"Meine Vorfreude auf die erste Partie in der Bundesliga ist natürlich sehr groß", sagt Steinhaus: "Ich freue mich, dass diese tolle Herausforderung für mein Team und mich am Sonntag endlich losgeht." Welche Überschrift sie danach gerne lesen würde? "Keine, dann ist alles gut", hatte Steinhaus in einem ausführlichen Interview mit den Zeitungen der Madsack-Gruppe im Vorfeld des Debüts deutlich gemacht. Es wird wohl ein frommer Wunsch bleiben.
Dabei dürfte Steinhaus den Medienrummel gewohnt sein: Als vor einem Jahr ihre Beziehung zu ihrem Kollegen, dem englischen Top-Referee Howard Webb, bekannt wurde, machte sie Schlagzeilen und nun wird sie eine der letzten Männer-Festungen zu Fall bringen. Dabei war das gar nicht ihr Ansinnen. "Ich hatte nie vor einen Emanzipationsweg zu beschreiten. Ich tue nur, was ich liebe", sagte die 38-Jährige im Juli im Trainingslager der deutschen Unparteiischen in Grassau.
Bibiana Steinhaus: Sechsfache Schiedsrichterin des Jahres
Dabei war der Ausgangspunkt ihrer Karriere durchaus ungewöhnlich - denn eigentlich sollte aus Steinhaus eine Schwimmerin werden. "Ich war mit meiner Mutter ein Kleid für den Abschlussball aussuchen, passte aber in keines so richtig rein", sagte die Langenhagenerin: "Ich bin damals leistungsmäßig geschwommen und hatte den typischen Körper einer Schwimmerin mit breiten Schultern. Das war der Moment, in dem ich entschieden habe, nicht mehr ins Wasser zu gehen."
Was folgte, war eine imposante Laufbahn als Unparteiische. Sechsmal war Steinhaus Schiedsrichterin des Jahres, sie leitete 80 Zweitliga-Spiele, seit 2009 ist sie bei internationalen Frauen-Turnieren im Einsatz, zuletzt bei der EM in den Niederlanden. Nach zehn Jahren in der 2. Liga steigt sie nun in die Bundesliga auf. "Das hat sie sich durch starke Leistungen verdient. Das zählt, und nicht ob Mann oder Frau", sagte Bremen-Coach Alexander Nouri. Für DFB-Schiedsrichterchef Lutz Michael Fröhlich war es "einfach an der Zeit", dass die Polizeihauptkommissarin den Sprung in die Eliteklasse schafft.
Das höhere Tempo bereitet Steinhaus keine Sorgen. "Ich habe noch intensiver gearbeitet, eine Schippe draufgelegt", sagte die Blondine, die sich mit einem Fitness-Coach akribisch vorbereitet hat.
FC Bayern gegen Chemnitzer FC: DFB-Pokal als Härtetest
Den ersten "Härtetest" hat Steinhaus schon gemeistert. Im DFB-Pokalspiel zwischen Drittligist Chemnitzer FC und Bayern München Anfang August (0:5) öffnete Bayer-Star Franck Ribery der Schiedsrichterin den Schnürsenkel, als er sich den Ball für einen Freistoß zurechtlegte. Ein Streich, den sie mit einem Lächeln und einem Klaps souverän quittierte: "Für mich hat es sich wie eine Willkommensgeste angefühlt. Ich hatte nicht das Gefühl, dass er das mit einem Hintergedanken gemacht hat."
Eine andere Sportart kann Steinhaus als Vorbild dienen. Jutta Ehrmann-Wolf und Susanne Künzig pfiffen im Handball zwischen 1990 und 2009 über 500 Spiele in den höchsten deutschen Ligen, davon mehr als 100 in der Männer-Bundesliga. Bei der WM in Frankreich im Januar wurde zudem das erste Frauen-Gespann eingesetzt. Die Zwillinge Charlotte und Julie Bonaventura leiteten vier Partien.
Bis Steinhaus bei einer Männer-WM aufläuft, ist es noch ein weiter Weg. Doch der erste Schritt dahin wird am Wochenende gemacht: Dann tanzen die Bundesliga-Profis erstmals nach ihrer Pfeife.