Bayern-Boss Karl-Heinz Rummenigge zieht sich aus der ersten Reihe der hochbrisanten Fußballpolitik zurück. Der 61-Jährige wird nicht mehr für das Amt des Vorsitzenden der mächtigen Klub-Vereinigung ECA kandidieren und verzichtet damit nach über neun Jahren an der ECA-Spitze auch auf einen Sitz im Exekutivkomitee von Europas Dachverband UEFA. Rummenigge gehört(e) zu den wichtigsten "Strippenziehern" im Weltfußball.
"Wir können stolz sein auf das, was wir in Zusammenarbeit mit der FIFA (Weltverband, d. Red.) und der UEFA erreicht haben", sagte der Vorstandsvorsitzende des deutschen Rekordmeisters: "Ich denke, dass nach intensiven, guten und ergebnisreichen Jahren der Moment gekommen ist, die Verantwortung weiterzureichen." Dass Ämter nur auf Zeit vergeben werden, sei schließlich immer seine Meinung gewesen.
Entwicklung mit Rummenigge
Mit Rummenigge an der Spitze hatte sich die inzwischen auf 220 Vereine angewachsene ECA in den vergangenen Jahren zu einem der wichtigsten "Player" auf der internationalen Bühne entwickelt. Kaum eine Entscheidung der großen Verbände wurde ohne den Segen der großen Klubs getroffen - und wenn doch, wie bei der Verlegung der Katar-WM 2022 in den Winter und der bis zuletzt scharf kritisierten WM-Aufstockung auf 48 Teilnehmer ab 2026, nur gegen ordentliche Kompensationszahlungen.
"Unsere Spieler sind nun bei allen Länderspielen versichert, und die Vereine erhalten Kompensationszahlungen für die Teilnahme ihrer Profis an WM- und EM-Turnieren", sagte der Ex-Nationalmannschaftskapitän: "Wir haben auch erreicht, dass die Klubs zwei Sitze in der Exekutive der UEFA haben und dass sie damit sowohl bei der Gestaltung des Spielkalenders als auch bei allen anderen maßgeblichen Entscheidungen, die die Vereine betreffen, mitbestimmen."
Zuletzt waren die Klubs maßgeblich an der Reform der Champions League und Europa League (ab 2018/19) beteiligt, die deutlich mehr Geld garantiert. Die Kritik, innerhalb der ECA würden die großen Klubs wie die Bayern, Real Madrid, der AC Mailand oder Manchester United die "Kleinen" unterdrücken, lässt Rummenigge nicht gelten.
Harmonie und Solidarität
"Zwischen den Klubs der ECA herrscht große Harmonie und Solidarität. Die ganz großen Klubs wie Champions-League-Sieger Real Madrid stehen partnerschaftlich zu den kleineren Vereinen wie beispielsweise UE Sant Julia aus Andorra", sagte er: "Die großen Klubs haben eine sehr solidarische Haltung gegenüber den mittleren und kleineren Vereinen, und die kleineren Klubs haben Verständnis für die Belange der Großen. Auf diesen Fakt bin ich besonders stolz." Die ECA sei "die Stimme der Vereine".
Ein Nachfolger soll bei den Vorstandswahlen am 5. September in Genf bestimmt werden, ein deutscher Kandidat scheint sehr unwahrscheinlich. Ausdrücklich dankte Rummenigge FIFA-Präsident Gianni Infantino, in den vergangenen anderthalb Jahren sicherlich kein einfacher Verhandlungspartner, und den UEFA-Präsidenten Michel Platini und Aleksander Ceferin. Sowohl in der FIFA als auch in der UEFA vertritt derzeit DFB-Präsident Reinhard Grindel die deutschen Interessen.
In der Frankfurter Allgemeinen Zeitung schloss Rummenigge am Donnerstag "zumindest bis zum Jahr 2024" aus, dass es eine Superliga der reichen und mächtigen Vereine gegen den Willen der UEFA geben werde. "Bayern München würde das nicht mitmachen", sagte er. Ein letztes Machtwort.