Am Freitag startet die Bundesliga mit dem Spitzenspiel zwischen Bayer Leverkusen und dem FC Bayern München in die Rückrunde (20.30 Uhr im LIVETICKER). Zeit für einen Blick in die Glaskugel. Wer steigt ab? Wer erreicht die Champions League? Wer wird Torschützenkönig?
1. Wer steigt ab?
Andreas Lehner: Auch wenn dann doch noch der erste Sieg gelang, für Köln ist der Weg zu weit. Der FC müsste ja zwischen 25 und 30 Punkte holen in der Rückrunde, um noch über den Strich zu hüpfen. Das kann ich mir nicht vorstellen. Der HSV und Werder werden sich wieder retten, dafür rutscht Mainz runter. Den 05ern fehlt in dieser Saison das gewisse Etwas, das ich bei Freiburg beispielsweise nach wie vor sehe. Außerdem bin ich von der totalen Heimstärke, die Mainz unbedingt für den Klassenerhalt bräuchte, nicht überzeugt.
Jochen Tittmar: An ein Kölner Wunder glaube ich nicht, dafür ist mir der Rückstand einfach zu groß. Erwischen wird es diesmal auch den HSV, weil der Klub der instabilste unter den aktuell abstiegsgefährdeten ist und die Entwicklung dort schon lange nach unten zeigt. Ich sehe die Gemeinschaft und den Willen, sich gegen den Abstieg zu stemmen, bei den Hamburger "Mitkonkurrenten" als größer an.
Jochen Rabe: Jetzt hört doch mal auf, alle den Effzeh abzuschreiben. Das ist ja albern. Wenn in den Spielen gegen Gladbach, den HSV und Augsburg zu Beginn mindestens sechs Punkte rausspringen, glaube ich wieder dran, dass das Wunder drin ist. Der Relegationsplatz reicht ja, denn die Playoffs gewinnt sowieso immer der Bundesligist. Ich glaube, selbst für Hannover wird es noch mal richtig eng, für die Klubs darunter sowieso. Letztlich werden auf den letzten drei Plätzen der Effzeh, Mainz und Freiburg landen. Und da sehe ich wie gesagt vielleicht sogar Köln auf 16.
Stefan Petri: Köln ist weg vom Fenster, vom nötigen Turnaround in der Rückrunde sollte man nicht einmal träumen. Von den sechs Teams darüber wurschtelt sich Wolfsburg irgendwie durch. Gomez knipst oft genug, um seine Schwaben zu retten, Freiburg hat Petersen und Werder Max Kruse. Der HSV ist irgendwie unabsteigbar, auch wenn keiner so genau weiß, warum. Deshalb wird der Dino wieder 16. - und Mainz geht runter.
2. Wer erreicht die Champions League?
Andreas Lehner: Am Meister Bayern führt kein Weg vorbei. Auf Rang zwei sehe ich Leverkusen, für mich nach Bayern die stärkste Mannschaft der Hinrunde, die nur vom punktemäßig schwachen Start gebremst wurde. Bayer hat schon beim Eröffnungsspiel in München gezeigt, dass es ganz oben mitspielen kann. Dahinter wird sich der BVB einreihen. Auch wenn ich nicht an ein komplett stabiles Dortmund in der Rückrunde glaube, ist die offensive Qualität der Schwarz-Gelben so groß, dass das für ausreichend Siege reichen wird. Platz vier schnappt sich Schalke, das mit Tedesco einen Glücksgriff getätigt hat und der die Mannschaft stabil auf Kurs halten wird. Außerdem hat das Team dank Heidels geschickter Transferpolitik genügend individuelle Qualität.
Jochen Tittmar: Schalke, weil ich Tedesco für einen großartigen Trainer halte und er zusammen mit seiner Mannschaft in kurzer Zeit schon durch einige Stahlbäder gegangen ist - Stichwort Willensschulung. Dortmund, weil der BVB die zweitbeste deutsche Mannschaft besitzt und in Stöger wieder einen Trainer, der mit ihr eine vernünftige Balance hinkriegt. Leipzig, weil ich nicht an eine Serie von Leverkusen, Gladbach oder Hoffenheim glaube und die Mannschaft in der Hinrunde teils deutlich unter ihren Möglichkeiten spielte. RBL wird trotz der (geringeren) Doppelbelastung im zweiten Halbjahr wieder mehr Power entwickeln können.
