Julian Nagelsmann hat beim Hoffenheimer Sieg gegen den FC Bayern München seine nächste Meisterprüfung als Bundesliga-Trainer abgelegt und gezeigt, dass er auch anders kann. Inoffizieller "Trainer des Jahres" ist aber Andre Breitenreiter. Und: Die Eintracht hat eine neue Hierarchie. Die fünf Themen des 3. Spieltags.
Julian Nagelsmann kann auch dreckigen Ergebnis-Fußball
Der Sieg der TSG Hoffenheim gegen Bayern München war zu großen Teilen auch ein Sieg des 30 Jahre jungen Julian Nagelsmann über seinen erfahrenen, aufgrund seiner Erfolge legendären Trainer-Kollegen Carlo Ancelotti.
Dreimal spielte die TSG unter Nagelsmann nun gegen den Rekordmeister. Die Bilanz: zwei Siege, ein Remis, keine Niederlage. Diese Statistik kommt nicht von ungefähr. Der Trainer-Youngster schaffte es bislang in jedem der Duelle, seiner Mannschaft einen spezifischen Plan mit auf den Weg zu geben. Und wenn dieser nicht funktioniert, diesen auch im Laufe des Spieles anzupassen.
Zu Beginn des Topspiels schickte Nagelsmann sein Team in einer 5-4-1-Grundordnung mit engen Außen auf den Rasen. Weil die Münchner ihr Spiel allerdings anders eröffneten als erwartet und in der Anfangsphase dominierten, passte der 30-Jährige das System nach zehn Minuten auf ein 5-3-2 an.
Vielmehr als die systematische Flexibilität beeindruckte jedoch die Ausrichtung. Die TSG spielte nicht das Hoffenheim-typische offensive Pressing mit schnellem Umschaltspiel, mit dem sie die Bayern im April bereits bezwangen. Stattdessen stand die Mannschaft tief, verdichtete das Zentrum, setzte mehr als üblich auf Faktoren wie Einsatz, Mentalität, Stabilität - und eben Gedankenschnelligkeit und Effizienz.
Mit diesem angepassten Matchplan zog Hoffenheim den Bayern, denen ein klar erkennbarer Plan B fehlte, den Zahn. Nagelsmann unterstrich erneut seine taktischen Qualitäten und zeigte, dass er auch dreckigen, klugen Ergebnis-Fußball kann.
Ein Empfehlungsschreiben an die Bayern. Nicht umsonst hatte Uli Hoeneß erst im März gesagt: "Er ist sicherlich einer der Trainer, die irgendwann einmal für Bayern infrage kommen."
Andre Breitenreiter ist "Trainer des Jahres"
Betont demütig ging Hannover 96 die Rückkehr in die Bundesliga an, nach drei Spieltagen finden sich die Niedersachsen nun ungeschlagen auf dem dritten Tabellenplatz wieder. Einen nicht ganz unwesentlichen Anteil am Aufschwung besitzt dabei Trainer Andre Breitenreiter.
Nachdem die Niedersachsen auf dem Weg zurück in die erste Liga zwischendurch ins Schlingern geraten waren, löste Breitenreiter Daniel Stendel nach dem 25. Spieltag ab und verordnete seiner Mannschaft eine kompakte Grundordnung. Das Resultat: Seit Amtsantritt des ehemaligen Offensivspielers ist Hannover ungeschlagen, in 12 Ligaspielen ließ die Mannschaft nur vier Gegentore zu und bewahrte achtmal eine weiße Weste.
"Er hat eine gute Distanz zu seiner Mannschaft, aber er hat auf der anderen Seite auch eine gute Nähe zur Mannschaft. Das kann Berge versetzen", betonte Manager Horst Heldt die Bedeutung Breitenreiters für den Aufschwung. Als einziger Trainer in den beiden höchsten deutschen Ligen ist dieser 2017 noch ohne Niederlage.
Dabei war nach dem unglücklichen Ende der Trainer-Manager-Beziehung beim FC Schalke zunächst eine intensive Aussprache zwischen beiden Parteien vonnöten. "Wir haben beide alles auf den Tisch gelegt, Ansichten auf den Tisch gelegt und uns ausgesprochen. Wir haben einen Neuanfang gestartet", so Heldt.
Bei Hannover scheint sich die Wiedervereinigung der beiden nun immer mehr zur Traumehe zu entwickeln.
Die Eintracht hat ein altmodisches Sturmduo
Gut, die Eintracht hat erst ein einziges Tor erzielt und ließ sich von den Gladbachern über die komplette zweite Halbzeit am eigenen Sechzehner festnageln. Dennoch dürfte Trainer Niko Kovac mit seinem neuen Sturmduo zufrieden sein.
Da wäre zum einen natürlich Kevin-Prince Boateng, der zuerst aus Abseitsposition traf und sein Team so ein Tor kostete - und wenig später dann den Siegtreffer erzielte, diesmal regulärer Natur. Boateng präsentierte sich von Beginn als natürlicher Leader im Team und war gerade in der Anfangsphase extrem umtriebig.
