Verdiente Finalisten: Für Dr. Felix Brych bildete die zurückliegende Saison einen Höhepunkt in seiner Karriere. 18 Einsätze in der 1. Liga bedeuteten Rekord - kein Referee kam in der Spielzeit 2016/2017 zu mehr Auftritten in der höchsten deutschen Liga. Als Lohn für seine fast durchweg überzeugenden Darbietungen auf nationaler wie auf internationaler Ebene wurde Brych mit der Leitung des Champions-League-Endspiels betraut; eine Ehre, die als letztem Deutschen bis dahin Herbert Fandel anno 2007 (AC Milan - Liverpool) zuteil geworden war.
Brych gelang im CL-Finale zwischen Real Madrid eine gute und vor allem konsequente Spielleitung - jedenfalls soweit es die erste Halbzeit betrifft. Nach dem Seitenwechsel entglitt ihm die Partie zusehends. So war der Platzverweis gegen Juan Cuadradro denn auch überzogen. Das deutliche Endresultat sorgte indes dafür, dass der Unparteiische nach Spielende nicht im Mittelpunkt der Diskussionen stand.
Über Final-Ehren durfte sich auch Deniz Aytekin freuen. Der Unparteiische aus Oberasbach, der sich nach dem legendären CL-Achtelfinale zwischen Barcelona und Paris St. Germain schweren Anfeindungen ausgesetzt sah, wurde aufgrund seiner insgesamt guten Leistungen in der vergangenen Saison mit der Leitung des DFB-Pokalfinales zwischen Frankfurt und dem BVB betraut. Seine Ansetzung kam dabei insoweit überraschend, als Aytekin bereits das Halbfinale der Eintracht in Mönchengladbach gepfiffen hatte. Der DFB wollte aber wohl die Gunst der Stunde einer Finalpaarung ohne Bayern-Beteiligung nutzen und gab dem fränkischen Referee eine Chance. Eine Entscheidung, die man nicht bereuen sollte: Aytekin lieferte eine starke Partie ab und blieb ohne größere Fehler.
Schwacher Dingert: Für Christian Dingert begann die Saison 2016/2017 geradezu bilderbuchmäßig. Als Leiter des Eröffnungsspiels zwischen Bayern und Bremen widerfuhr ihm eine besondere Ehre, der er mit einem überzeugenden Auftritt auch gerecht wurde. Doch leider konnte er diesen positiven Eindruck im weiteren Saisonverlauf nicht bestätigen. Ganz im Gegenteil - Dingert lieferte einige grotesk schlechte Spielleitungen mit dem negativen Höhepunkt am 14. Spieltag, als ihm die Partie zwischen Eintracht Frankfurt und 1899 Hoffenheim völlig aus den Händen glitt. Dem 36-jährigen Referee unterliefen zahlreiche, mitunter hanebüchene Fehler; insbesondere versäumte er es, das Spiel mit dringend angezeigten Verwarnungen zu beruhigen. Immerhin zeigte sich Dingert nach dem Spiel selbstkritisch und bekannte kleinlaut: "Ich hätte mich zur Halbzeit selbst ausgewechselt".
Auch Dingerts zweite Leitung eines Hoffenheim-Spiels geriet zum Fiasko: Das 5:3 der Kraichgauer gegen Borussia Mönchengladbach am 29. Spieltag bot einen besonderen Unterhaltungswert, an dem der Referee unfreiwilligerweise seinen Anteil hatte. Zwei der acht Treffer hätte Dingert nicht geben dürfen: Dem 1:0 von Szalai ging eine Abseitsstellung voraus, dem 2:2-Ausgleichtstreffer ein Handspiel. Dingert kam nach dem abermals schwachen Auftritt an den folgenden fünf Spielen nur noch ein weiteres Mal zum Einsatz.Solide Novizen: Vier Referees gaben in der zurückliegenden Saison ihre Premiere in der 1. Liga. Frank Willenborg, Dr. Robert Kampka und Benjamin Cortus kamen dabei auf jeweils acht Einsätze. Für Harm Osmers standen zum Abschluss der Saison sogar neun Spielleitungen zu Buche. Dass Osmers beim DFB besonderes Vertrauen genießt, zeigt auch die Tatsache, dass er mit der Leitung des abstiegsrelevanten Matches zwischen Ingolstadt und Leverkusen am 32. Spieltag sowie mit der zweier Samstagabend-Topspiele (Hertha - Bremen, Frankfurt - Mönchengladbach) betraut wurde.
Alle vier Neulinge machten in ihrer Premierensaison einen guten Eindruck; eklatante Fehlentscheidungen blieben bei ihnen die absolute Ausnahme.