Jochen Rabe: Ich denke, dass sich der BVB auf Platz zwei positionieren wird - und zwar mit deutlichem Abstand vor der Konkurrenz. Warum? Weil eine etwas stabilere Ausrichtung unter Stöger bei gleichzeitiger Offensivqualität reichen wird, um einen Großteil der Spiele zu gewinnen, und die anderen es nicht gebacken kriegen, dran zu bleiben. Es ist doch schon absurd, dass Dortmund nach diesem Durchhänger im Herbst noch Dritter ist, oder? Dahinter sehe ich Schalke aufgrund des noch einmal um Optionen bereicherten Kaders (Tedesco war mir jetzt zu offensichtlich nach meinen Vorrednern). Leipzig wird Leverkusen darüber hinaus noch abfangen und wieder in die Königsklasse einziehen.
Stefan Petri: Bayern wird Meister, bei den Dortmundern kann ich mir beim besten Willen nicht noch so eine katastrophale Runde vorstellen. Angesichts der nicht gerade konstanten Konkurrenz werden nicht einmal 60 Punkte nötig sein. Schalke ist dank Tedesco unheimlich solide und hat sich jetzt noch einmal verstärkt. Es entscheidet sich zwischen Leverkusen und Gladbach, weil mich bei RB ein Durchhänger nicht überraschen würde - wenn im April plötzlich durchsickert, dass Werner und Forsberg den Verein verlassen, könnten die Bullen durchgereicht werden.
3. Wer erreicht die Europa League?
Andreas Lehner: Leipzigs Leistungen sind in dieser Saison zu wechselhaft, deshalb verpassen die Sachsen die Champions League knapp. Auch Gladbach fehlt es an Konstanz, weshalb die nächste Saison ohne internationalen Wettbewerb droht. Ich sehe Hoffenheim leicht im Vorteil gegenüber der Borussia. Auch ohne Wagner reicht die Qualität in der Offensive locker und 1899 wird nicht noch einmal so viele Punkte in der Schlussphase verspielen wie in der Hinrunde.
Jochen Tittmar: Leverkusen, weil der Kader gut ausbalanciert ist, die Grüppchen vom Vorjahr aufgelöst sind und Herrlich ohne internationalen Wettbewerb Zeit hat, sich mit seiner Mannschaft im Training weiter zu entwickeln. Trotzdem wird es nicht ganz für die CL-Plätze reichen. Zudem rechne ich mit Gladbach, weil die Mitbewerber auf Strecke und im Vergleich gesehen entweder zu schwach oder im Falle von Hoffenheim zu sehr mit eigenen Baustellen (vor allem Nagelsmann) beschäftigt sind.
Jochen Rabe: Wieso hat eigentlich niemand die Eintracht auf dem Zettel? Mit der Rückkehr von Marco Fabian und Omar Mascarell werden die nicht wie in den letzten Jahren völlig einbrechen, sondern ich traue ihnen eher zu, in der Rückrunde noch eine Schippe drauf zu legen. Deswegen werden sie hinter dem Fünften aus Leverkusen auf sechs einlaufen. Weil Bayern Pokalsieger wird, rettet sich Gladbach als Siebter noch in die Europa-League-Quali. Hoffenheim verkraftet den für die Mannschaft enorm schmerzhaften Abgang von Sandro Wagner nicht und rutscht meines Erachtens in dieser Saison ganz aus den internationalen Plätzen raus.
Stefan Petri: Leverkusen schlüpft am Ende knapp vor Gladbach in die Königsklasse, die Fohlen spielen dennoch international. Dahinter landet Leipzig, weil der Kader letztlich einfach zu viel individuelle Klasse besitzt. Hoffenheims Rückrunde hat es nach dem Werder-Spiel in sich (Leverkusen, Bayern, Hertha, Mainz, Schalke), danach spielt man die Saison im Kraichgau nur noch zu Ende und kümmert sich um Kaderplanung bzw. Trainersuche.
4. Wer wird Torschützenkönig?
Andreas Lehner: Pierre-Emerick Aubameyang. Heynckes wird Lewandowskis Einsätze mit Wagner als Backup zurückfahren, Aubameyang ist in Dortmund dagegen konkurrenzlos und wird die meisten Spiele machen. Auf seiner Abschiedstournee wird er auch nochmal ordentlich netzen.
Jochen Tittmar: Robert Lewandowski - allein, um die "Schmach" aus dem Vorjahr, als er am letzten Spieltag von Aubameyang überholt wurde, nicht erneut eintreten zu lassen. Er liegt bereits zwei Tore vor dem Dortmunder und wird diesmal die nötige Hilfe seiner Mitspieler bekommen.
