im letzten Sommer nach England ziehen, eine Verletzung zerschlug damals den Wechsel zum FC Middlesbrough. Auch der Hamburger SV hat Interesse bekundet.
Edelreservist Park findet seit vielen Monaten keinen Abnehmer, ein sportlicher Neuanfang unter Bosz ist nicht besonders wahrscheinlich. Gut möglich, dass ihn der BVB ein Jahr vor Ende seiner Vertragslaufzeit unter Marktwert abstößt.
Auch Ginter ist immer wieder als Kandidat für einen Wechsel innerhalb der Bundesliga genannt worden. Die Borussia hat in seinem Fall allerdings konkrete Ablösevorstellungen, die Interessenten bislang eher abschreckten. Nicht auszuschließen, dass Bosz Gefallen an Ginter findet, dessen defensive Vielseitigkeit im Dortmunder Kader beinahe einzigartig ist.
Die Innenverteidigung hat mit dem Kauf von Toprak ein ordentliches Upgrade erfahren, das bestenfalls in eine Luxussituation münden könnte. Sokratis, der in der letzten Saison seinen Anspruch als Führungsspieler untermauert hat, dürfte gesetzt sein.
Toprak wird sich also mit Bartra um den Platz neben dem Griechen streiten müssen, wobei theoretisch gar eine Dreierkette mit allen drei Akteuren denkbar wäre. Der Ex-Leverkusener spielte jedoch eine verkorkste Saison und wird sich zunächst darauf konzentrieren müssen, sich wieder in Richtung Bestform zu bringen.
In Bender, der unter Bosz auch ein Comeback als defensiver Mittelfeldspieler feiern könnte, und Youngster Zagadou stehen zwei weitere Kandidaten für die hintere Mitte zur Verfügung.
Die Außenbahnen bleiben unberührt: Piszczek (rechts) und Kapitän Schmelzer (links) sind die Platzhirsche, Durm und Passlack die Vertreter. Auch Guerreiro kann hinten links spielen. Ob Passlack möglicherweise verliehen wird, der VfB Stuttgart und Hertha BSC sollen angeblich Interesse haben, wird wohl ein Gespräch mit Bosz klären.
Mittelfeld
Personal: Julian Weigl, Gonzalo Castro, Mahmoud Dahoud, Raphael Guerreiro, Mario Götze, Shinji Kagawa, Sebastian Rode, Nuri Sahin, Mikel Merino, Jacob Bruun Larsen, Dzenis Burnic
Kandidaten: -
Situation: Auf den verletzten Weigl wird Bosz noch eine Weile lang verzichten müssen. Der Niederländer ließ auch bei Ajax mit einem klaren zentralen Sechser vor der Abwehr spielen, ohne Weigl wird er sich daher mindestens eine Zwischenlösung überlegen müssen.
Rode, Sahin und Merino wären dafür geeignete Kandidaten, die vergangene Spielzeit war für alle drei allerdings zum Vergessen. Neuzugang Dahoud scheint deshalb die wahrscheinlichste Variante zu sein, könnte allerdings auch offensiver als Achter auflaufen.
Für diesen Part stehen dem neuen Coach zudem Castro, Guerreiro und der im Saisonendspurt wiedererstarkte Kagawa zur Verfügung. Auch Götze wird unter Bosz rund um den Zehnerraum agieren, doch die Rückkehr des Weltmeisters steht weiterhin in den Sternen. Götze wird in jedem Fall einen langen und von Geduld geprägten Weg gehen müssen, um sich wieder die Wettkampfhärte und Fitness anzueignen, die Voraussetzung für einen Platz in der Startelf ist.
Bruun Larsen und Burnic, der auch als Innenverteidiger auflaufen kann, werden wie zuletzt bei den Profis trainieren, den Großteil der Saison allerdings im Dortmunder Unterbau absolvieren.
Merino war bereits im Winter ein Kandidat für ein Leihgeschäft, die Gerüchte um den Spanier köcheln weiterhin. Eine permanente Rückkehr in sein Heimatland ist ebenso möglich wie ein Jahr bei einem Bundesligisten. Merino weilt derzeit bei der U21-EM, spätestens nach seiner Rückkehr aus Polen wird sich seine Zukunft entscheiden. Die Tendenz deutet in Richtung Abgang.