Merkwürdige Ansetzungen: Mehrfach sorgten die Schiedsrichteransetzungen des DFB in der vergangenen Spielzeit für ungläubiges Staunen. Allen voran die Entscheidung, Manuel Gräfe für die Leitung des brisanten Duells zwischen dem HSV und dem VfL Wolfsburg am letzten Spieltag vorzusehen, verursachte bei Fans wie bei objektiven Beobachtern große Irritationen. Dabei war die Ansetzung gleich aus zwei Gründen befremdlich: Gräfe hatte nicht nur beim Relegationsspiel des HSV in Karlsruhe 2015 eine unglückliche Figur abgegeben, sondern auch erst zwei Wochen zuvor das Spiel des VfL Wolfsburg in Frankfurt gepfiffen. Für gewöhnlich leiten Bundesligareferees in einem so kurzen Zeitraum keine zwei Partien ein- und derselben Mannschaft. Trotz allen (berechtigten) Argwohns machte Gräfe seine Sache letztlich so gut, dass die Diskussionen über die merkwürdige Ansetzung im Nachhinein schnell abebbten.
Ebenso seltsam mutete auch die Ansetzung von Daniel Siebert für das Spiel zwischen dem BVB und Ingolstadt am 25. Spieltag an: Siebert hatte bei seinem vorherigen Einsatz ebenfalls die Dortmunder (beim Gastspiel in Freiburg gepfiffen). Skurril wirkt auch die Spielliste von Wolfgang Stark, der im Laufe der Saison zum Bremen-Experten avancierte und gleich fünf Partien der Hanseaten leitete.
Die zuweilen unorthodoxe Ansetzungspraxis des DFB erklärt sich aber auch daraus, dass der verletzungsbedingte Ausfall gleich mehrerer Referees aufgefangen werden musste. So kamen Patrick Ittrich (vom 12. bis zum 18. Spieltag) und Dr. Jochen Drees (vom 24. bis zum 33. Spieltag) aus gesundheitlichen Gründen längere Zeit nicht zum Einsatz. Für Tobias Welz war die Saison sogar bereits nach dem 7. Spieltag beendet.
Beliebter Fritz: Mitunter lassen die Ansetzungen auch Rückschlüsse darüber zu, welche Unparteiischen beim DFB besondere Anerkennung genießen und welche nicht in der Gunst des Schiedsrichterausschusses stehen. Letzteres gilt insbesondere für Guido Winkmann, der mit 13 Einsätzen auf einen vergleichsweise geringen Wert kam und ausnahmslos für wenig brisante Partien vorgesehen wurde.
Ganz anders sieht es da bei Marco Fritz aus, der mit 18 Einsätzen, auf die auch Dr. Felix Brych, Manuel Gräfe, Wolfgang Stark und Tobias Stieler kamen, den Topwert innehat. Fritz wurde dabei nicht nur bei vier Topspielen in der Allianz-Arena eingesetzt (Bayern-Heimspiele gegen Hertha, Leverkusen, Schalke und Dortmund), sondern durfte zum Saisonende überdies drei heikle Partien leiten (Leverkusen - Schalke, Mainz - Frankfurt, Hoffenheim - Augsburg). Der Unparteiische aus dem baden-württembergischen Korb machte seine Sache dabei sehr ordentlich und gehört inzwischen zu den Topleuten unter den deutschen Schiedsrichtern.
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Aufstrebende Söhne: Gleich drei Schiedsrichter hängten mit Beendigung der Saison ihre Pfeife an den Nagel. Wolfgang Stark (nach 20 Jahren Erstliga-Zugehörigkeit) sowie Dr. Jochen Drees und Günter Perl (nach je zwölf Jahren) beschlossen aus Altersgründen ihre Schiedsrichterkarriere. Für sie rücken zur neuen Saison sogar vier neue Referees auf. Neben Sven Jablonski, Martin Petersen und Sören Storks schafft mit Bibiana Steinhaus dabei erstmals eine Frau den Sprung in die höchste deutsche Spielklasse.
Mit Sven Jablonski und Harm Osmers pfeifen in der kommenden Saison die beiden Unparteiischen in der 1. Liga, deren Väter für Thomas Helmers Phantomtor 1994 verantwortlich zeichneten. Jörn Jablonski war es, der seinerzeit fälschlicherweise seine Fahne hob, um das vermeintliche Tor anzuzeigen, das Hauptschiedsrichter Hans-Joachim Osmers dann auch tatsächlich gab. Bleibt zu hoffen, dass ihren Söhnen ein ähnlicher Fauxpas erspart bleibt. Anders als ihren Vätern steht ihnen dabei aber nunmehr ein Video-Schiedsrichter hilfreich zur Seite.