Michael Ballack hat im Interview mit dem kicker ein Qualitätsproblem in der Bundesliga angemahnt. Hinter dem dominanten FC Bayern München sei die Konkurrenz zu schwach.
Neue Strukturen seien eine mögliche Lösung, man dürfe dabei jedoch nicht den Fans aus dem Blickwinkel verlieren. Außerdem sprach er über mögliche Führungsspieler bei der WM 2018 in Russland.
"Ich sehe einfach einen großen Qualitätsunterschied", bilanzierte Ballack im Vergleich zwischen der Bundesliga und der Premier League.
Hinter den Bayern sei "das Niveau überschaubar", in England dagegen würden auch die Teams hinter der Spitze "unterhaltsamer" spielen. Generell gebe es in Deutschland "ein Qualitätsproblem. In Frankreich ist die Ausbildung im Moment anscheinend besser."
Ballack zog Parallelen zum "Rumpelfußball" der Jahre 2000 und 2004, die damals zu grundlegenden Änderungen in der Nachwuchsförderung geführt hatte.
Dadurch, dass Rekordmeister Bayern seit Jahren unangreifbar sei, habe die Bundesliga an Attraktivität eingebüßt: "Wenn die Möglichkeit besteht, gute Spieler von anderen Mannschaften wie jetzt wieder Leon Goretzka zu bekommen oder vorher von Dortmund oder zu unserer Zeit von Leverkusen, dann greifen sie zu, um diese Vormachtstellung nicht zu gefährden."
Nachdem Borussia Dortmund ein paar Jahre scheinbar aufgeschlossen hatte, würde die Lücke nun wieder "auseinanderklaffen". Zudem sei der Respekt der Gegner zu groß, oftmals würden sie nur "keinen auf die Mütze bekommen wollen".
"Vielleicht von der Romantik verabschieden"
Deshalb brachte Ballack auch strukturelle Änderungen ins Gespräch und schaltete sich so in die 50+1-Debatte ein. RB Leipzig sei ein gelungenes Beispiel. Dort habe man "mit Investitionen und großem Sponsor auch die Stadt und die Fans mitnehmen" können.
Und gerade die Fans dürfe man bei der Problematik nicht außer Acht lassen: "Wir müssen uns vielleicht von der Romantik ein wenig verabschieden, aber Fans sind immer noch das höchste Gut." Die Tatsache etwa, dass Spiele der Nationalmannschaft nicht mehr ausverkauft seien, sei eine gefährliche Entwicklung.
Hummels und Neuer als Führungsspieler bei WM
In Russland will das DFB-Team seinen Titel von 2014 verteidigen. Ballack hatte den WM-Titel 2002 und 2006 als Führungsspieler jeweils knapp verpasst. In seinen Augen könnte Mats Hummels von den Bayern eine ähnliche Rolle ausfüllen: "Ein intelligenter Typ, der schnell reflektiert, vom Charakter her kann er eine absolute Führungsrolle einnehmen."
Auch Manuel Neuer sei vom Typ her ein "Capitano" - "rein von der Ausstrahlung in den entscheidenden Momenten her ist Neuers Können unbezahlbar."
An Typen mangelt es Bundestrainer Joachim Löw in seinen Augen nicht. Die müssten "dann aber auch mal was sagen lassen, Fehler machen lassen, ohne dass die Medien sich gleich wieder drauf stürzen".