Jochen Rabe: Robert Lewandowski. Ich habe lange mit mir gehadert, weil ich dem BVB wie gesagt eine starke Rückrunde zutraue und Aubameyang deshalb auch wieder viele Tore. Aber der Pole ist nun mal wahrscheinlicher, deswegen gehe ich auf Nummer sicher. Bayern wird nahezu alle Spiele gewinnen, er wird trotz Wagner die meisten Spiele machen, er schießt die Elfmeter. Reicht für knapp 30 Tore und damit für die Kanone.
Stefan Petri: Robert Lewandowski. So viele Pausen wird der Pole trotz Wagner nicht einlegen, das eine oder andere Mal dürften sie auch zusammen spielen. Ein paar Kantersiege und die Standards dürften für 25+ Buden ausreichen. Auba mangelt es in dieser Saison zu oft an der nötigen Chancenverwertung, um ganz vorn zu landen.
5. Wer wird die Überraschungsmannschaft der Rückrunde?
Andreas Lehner: Zehn Niederlagen, nur 13 erzielte Tore, 17 Punkte und vier Pleiten in Folge zum Abschluss der Hinrunde sind keine blendende Bilanz. Aber der VfB Stuttgart wird in der Rückrunde explodieren. Die Mannschaft hat eine gute Mischung aus Erfahrung sowie Talent, den nötigen Enthusiasmus und mit Gomez sowie Mane zwei Rückkehrer, die der lahmenden Offensive Leben einhauchen werden. Wolf wird aus seinem ersten Halbjahr in der Bundesliga die richtigen Schlüsse ziehen und den VfB auch auswärts stabilisieren. Der VfB holt mindestens 30 Punkte in der Rückrunde.
Jochen Tittmar: FC Augsburg. Die Fuggerstädter haben bereits in der Hinrunde 17 mehr als ordentliche Spiele abgerissen, aber ich glaube daran, dass sich diese positive Entwicklung verselbständigen und der FCA mindestens den aktuellen Rang neun erreichen wird. Mit Baum hat man einen sehr guten, aber noch häufig unterschätzten Trainer, der eine unbequem zu spielende Mannschaft mit großem Willen anleitet.
Jochen Rabe: Eintracht Frankfurt. Im Gegensatz zu den letzten Jahren wird die SGE in dieser Saison sogar eine noch bessere Rückrunde spielen. Die Rückkehrer Marco Fabian und Omar Mascarell bereichern das ohnehin gute Spiel der Eintracht noch einmal enorm. Die Mischung stimmt, der Trainer ist gut. Ich lehne mich aus dem Fenster und sage: Frankfurt spielt nächstes Jahr wieder international.
Stefan Petri: Eintracht Frankfurt. Der gefürchtete Einbruch zur Rückrunde bleibt diesmal aus, weil Niko Kovac sich als Trainer weiter für große Aufgaben empfiehlt. Hinten stehen die Hessen weiter gut (nur 18 Gegentore in der Hinrunde), vorn hat man mit Haller einen echten Glücksgriff getan. Die Eintracht wird am Ende Siebter und erreicht obendrein das Pokalfinale.
6. Wer wird der Spieler der Rückrunde?
Andreas Lehner: Arjen Robben wird in seinem vielleicht letzten Halbjahr beim FC Bayern nochmal zeigen wollen, was er drauf hat. Und wenn er verlängert, wird er auch beweisen wollen, dass er noch mindestens ein Jahr auf höchstem Niveau im Tank hat. Wie man es dreht und wendet: Ist Robben fit, ist er immer noch der beste Spieler der Liga.
Jochen Tittmar: Amine Harit. Gehörte für mich schon im ersten Halbjahr zu den sehr positiven Erscheinungen in der Liga (acht Scorerpunkte in 16 Partien) und hat meiner Meinung nach so viel Talent sowie Spielintelligenz, um auch kurzfristig noch besser zu werden. Kennt die Liga nun, hat die nächste verletzungsfreie Vorbereitung hinter sich und ist für Schalkes Stammelf fast schon unverzichtbar.
Jochen Rabe: Javi Martinez. Eigentlich war er seit Heynckes' Rückkehr schon der Schlüssel für den Lauf. Und das bleibt so. Martinez ist extrem wichtig für die Statik des Bayern-Spiels, auf ihn wird es in der wichtigen Saisonphase besonders ankommen und er wird liefern.
Stefan Petri: Jerome Boateng. Der Nationalspieler hat seine Verletzungsprobleme endlich überwunden und will vor allem im Hinblick auf die WM zeigen, dass er wieder voll da ist. Spätestens im Frühjahr steht er in der Innenverteidiger-Hackordnung der Bayern wieder unangefochten ganz oben, offensiv gibt er den "Quarterback". Ich lege mich fest: Es werden mindestens fünf Scorerpunkte.