Angriff
Personal: Marco Reus, Andre Schürrle, Ousmane Dembele, Maximilian Philipp, Christian Pulisic, Emre Mor, Pierre-Emerick Aubameyang, Alexander Isak
Kandidaten: Alexandre Lacazette, Andrej Kramaric, Lucas Alario, Moussa Dembele, Seung-Woo Lee, Patrik Schick
Situation: Das Portfolio an offensiven Mittelfeld- und Flügelspielern bleibt groß beim BVB. Dennoch geistern reihenweise junge Talente, die mit dem Pokalsieger in Verbindung gebracht werden, unaufhörlich durch die Gerüchteküche.
Reus wird in diesem Jahr wohl nicht mehr Fußball spielen können, in Philipp hat Dortmund positionsgetreuen Ersatz aus Freiburg verpflichtet. Auch ein fitter Schürrle wäre prädestiniert für die linke Außenbahn, ohne seinen Förderer Thomas Tuchel werden für den teuersten Dortmunder Neuzugang aller Zeiten die Karten jedoch neu gemischt.
An Dembele wird auch unter Bosz kein Weg vorbei führen, falls der kolportierte 90-Millionen-Euro-Wechsel zum FC Barcelona nicht doch noch zustande kommt. Der Franzose ist im vorderen Drittel nach aktuellem Stand die einzig sichere Konstante. Auch die Rolle von Pulisic dürfte sich kaum ändern. Er wird zwischen Startelf und Bank pendeln, dabei überzeugte er vor allem als eine der ersten offensiven Einwechseloptionen.
Die Zukunft von Mor ist ungewiss. Sein Berater verkündete zuletzt, dass Bosz Mor schon in Amsterdam gerne in seinem Kader gesehen hätte, andererseits soll der neue BVB-Coach auch einer Leihe des Türken nicht im Wege stehen. Mors erstes Jahr in Deutschland war geprägt von Kurzeinsätzen und seiner egoistischen Spielweise, mit der er sich in der Gunst der Mannschaft nicht gerade auf den Spitzenplatz beförderte. Wie beispielsweise Merino benötigt Mor dringend regelmäßige Spielzeit, um sich weiter an die Anforderungen im europäischen Spitzenfußball zu gewöhnen.
Übrig bleibt somit das Fragezeichen Aubameyang. Es scheint etwas undurchsichtig, ob der Torschützenkönig nun unter allen Umständen einen Wechsel forciert oder doch lieber beim BVB bleiben möchte. Die unendlichen Gerüchte um den Gabuner gingen zuletzt in die Richtung, dass ein potentieller Klub nach dem anderen keine Verwendung für Aubameyang sah.
Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke stellte zwar erneut klar, gesprächsbereit zu sein, sollte ein Verein "seine hohe Wertschätzung auch auf finanzielle Art" ausdrücken. Bis zum Ende der Transferperiode werden sich die Verantwortlichen aber unter keinen Umständen hinhalten lassen. Von einem Ultimatum bis Ende Juli vor dem Start des Trainingslagers in Bad Ragaz ist die Rede.
Unvorbereitet würde ein Aubameyang-Abgang den BVB nicht treffen, eine annähernd vollständige Reinvestition der kolportierten Ablöseforderung (über 70 Millionen Euro) wäre in diesem Fall aber nicht zu erwarten. Kandidaten wurden in den letzten Wochen genügend genannt: Lacazette aus Lyon, Hoffenheims Kramaric, Celtics Dembele und Alario von River Plate aus Argentinien sind nur einige davon.
Für Jungspund Isak ändert sich freilich nichts, sollte Aubameyang bleiben oder gehen. Der 18-jährige Neuzugang des vergangenen Winters müsste sich auch hinter einen Aubameyang-Ersatz einreihen. Da Bosz in Amsterdam bewies, ein gutes Händchen für blutjunge Spieler zu haben, werden sich Isaks Perspektiven aller Voraussicht nach zumindest nicht verschlechtern.