Straßenkicker in Tiger-Musterung

Amine Harit stand in allen drei Bundesligaspielen der Saison in der Startelf
© getty

Mit einem 3:1-Erfolg gegen den VfB Stuttgart hat der FC Schalke 04 den zweiten Sieg im dritten Saisonspiel eingefahren. Eine starke Leistung zeigte dabei Amine Harit. Der Sommer-Neuzugang war indirekt an allen drei Toren beteiligt - und stets zu flink für die Stuttgarter.

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Ein Tiger in schwarz-grün-gelb-hellblauer Musterung zierte die Unterhose, die Harit beim Spiel gegen Stuttgart trug. Das wusste man nicht etwa, weil es Harit so erzählte, sondern weil er ohne Fouls einfach nicht zu bremsen war.

Mitte der zweiten Halbzeit war die Unterhosen-Tiger-Musterung bestens zu erkennen. Harit lag gerade mal wieder auf dem Boden herum und dabei blitzte eben kurz die Unterhose hervor. Einmal mehr war er zuvor gefoult worden, siebenmal insgesamt und damit öfter als jeder andere Spieler auf dem Platz.

Eine Statistik, die viel aussagt über Harits Auftritt. Er war einfach zu flink für die Stuttgarter. Entweder er entwischte ihnen, oder er wurde gefoult. Hängen blieb Harit kaum. Von seinen elf direkten Duellen verlor er nur ein einziges. Für einen Offensivspieler ist das eine überragende Quote. Immer wieder dribbelte Harit auf der rechten Seite, immer wieder dribbelte er in der Mitte. Er war eine Mischung aus Rechtsaußen und Stürmer und brachte als solcher einen Hauch fußballerische Anarchie ins Spiel der Schalker.

Für fußballerische Anarchie zu sorgen ist überhaupt das, was Harit am besten kann. Er ist Vertreter einer vom Aussterben bedrohten Spezis, er ist gelernter Straßenkicker. "Als Kind habe ich jede freie Minute mit meinen Freunden gespielt", erzählte Harit mal von seiner Jugend im Pariser Norden, "wir haben immer auf einer ganz kleinen Platzanlage gekickt." Mittlerweile hat er die kleine Anlage durch die große Arena ausgetauscht.

Harits Kindlichkeit als Privileg

Im Sommer wechselte Harit vom FC Nantes, wo er sich über die Jugendabteilung in die Profimannschaft gekämpft hatte, zu Schalke. Rund acht Millionen Euro betrug die Ablösesumme, er unterschrieb einen Vertrag bis 2021. Als großer Hoffnungsträger galt Harit, aber gleichermaßen auch als großes Risiko. Sein Wechsel soll nicht ganz sauber vonstattengegangen sein, Harit wurden charakterliche Schwächen unterstellt. Gemunkelt wurde in Frankreich auch, ob der Schritt ins Ausland nicht zu früh für ihn kommt. Er sei schließlich noch mehr Kind als Erwachsener.

Zumindest auf dem Platz ist diese Kindlichkeit bisher kein Problem, sondern eher ein Privileg für Schalke. Die millionenhohe Ablösesumme, die daraus automatisch entstandenen Erwartungen, das aufgeregte Umfeld und die stete Medienpräsenz scheinen ihn nicht zu hemmen. Und das, obwohl Harit erst 20 Jahre alt ist.

In allen drei Bundesligaspielen seit seiner Ankunft bei Schalke stand er in der Startelf. Bereits im ersten gegen RB Leipzig gelang ihm mit einem Assist direkt der erste Scorerpunkt. Trainer Domenico Tedesco scheint Harit restlos überzeugt zu haben. "Er hat Außergewöhnliches drauf", lobte Tedesco neulich.

Fouls provozieren, die Show lieben

Auch gegen Stuttgart bestätigte Harit seinen Trainer. Bereits in der 3. Minute ging er mit Tempo in den Strafraum, wurde gefoult und holte so den Elfmeter heraus, den Nabil Bentaleb verwandelte. 1:0. Harit blieb auch in der Folge ein belebender Faktor im träger werdenden Schalker Spiel.

Mit seinem nicht zu fassenden Tempo in Strafraumnähe provozierte er Fouls. Fouls, die Schalke Standardsituationen in gefährlichen Positionen bescherten. Etwa kurz nach der Pause, als ein von Harit herausgeholter Freistoß von Bastian Oczipka in den Strafraum geflankt und von Naldo ins Tor geköpft wurde. 2:1.

Keine zwei Minuten später spielte Harit knapp vor dem Strafraum einen Doppelpass mit Guido Burgstaller. Mit der ersten Berührung legte er den Ball durch die Schnittstelle der Stuttgarter Abwehrreihe in den Lauf von Burgstaller. 3:1, die Entscheidung. Erst möglich gemacht durch Harits ideal getimten Schnittstellenpass.

Insgesamt kamen knapp 86 Prozent seiner Zuspiele in der gegnerischen Hälfte an, kein Schalker passte dort präziser. Beim eigenen Abschluss fehlten Harit dagegen Mut und Präzision, er ist aber ohnehin eher ein Spieler für die letzten und noch viel mehr für die vorletzten Aktionen. Harit ist einer für die besonderen Momente im Spiel. "Ich liebe die Show", hat er mal erzählt.

Applaus bei der Auswechslung

Auf der Bühne Veltins Arena tritt er gerne auf und die Partie gegen Stuttgart war seine bisher beste Show im königsblauen Outfit. Im Laufe der zweiten Halbzeit gingen ihm dann aber langsam Kräfte und Ideen aus, war er doch auch in der Länderspielpause für die französische U21-Nationalmannschaft aktiv.

Also holte Harit noch eine Gelbe Karte für Stuttgarts Anastasios Donis heraus und zog wenig später ein weiteres Foul und dabei etwas die Hose aus, was seine schwarz-grün-gelb-hellblaue Unterhosen-Tiger-Musterung enthüllte. Dann wechselte ihn Tedesco in der 76. Minute aus. Harit genoss den Applaus der Zuschauer.

"Wenn wir immer so spielen wie in den zweiten 45 Minuten, werden wir noch viele gute Ergebnisse erzielen", sagte Harit dann nach dem Spiel. Das Cappy verkehrt herum auf dem Kopf wirkte er dabei wie ein kindlicher Straßenkicker aus dem Norden von Paris. Als der also, der er ist.

Und wenn der immer so spielt wie gegen Stuttgart, dann wird er ein großer Faktor für eine erfolgreiche Saison seiner Schalker Mannschaft sein.

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