"Viele Vereine gehen gerade einen gefährlichen Weg. Natürlich sind die Punkte wichtig, aber bei zu vielen Klubs ist die Spielweise zweitrangig", stellt Babbel im kicker fest. Er wünscht sich mehr spielerische Lösungen und weniger Fokus auf die Defensive.
Das sei aber nicht leicht: "Trainer haben eine immer kürzere Haltbarkeit, also versuchen sie, schnellstens irgendwie Resultate zu erzielen." Der Druck durch Funktionäre würde die Bundesliga letztlich auch international schwächeln lassen.
Babbel: "Mut zu Kreativität und Ballbesitz fehlt"
Babbel verweist auf die Ergebnisse in der Europa League: "Die Favoriten aus der Bundesliga haben große Probleme, das Spiel zu machen, weil daheim in der Liga vor allem Defensive und Umschaltspiel Priorität haben. Der Mut zu eigener Kreativität und Ballbesitz fehlt inzwischen zu oft, genauso die Intensität."
Dementsprechend wünscht sich Babbel mehr langfristige Planung. "Oft wird nur kurzfristig gedacht, statt etwas aufzubauen mit passenden Spielern und Trainern", erklärt Babbel und verweist auf positive Beispiele wie den SC Freiburg oder FC Augsburg.
Babbel bemängelt fehlende Fußballkompetenz
Er habe festgestellt, dass "oft viel zu wenig Fußballkompetenz" in den Klubs vorhanden sei. Dementsprechend wünscht sich Babbel ein Umdenken: "Die Liga ist klasse, trotzdem müssen wir aufpassen, dass wir bei der Spielkultur nicht abgehängt werden."
Abgehängt wurde die Bundesliga aktuell schon vom FC Bayern München: "Leider nimmt niemand die Verfolgerrolle ein. [...] Es wird zu zögerlich gespielt, bei vielen herrscht große Angst, mit leeren Händen dazustehen. Es fehlt an Überzeugung. Und an Typen."
Babbels Trainerstationen im Überblick
Verein | Amtsantritt | Amtsaustritt | Spiele |
VfB Stuttgart | 23.11.2008 | 06.12.2009 | 47 |
Hertha BSC | 01.07.2010 | 18.12.2011 | 55 |
TSG 1899 Hoffenheim | 10.02.2012 | 03.12.2012 | 30 |
FC Luzern | 13.10.2014 | 05.01.2018 | 135 |
Babbel: "War froh, als ManUnited das 2:1 geschossen hat"
Trotz der Führungsrolle zu seiner aktiven Zeit sei auch Babbel damals nicht gänzlich befreit vom Druck des Geschäfts gewesen. Angesprochen auf die kürzlich von Per Mertesacker losgetretene Debatte rund um psychische Belastung im Sport, erinnert sich Babbel an die Last-Minute-Niederlage im Finale der Champions League 1999 gegen Manchester United.
"Als ich mit Bayern 1999 endlich im Finale stand, war ich an dem Tag mental völlig kaputt. Schon vor dem Spiel und währenddessen noch viel mehr. Ich war froh, als ManUnited das 2:1 geschossen hat. Beim 1:1 in der Nachspielzeit dachte ich: Oh, nein! Und jetzt noch Verlängerung! Ich kann nicht mehr!", denkt Babbel zurück. Der nur Sekunden später folgende Treffer zum 1:2 sei für ihn "fast schon befreiend" gewesen.