Den Rücken freigehalten bekam der Rückkehrer vom Stürmer neben ihm - und Sebastien Haller zeigte einmal mehr, dass die sieben Millionen Euro in ihn richtig gut investiert waren: Er markierte den Fixpunkt, um den Boateng kreiste, spulte über die 90 Minuten mehr als elf Kilometer ab und bestritt 34 Zweikämpfe.
Er ist die zweite Anspielstation, kann den Ball sichern - und ihn auch verteilen. Zitat Kovac: "Ich brauche zwei Stürmer, die den Ball vorne halten können. Wenn man lange den Ball hält, dann können die Spieler aus der zweiten Reihe nachrücken. Ich bin deshalb froh, dass wir sie haben."
Es war kein Zufall, dass "beide" Eintracht-Tore nach Einwürfen in Richtung Haller/Boateng fielen, genauso wie es kein Zufall war, dass sie jeweils über die Hälfte ihrer Duelle in der Luft gewannen. Kovac kann ein bulliges, erfrischend altmodisches Sturmduo aufbieten, dem der Gegner erst einmal beikommen muss. Boateng als Mann für die genialen Momente, Haller als emsige Arbeiterbiene.
Der Effzeh hat ein Sturm- und System-Problem
Vor der größten Woche der jüngeren Vereinsgeschichte mit dem Auftakt in der Europa League gegen Arsenal sieht's im Ligaalltag für den 1. FC Köln düster aus. Als einziges Team der Liga stehen die Domstädter noch ohne Punkt da und sind Letzter.
"Wenn ich die Saison jetzt bewerten würde, würde ich sagen: Die Saison ist scheiße", zog Sportdirektor Jörg Schmadtke am Sonntag bei Sport1 ein deutliches Zwischenfazit.
Ein Grund dafür, dass die Ergebnisse für den Effzeh noch nicht stimmen, ist die Stürmer-Situation. Einen 25-Tore-Mann wie Anthony Modeste, der im vergangenen Jahr zwischenzeitlich traf, wie er wollte, ersetzt man nicht einfach im Vorbeigehen.
Rekordeinkauf Jhon Cordoba ist ein ganz anderer Spielertyp. Er ackert, lässt sich mehr ins Mittelfeld zurückfallen, setzt seinen Körper anders ein. Er muss anders angespielt werden als Modeste. Infolgedessen muss sich auch das Spiel der Kölner anpassen. Ein Prozess, der bislang noch Probleme bereitet.
Und wenn Cordoba freigespielt wird, fehlt ihm bislang das nötige Fortune im Abschluss. Bislang gab er immerhin schon acht Torschüsse ab (zum Vergleich: Lewandowski neun, Finnbogason elf), scheiterte dabei jedoch immer an Aluminium, Keeper oder eigener Ungenauigkeit.
"Stürmer werden nun einmal an ihren Toren gemessen und ich habe noch nicht getroffen", sagte Cordoba in der vergangenen Woche bei bundesliga.de über seine Leistungen: "Aber ich arbeite sehr hart daran, dass sich das schon am nächsten Spieltag ändern wird."
Das hat erstmal nicht geklappt. Der Knoten sollte aber bald platzen, denn ohne die 25 Modeste-Tore der Vorsaison würde der Effzeh sicherlich nicht am Donnerstag gegen Arsenal spielen.
Die Bundesliga hat eine erste Schiedsrichterin
Es war ein Thema, das eigentlich keines hätte sein sollen. Bibiana Steinhaus war schließlich bereits vor ihrem ersten Bundesligaspiel eine etablierte Schiedsrichterin. Sie hat in den vergangenen Jahren schon etliche Zweitligaspiele gepfiffen - sogar im Berliner Olympiastadion, als die Hertha in der Saison 2010/11 im Unterhaus spielte. Trotzdem stand ihr erster Auftritt in der Bundesliga enorm im öffentlichen Fokus. Das Spiel zwischen der Hertha und Werder Bremen war das erste der Bundesliga-Geschichte, das von einer Frau geleitet wurde.
"Ich bin erleichtert, dass es vorbei ist. Mein Team und ich haben eine gute Performance hingelegt", sagte Steinhaus danach. Die beiden beteiligten Trainer bestätigten ihre Selbsteinschätzung. Hertha-Coach Pal Dardai war "sehr zufrieden" mit der Leistung von Steinhaus, sein Pendant bei Werder Alexander Nouri fand sie "ordentlich" und auch DFB-Präsident Reinhard Grindel äußerte sich: "Das war souverän."
Viele Zweikämpfe am Rande der Legalität hatte Steinhaus in einem hart geführten Spiel zu bewerten, dabei versuchte sie von Beginn an Autorität auszustrahlen. In der Anfangsphase beorderte sie etwa Maximilian Eggestein und Alexander Esswein nach einem Duell zu sich, bestimmt machte Steinhaus ihnen ihre Sicht der Dinge deutlich.
Spielbeeinflussender Fehler unterlief ihr jedenfalls keiner. Grund genug also, das Debüt demnächst entsprechend zu feiern. "Wir werden sicher die Gelegenheit finden, darauf angemessen anzustoßen", sagte Steinhaus. Ihr Lebensgefährte und Ex-Schiedsrichter Howard Webb tat das bereits während dem Spiel - er wurde auf der Tribüne mit einem Bier gesichtet.