Claudio Pizarro im Interview: FC Bayern? "Wo soll ich unterschreiben?"

Claudio Pizarro spielte von 2001 bis 2007 und von 2012 bis 2015 für den FC Bayern
© getty

Claudio Pizarro ist mittlerweile 39 Jahre alt und spielt immer noch in der Bundesliga. Vor einigen Tagen unterschrieb er beim 1. FC Köln, um seine Chancen auf eine WM-Teilnahme mit Peru aufrecht zu erhalten. Im Interview spricht er über seine neue Herausforderung, seine Ex-Klubs FC Bayern und Werder Bremen und seine Tätigkeit als Synchronsprecher beim Disney-Film Coco. Pizarro erzählt von Max Kruses Lebensstil, von einem Spitznamen von Uli Hoeneß und sagt: "Wenn man sich ausschließlich mit Fußball beschäftigt, ist das eine Katastrophe."

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SPOX: Herr Pizarro, in Ihrer Zeit ohne Verein waren Sie beim Disney-Film Coco (ab 30. November in den Kinos) als Synchronsprecher tätig. Wie sind Sie zu diesem Job gekommen?

Pizarro: Disney hat bei mir angefragt und das habe ich dann meinen Kindern erzählt. Die haben sich richtig gefreut und gesagt, dass ich sofort zusagen soll. Dann hatte ich keine andere Möglichkeit mehr als das auch zu tun. Ich persönlich finde es sehr interessant, für so eine große Firma wie Disney zu arbeiten.

SPOX: Warum wurden genau Sie ausgewählt?

Pizarro: Ich glaube das hängt damit zusammen, dass der Film in Mexiko spielt. Ich spreche spanisch und komme aus dem gleichen Kulturkreis. Das passt.

SPOX: Wie war das Synchronsprechen für Sie?

Pizarro: Es war zwar natürlich neu für mich, aber hat sehr viel Spaß gemacht.

SPOX: Ihr eigentlicher Job ist aber weiterhin der des Fußballspielers, seit Ende September haben Sie mit dem 1. FC Köln einen neuen Verein. Was können Sie ihm geben?

Pizarro: Ich habe viel Erfahrung und weiß, wie man in schwierigen Situationen mit jüngeren Spielern reden muss. Außerdem kann ich der Mannschaft natürlich auch mit meinen fußballerischen Qualitäten im Strafraum und mit meinen Toren helfen.

SPOX: Was sind Ihre Ziele mit dem 1. FC Köln?

Pizarro: Für die gesamte Mannschaft und mich ist es sehr wichtig, aus dieser schwierigen Situation herauszukommen. Das hat absolute Priorität, danach können wir andere Ziele setzen. Im Moment denken wir nur von Spiel zu Spiel.

SPOX: Nach der vergangenen Saison haben Sie bei Werder Bremen keinen neuen Vertrag mehr bekommen.

Pizarro: Ich bin sehr traurig darüber und dachte nicht, dass es so zu Ende geht. Aber irgendwo verstehe ich die Entscheidung natürlich auch.

SPOX: Wie haben Sie sich im Sommer fit gehalten?

Pizarro: Ich habe vor meinem Abschied einen Trainingsplan von Werder bekommen und dann alleine trainiert. Meine Erfahrung hat mir dabei natürlich auch geholfen. Ich bin lange im Geschäft und weiß, was ich tun muss, um fit zu werden. Das habe ich gemacht und deshalb fühle ich mich bereit.

SPOX: Hatten Sie im Sommer konkrete Angebote?

Pizarro: Schon, aber ich war von keinem restlos überzeugt.

SPOX: Hat Ihnen Werder angeboten, in anderer Funktion im Verein zu bleiben?

Pizarro: Sie haben mir verschiedene Angebote gemacht und gesagt, dass die Türe für mich immer offen ist. Irgendwann können wir auch gerne darüber reden, aber wegen der Chance, mit Peru noch eine WM zu spielen, wollte ich im Sommer unbedingt weitermachen.

SPOX: Peru hat seit 1982 an keiner WM mehr teilgenommen und ist in der südamerikanischen Qualifikation aktuell Vierter. Sie wurden aber seit März 2016 nicht mehr nominiert.

Pizarro: Ich habe mit unserem Nationaltrainer viel Kontakt und hoffe, dass ich mit dabei sein kann, falls es mit der Qualifikation klappt. Die Chancen für uns stehen sehr gut, es liegt alles in unserer Hand. Ansonsten müssen wir eben beten, dass die anderen patzen. Die WM wäre eine riesige Geschichte für das ganze Land. Die Leute sind alle sehr aufgeregt und gespannt. Sie glauben an die Mannschaft, an die Spieler und daran, dass wir es diesmal schaffen können.

SPOX: In der Nacht auf Freitag spielt Peru in Argentinien (1.30 Uhr live auf DAZN), dann zum Abschluss gegen Kolumbien. Wie werden Sie die beiden entscheidenden Spiele verfolgen?

Pizarro: Ich werden sie mir daheim auf dem Sofa mit der Familie anschauen und alle werden das peruanische Trikot tragen.

SPOX: Welchen Job könnten Sie sich nach Ihrer aktiven Karriere vorstellen?

