Die richtige Wahl - wie letztes Jahr

Von Mario Krischel
Domenico Tedesco soll Schalke wieder ins internationale Geschäft bringen
© getty

Der FC Schalke hat Domenico Tedesco am Mittwoch offiziell als neuen Trainer vorgestellt. Manager Christian Heidel erklärte dabei zum einen das Aus von Ex-Coach Markus Weinzierl und zum anderen die Überzeugung bei Tedesco, bei dem gewisse Parallelen zu seinem Vorgänger unvermeidbar waren.

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Vorab ein terminlicher Service für alle Schalke-Fans. Den 21. Juni 2018 streichen Sie sich bitte mal kurz im Kalender an. An diesem WM-Donnerstag, die Gruppen C und D kämpfen in Russland gleichzeitig ums Achtelfinal-Ticket, könnte unter Umständen ein neuer S04-Coach auf dem Podium Platz nehmen.

So war es zumindest am 21. Juni 2016 mit Markus Weinzierl und am 21. Juni 2017 mit Domenico Tedesco. Unter Umständen käme auch der 15. Juni infrage, 2015 war an diesem Montag Andre Breitenreiter an der Reihe.

Zumindest Weinzierl und Breitenreiter, so viel steht am 21. Juni 2017 fest, konnten als Knappen-Coach keine Wurzeln schlagen. Bei Tedesco darf das Urteil von jetzt an gefällt werden. Natürlich gibt es auch die Variante, in der die Tore der Veltins-Arena im kommenden Juni lediglich für Fan-Touren durch die königsblaue Kathedrale geöffnet werden und Christian Heidel seinen Sommerurlaub um ein paar Tage verlängern darf.

Heidel wählt gerne den riskanten Weg

Der S04-Manager hat in den zurückliegenden Wochen die aus seiner Sicht notwendigen Entscheidungen getroffen, damit letzteres Szenario im kommenden Jahr erfüllt werden kann.

Nach einer enttäuschenden Saison konnte Weinzierl Heidel bei einem "wirklich sehr, sehr langen Gespräch", wie er es bei der Vorstellung von Neu-Coach Tedesco nannte, nicht davon überzeugen, den FC Schalke nochmal in die richtige Richtung zu lenken. Es sei besser, das Risiko einzugehen und jetzt einen erneuten Strich zu ziehen, anstatt ohne volle Entschlossenheit in die neue Saison zu gehen.

Die Wahl für den neuen Trainer, den 13. in den vergangenen zwölf Jahren, fiel auf einen 31-jährigen gebürtigen Italiener, der bis zur A-Jugend in seiner Heimatstadt Esslingen kickte und mit 27 als Jugendtrainer beim VfB Stuttgart begann.

Tedesco wie Klopp und Tuchel und Nagelsmann

Zumindest seinem Anforderungsprofil bleibt Heidel damit treu. Mit Tedesco hat er erneut einen Trainer an Land gezogen, der zum einen als Spieler keine Gazetten füllte und zum anderen auch als Trainer noch nicht die größte Erfahrung aufweist, wenngleich Weinzierl auf vier Bundesliga-Jahre beim FC Augsburg zurückblicken konnte. Bei Tedesco waren es nicht mal drei Monate im Unterhaus bei Aue. Elf Spiele stand er im Erzgebirge an der Seitenlinie.

Und doch beginnt er seine Arbeit in Gelsenkirchen mit ähnlich viel Vorschusslorbeeren wie es Weinzierl oder Breitenreiter taten. Aue rettete er die Klasse in der 2. Liga und die Trainer-Lizenz erwarb er mit einer 1,0-Abschlussnote - noch besser als seine Mitschüler Alexander Nouri und Julian Nagelsmann.

Ein Vergleich zum nochmal zwei Jahre jüngeren Hoffenheim-Trainer störe ihn nicht, erklärte ein zunächst schüchtern wirkender Tedesco im königsblauen Hemd. Er wisse, worauf er sich eingelassen hat, versicherte er. "Ich gehe mit viel Demut an die Aufgabe heran." Ähnliche Worte kamen im vergangenen Jahr auch aus Weinzierls Mund: "Es sind viele Leute, die eine Meinung haben, aber die habe ich auch."

Tedesco soll Spielphilosophie etablieren

Auch Weinzierl betrat das Podium nach der obligatorischen Foto-Runde mit einem breiten Grinsen und einer gesunden Urlaubsbräune. Anschließend stellte er seine Ideen vor, wie er und Neu-Manager Heidel den Verein optimieren wollen. Für Heidel stand bei seinem neuen Trainer, der genau wie Tedesco "unerfahren, aber die richtige Wahl" war, die soziale Kompetenz und die notwenige Authentizität im Vordergrund.

Bei Tedesco klang das 365 Tage später so: "Er ist taktisch sehr versiert, hat eine große soziale Kompetenz und eine sehr große Kommunikationsbereitschaft."

Was also unterscheidet Tedesco außer elf Jahren weniger Lebenserfahrung von seinem Vorgänger? Geht es nach Heidel, dann entwickelt er im Team endlich wieder eine Spielphilosophie. Deren Fehlen war in der abgelaufenen Spielzeit der Hauptkritikpunkt.

Wie diese nun aussehen soll, verriet Tedesco noch nicht konkret, ließ aber im Ansatz durchblicken, wofür er vorher in Stuttgart, Hoffenheim und Aue gelobt wurde. "Die Qualität der Spieler wird im Vordergrund stehen", sagte er, "der Trainer hat sich ein Stück weit anzupassen." Die Mannschaft müsse "jede Spielsituation kennen und sehr flexibel auftreten".

Tedesco verbindet taktisches Geschick mit Menschlichkeit

Vor allem die menschliche Seite will Tedesco fernab des taktischen Geschicks verstärkt einbringen und jede Minute nutzen, um die Kommunikation mit der Mannschaft zu suchen. "Ich weiß, wie groß die Enttäuschung ist, wenn ein Spieler nicht spielt. Mir ist es wichtig, dass ich jedem erkläre, warum er nicht dabei ist." Auch mit Konoplyanka habe er nach dessen verbaler Grätsche gegen den Ex-Coach bereits ein positives Gespräch geführt. "Er erhält wie alle anderen eine faire Chance."

Vieles klingt aus den vergangenen Jahren vertraut. Tedesco erweckte den Eindruck - ähnlich wie Weinzierl -, der Herkulesaufgabe gewachsen zu sein. Zu wünschen wäre es auch Heidel, für den Tedesco womöglich schon das letzte Experiment ist, denn nach dem misslungenen Weinzierl-Projekt ist auch der Sportvorstand auf Schalke nicht mehr unumstritten.

Er sei aber nicht der Typ, der so etwas einfach hinnimmt. "Ich bin mir sicher, dass die Korrektur wichtig und richtig war." Genau wie im letzten Juni, da war gerade "der richtige Zeitpunkt für einen Neuanfang gekommen".