Bayer Leverkusen macht Jonas Boldt zum jüngsten Sportdirektor der Bundesliga. Dies ist vor allem als öffentliche Aufwertung des 36-Jährigen zu verstehen, denn inhaltlich hält Boldt in Leverkusen längst die Fäden fest in der Hand.
Nun hat er sie also, die erste Reihe. Dafür war aber nicht wie mancherorts vermutet ein Vereinswechsel verantwortlich. Jonas Boldt bleibt Bayer Leverkusen erhalten und unterzeichnete einen neuen Vertrag bis ins Jahr 2021. Mit 36 Jahren ist er der jüngste Sportdirektor der Bundesliga.
Boldt arbeitet schon viele Jahre im Oberhaus, sein Weg bei Bayer begann 2007 als Scout. Zuletzt tauchte sein Name immer wieder auf, wenn Vereine nach einem starken Mann in der sportlichen Führung suchten. Zu deutlich mehr Öffentlichkeit hat es bislang nicht gereicht, was dem gebürtigen Nürnberger auch ganz recht war.
Schon vor vier Jahren, als Kaderplaner Michael Reschke den Verein verließ, hatte Eintracht Frankfurt ein Auge auf Boldt geworfen. Kürzlich flirtete der HSV heftig mit ihm und Boldt hätte es auch als spannende Aufgabe angesehen, einen solch brachliegenden Klub mit seinen Ideen zu revitalisieren.
Inhaltlich keine Veränderung für Boldts Arbeit
Anfragen für Boldt gab es genug, darunter waren auch einige lukrative, bei denen Bayer alleine in Sachen Gehalt nicht hätte mithalten können. Nun jedoch geht Boldt, der zuvor im Leverkusener Organigramm offiziell gar nicht auftauchte, Bayers neuen Weg mit.
Auch Rudi Völler, das Gesicht des Klubs, rückt eins auf und wird Geschäftsführer Sport. Er teilt sich die Aufgaben mit Neuzugang Fernando Carro de Prada, dessen vordergründiges Aufgabengebiet jedoch eher im wirtschaftlichen Bereich liegt.
Jonas Boldt: Sein Werdegang bei Bayer Leverkusen
Jahr | Funktion |
seit 2018 | Sportdirektor |
2014-2018 | Manager |
2009-2014 | Leiter der Scouting-Abteilung |
2009-2014 | Assistent der Geschäftsführung |
2007-2009 | Scout |
Boldts Beförderung stellt vor allem für die Öffentlichkeit eine Veränderung dar - nämlich als klare Aufwertung seiner Person. Rein inhaltlich ändert sich für die bisherige Konstellation rund um Boldt wenig bis gar nichts. Boldt hält die Fäden in Leverkusen längst fest in der Hand.
Boldt ist kein Typ, der das Rampenlicht sucht
Alle sportlichen Themen gehen über seinen Schreibtisch. Boldt sitzt seit dieser Saison bei den Spielen auf der Bank und bekommt nun noch mehr Strömungen innerhalb des Teams mit. Die Beziehung zu den Spielern ist intakt - nicht zuletzt deshalb, weil Boldt ihre Verträge ausverhandelt hat.
Wer Boldt kennt, weiß, dass es ein Trugschluss ist zu glauben, er habe in die erste Reihe gedrängt und sich über mangelnde Wertschätzung in Leverkusen beschwert. Dies wurde immer wieder kolportiert, als Boldt mit dem HSV oder auch dem 1. FC Köln in Verbindung gebracht wurde.
Boldt ist kein Typ, der das Rampenlicht sucht - der aber weiß, dass ein Sportdirektor eines Bundesligavereins zwar eine größere Strahlkraft besitzt, aber stärker in der Öffentlichkeit steht. Er wird sein Profil schärfen müssen.
Bayer Leverkusen und die neue Vision
Boldts Antrieb ist dennoch die inhaltliche Gestaltungsfreiheit, die er in Leverkusen genießt. Seine Aufwertung ist daher ein schlauer Schachzug und ein starkes Signal für Bayers Zukunft - Boldts Vertrag wäre 2019 ausgelaufen. Boldt hat sich seit Reschkes Abgang bewährt, die Zusammenarbeit mit dem für die Außendarstellung weiterhin sehr wichtigen Völler funktioniert gut.
Damit einhergeht eine Art neue Vision, was die sportliche Positionierung von Bayer Leverkusen in der Bundesliga betrifft. Der Werksklub bewegt sich rein wirtschaftlich gesehen zwischen Rang fünf und acht. Dessen ungeachtet will man nun aber die Ambition und den Mut entwickeln, dauerhaft einen Platz unter den ersten vier zu ergattern und dieses Ziel auch ehrgeizig nach außen zu transportieren.
Das ist eine Herausforderung nach Boldts Geschmack, an der er nun auch gemessen werden möchte. Sie erhöht nicht nur intern den Druck, sondern ist auch schlichtweg keine sportliche Selbstverständlichkeit. Für Leverkusen ist die regelmäßige Teilnahme an der Champions League weiterhin ein Erfolg.
Bayer AG müsste Leverkusen finanziell stärker unterstützen
Die Bayer AG stellt dem Verein ein Paket von 75 Millionen Euro über drei Jahre zur Verfügung. Um die künftige Maxime des Klubs noch stäker zu unterstützen, müsste eine stärkere finanzielle Unterstützung her - gerade, wenn ein Konkurrent wie RB Leipzig weiter anzieht oder Volkswagen sein Engagement beim VfL Wolfsburg wieder forcieren sollte - Bayern und Dortmund spielen ohnehin in einer anderen Liga.
Denn bei aller Ambition droht auch in Zukunft immer die Gefahr, aus dem Bereich der ersten sechs zu rutschen. Es geht letztlich um Erklärungen und gute Kommunikation - intern wie öffentlich. Leverkusen muss unter dem Strich bessere Spieler holen als die Konkurrenz, darf weniger Verletzte und sollte einen starken Trainer haben - nur dann kann es mit der Königsklasse klappen.
Leverkusen erwirtschaftet dank Boldt ein Plus bei Spielerverkäufen
Zu dieser Gemengelage hat sich Boldt bekannt. Bayer hat von seiner Arbeit wirtschaftlich enorm profitiert. Bei Spielerverkäufen wie Philipp Wollscheid, Hakan Calhanoglu, Kevin Kampl, Javier Hernandez, Ömer Toprak oder Admir Mehmedi hat Boldt jeweils ein Plus erwirtschaftet. Zum Großteil Stammspieler, die ersetzt wurden und ohne die es in Leverkusen in der aktuellen Spielzeit noch besser läuft.
Boldt steht damit für Kontinuität und lebt Werte vor, die auch Aushängeschilder wie Julian Brandt, Jonathan Tah und Lars Bender vom neuen Weg überzeugten. Alle haben innerhalb der letzten Monate ihren Vertrag verlängert.
Und das nicht ausschließlich des Geldes wegen, sondern weil Leverkusen sportliche Perspektive und Ambitionen bietet - und Boldt in der Lage ist, die Spieler langfristig davon zu begeistern.