Pizarro: Ich habe in meinem Leben schon so viel Zeit mit dem Fußball verbracht, dass ich mich nach meiner aktiven Karriere mehr meiner Familie widmen will. Deshalb glaube ich nicht, dass ein zeitaufwendiger Job wie der des Trainers das Richtige für mich wäre. Was ich genau machen werde, überlege ich mir, wenn meine Karriere vorbei ist. Eine Möglichkeit wäre es, als Berater zu arbeiten. Fest steht nur, dass ich immer mit dem Fußball in Verbindung bleiben werde.

SPOX: Was würden Sie als Berater dem 19-jährigen Claudio Pizarro mit auf den Weg geben?

Pizarro: Dem müsste man so viele Sachen sagen. (lacht) Das Wichtigste ist, dass er seine Träume fühlt und verfolgt und immer versucht, seine Ziele zu erreichen. Das ist nicht nur im Fußball wichtig, sondern im ganzen Leben. Wer das befolgt, der hat ein gutes Leben.

SPOX: Sie galten schon immer als jemand, der das Leben in vollen Zügen genießt.

Pizarro: Es ist als Profi sehr wichtig, auch ein Leben neben dem Fußball zu haben. Wenn man sich ausschließlich mit Fußball beschäftigt, ist das eine Katastrophe. Das wird einem irgendwann zu viel und das macht nicht glücklich. Jeder sollte etwas haben, was einen von der Arbeit ablenkt. Als Fußballer muss man so viel trainieren, dass auch viel Urlaub wichtig ist, um wieder runterzukommen. Ich persönlich genieße es dann, am Strand zu liegen oder andere Sportarten wie Golf oder Tennis zu betreiben.

SPOX: Ein großes Hobby von Ihnen ist auch der Pferdesport.

Pizarro: Ja, daran fasziniert mich alles, von den Rennen bis zur Mode. Ich besitze in Peru eine große Farm mit einer eigenen Pferdezucht. Jedes Jahr mache ich dort eine Auktion und verkaufe meine selbst gezüchteten Pferde. Hin und wieder wette ich bei Rennen auch zum Spaß mit meinen Freunden.

SPOX: Ihr Ex-Kollege Max Kruse lebt sein Leben abseits des Fußballs sehr öffentlich. Wie beurteilen Sie das?

Pizarro: Er hat seine eigene Art von Spaß und genießt das. Wenn er das braucht, dann ist das seine Sache und dann sollte er dabei auch in Ruhe gelassen werden. Solange er auf dem Platz seine Leistung bringt, passt alles.

SPOX: War das Leben als Fußballer zu Beginn Ihrer Karriere einfacher, weil man weniger in der Öffentlichkeit stand?

Pizarro: Nein, das war damals genauso. Als ich ein junger Spieler war, waren die Augen aller Leute auch auf mich gerichtet. Jeder muss für sich selbst wissen und entscheiden, was er wann machen sollte und was nicht.

SPOX: FC-Bayern-Präsident Uli Hoeneß hat Ihnen einst den Spitznamen "Schlawiner" gegeben. Wie finden Sie ihn?

Pizarro: Super, weil ich genau das bin: ein Schlawiner. Auf spanisch heißt das übrigens picaro.

SPOX: Was macht einen Schlawiner aus?

Pizarro: Er hat gute Augen und sieht Sachen vor allen anderen - auf dem Platz und außerhalb. Ich kann in vielen Situationen vorhersehen, wo der Ball hinkommen wird und bin deshalb oft vor den Verteidigern dran.

SPOX: Wie war und ist Ihr Verhältnis zu Hoeneß?

Pizarro: Ich habe eine sehr gute Beziehung zu ihm, weil er ein super Typ ist. Immer, wenn ich Zeit habe und an der Säbener Straße vorbeischaue, besuche ich erst die Spieler und dann Hoeneß.

SPOX: Was würden Sie sagen, wenn er irgendwann fragen würde, ob Sie nochmal für den FC Bayern spielen wollen?

Pizarro: Wo ist der Vertrag? Wo soll ich unterschreiben?

SPOX: Beim FC Bayern geht es derzeit etwas turbulent zu. Wie beurteilen Sie die aktuelle Situation?

Pizarro: In diesem Jahr ist es für den FC Bayern nicht so einfach wie in den letzten. Ich glaube nicht, dass die Bayern wieder so deutlich Meister werden. Dortmund hat eine gute Mannschaft und auch einige andere Vereine haben die Chance, ganz oben anzugreifen.

SPOX: Thomas Müller findet seit Monaten nicht zu seiner Form. Woran liegt das?

Pizarro: Ancelotti hat ihn in keiner so wichtigen Rolle gesehen wie die vorherigen Trainer. Es ist manchmal so, dass gewisse Trainer gewisse Spielertypen nicht mögen und dann muss man versuchen, sich durchzusetzen. Thomas ist aber ein super Spieler, der immer seine Tore macht. Unter mir würde er immer spielen, auch weil er Spaß in eine Mannschaft bringt. In meiner zweiten Zeit beim FC Bayern gab es aber ohnehin viele, die für Spaß gesorgt haben. Speziell in der Saison 2012/13, als wir alles gewonnen haben. Das war mein bestes und schönstes Jahr im Fußball.

SPOX: Aktuell wird beim FC Bayern angeregt über die künftige Transfer-Politik diskutiert. Denken Sie, der Klub sollte bei den aktuell kursierenden Summen mitmachen?

Pizarro: Der FC Bayern hat das bisher nie gemacht und war trotzdem immer ganz oben dabei. Warum sollte er etwas an der Philosophie ändern?

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