Ein wenig Olli Kahn tut jedem gut

Von Jonas Rütten
Nach einem zwei Jahre langen Leihgeschäft bei Holstein Kiel kehrte Robin Zentner zu Beginn der Saison wieder zum FSV Mainz 05 zurück
© getty

Seit der schweren Verletzung von Rene Adler hütet Robin Zentner das Tor des 1. FSV Mainz 05. Das wird er auch noch für die kommenden drei Monate tun, schließlich genießt er das Vertrauen von Trainer Schwarz. Beim 1:1 gegen Borussia Mönchengladbach machte er erst sein zweites Bundesliga-Spiel und sicherte sich gleich einen Platz in jedem Saisonrückblick.

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Kapitän Stefan Bell rudert wild gestikulierend mit den Armen. Alle Spieler des 1. FSV Mainz 05 tun das in diesem Moment, als wollten sie sagen: "Junge! Aufwachen!" Doch Robin Zentner scheint davon keine Notiz zu nehmen. In aller Seelenruhe nimmt die neue Nummer eins auf Zeit einen Rückpass an und schaut sich nach Anspielstationen um, nicht ahnend, dass der Ball schon längst an ihm vorbeigekullert ist.

"Das ist ja der Wahnsinn. Ich gucke, wen ich anspielen will und sehe im Augenwinkel etwas Weißes. Dann spüre ich keinen Widerstand", analysiert Zentner wenig später die bis jetzt wohl kurioseste Situation der Saison. Dass Zentner im Nachhinein darüber lachen kann, ist wohl nur dem Umstand geschuldet, das er den heranstürmenden Lars Stindl noch geschickt mit dem Körper abdrängen kann und die Slapstick-Einlage ohne Folgen bleibt.

Zentner bei Debüt im Wechselbad der Gefühle

Den erst 23 Jahre alten Schlussmann allerdings nur auf diese Szene zu reduzieren und ihn fortan als Fliegenfänger oder Unsicherheitsfaktor abzustempeln, wäre allzu leichtfertigt. Denn schon in jungen Jahren galt Zentner bei den Rheinhessen als riesiges Torwart-Talent. Eine Chance bekam das Eigengewächs, das seit 2006 beim FSV spielt, allerdings erst im DFB-Pokal, als Rene Adler verletzt raus musste.

Ausgerechnet gegen Holstein Kiel. Ausgerechnet gegen den Verein, bei dem er zwei Jahre lang auf Leihbasis Spielpraxis in der 3. Liga sammeln durfte, nachdem kein Weg an der damaligen Nummer eins Loris Karius vorbei geführt hatte. "Das war schon etwas Besonderes für mich. Ich habe mich gefreut, die ganzen Jungs wiederzusehen", sagte er nach einem Debüt, welches sich bestens mit dem Wort "denkwürdig" beschreiben lässt.

Zentner verursachte einen Elfmeter, kassierte noch einen weiteren und hielt doch in der Verlängerung mit sehenswerten Paraden den Sieg fest. "Tolle Leistung, so kann er weitermachen", sagte Sportdirektor Rouven Schröder.

Zentner: Vorbilder? "Ein wenig Olli Kahn tut jedem gut"

Gesagt, getan: Seinen Einstand in der Bundesliga gab Zentner einen Tag vor seinem 23. Geburtstag. Und das im Derby gegen Eintracht Frankfurt. Dabei blieb er zwar wieder nicht ohne Gegentor, war aber für die 05er einer der Garanten für den Punktgewinn.

Zentner ist einer, der diese Herausforderungen schon mit seinem Wechsel nach Kiel gesucht hat: "Die Drucksituation ist hier (in Kiel, Anm. d. Red.) eine ganz andere. Daher wollte ich das Erste-Mannschaftsfeeling mal als richtiger Spieler genießen", sagte der Keeper kurz nach seinem Leihgeschäft 2015 in einem Interview dem Portal Torwart.de.

Es ist fast bezeichnend, dass Zentner einen Torhüter als Vorbild nennt, der sich besonders gut mit Druck auskennt, wenngleich er sich selbst nicht in eine bestimmte Torhüter-Generation einordnen lassen wolle: "Ein wenig Olli Kahn tut jedem gut", aber man könne sich auch Manuel Neuers Stellungsspiel oder die Unbekümmertheit von Karius, Leno und Horn abschauen.

Drucksituationen wie jene, die er im Derby oder nach seinem Blackout schon gemeistert hat, wird Zentner in naher Zukunft noch viele durchleben. Schließlich ernannte 05-Coach Sandro Schwarz den Schlussmann nach seiner starken Leistung gegen Kiel zum Adler-Vertreter Nummer eins: "So, wie Robin aufgetreten ist, hat er komplett das Vertrauen von Trainer und Mannschaft. Wir gehen davon aus, auch in den nächsten Wochen." An dieser Aussage wird Schwarz festhalten, weltweit beachtete Slapstick-Einlage hin oder her.

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