BVB-Fan Arendsee im Interview: Der Dauergast im Trainingslager von Borussia Dortmund

Andre Arendsee hat 45 Trainingslager des BVB in Folge besucht.

Andre Arendsee ist Feuerwehrmann aus Unna, BVB-Fan und hat eine große, spezielle Leidenschaft: Er reist Borussia Dortmund seit 16 Jahren in jedes Trainingslager hinterher. Im Interview erzählt er seine Geschichte.

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SPOX: Herr Arendsee, Sie sind bei Borussia Dortmund ein bekanntes Gesicht, denn sobald der BVB in ein Trainingslager fährt, sind Sie mit dabei. Wann ging diese spezielle Reise-Leidenschaft bei Ihnen los?

Andre Arendsee: Das war 2002, da ging es unter Trainer Matthias Sammer ins österreichische Bad Radkersburg. Ich war auch schon in den 1990er Jahren mit in der Türkei und noch bei zwei weiteren Trainingslagern in Österreich. Wenn ich die mitzähle, stehe ich nun bei insgesamt 48 Trainingslagern. In der Türkei haben wir uns damals eine Woche für 360 Mark all inclusive ins Mannschaftshotel eingebucht und das war ziemlich witzig. Daher hatte ich diese Reise auch immer im Hinterkopf. Durch meine Auswärtsdauerkarte, die ich seit der Einführung vor rund zehn Jahren besitze, und die Europapokalreisen ins Ausland kam etwas später der Gedanke auf, noch einmal mit in ein Trainingslager zu fahren - und daran hatte ich wohl ausreichend Spaß, um das seitdem regelmäßig zu wiederholen. (lacht)

SPOX: Bei wie vielen besuchten Trainingslagern in Folge stehen Sie denn jetzt?

Arendsee: Bei 45. Ich zähle aber ehrlicher Weise auch die Auslandsreisen nach Asien oder Amerika dazu. Mich fragen deshalb immer viele: Wie kommst du denn in 16 Jahren auf annähernd 50 Trainingslager? Doch es kam eben nicht selten vor, dass es pro Jahr drei, vier Trainingslager inklusive Auslandsreisen waren.

SPOX: Allein 2018 gab es bereits das Winter-Trainingslager in Marbella, dann die beiden USA-Reisen und nun das Sommer-Trainingslager in Bad Ragaz.

Arendsee: So ist es. In Marbella waren wir diesmal auch im Mannschaftshotel untergebracht, das war sehr nett. Ich war dort allerdings ohne meine Familie, sondern mit meinem guten Freund Michael Budde. Er macht grundsätzlich alle Auslandsreisen mit, inklusive der Europapokalspiele. Asien oder die USA mit Frau und Kind ist einfach zu anstrengend für alle Beteiligten. Als der BVB nun kürzlich an der Westküste war, sind wir selbst noch weiter nach San Francisco und beim Trip an die Ostküste nahmen wir noch New York mit.

Andre Arendsee und Kumpel Michael Budde mit Ex-BVB-Spieler Marc Bartra (r.) und dessen Berater Carles Puyol (l.).
Andre Arendsee und Kumpel Michael Budde mit Ex-BVB-Spieler Marc Bartra (r.) und dessen Berater Carles Puyol (l.).

SPOX: Und wenig später tauchten Sie schon wieder in Bad Ragaz auf. Wie lange im Voraus planen Sie denn Ihre Reisen?

Arendsee: So früh wie möglich. Ich habe auch schon Reiseangebote vom Verein vorgelegt bekommen oder kriege frühzeitig einen Tipp, zu welchen Daten der BVB reisen wird. Ich muss natürlich vor allem schauen, dass ich das für mich flexibel und kostengünstig gestalte. Mit den Jahren bin ich Profi geworden, was die Planung und Buchung angeht. Dieses Jahr hat mich beispielsweise gerettet, dass ich einen Flug über San Francisco nach Los Angeles und von dort per Direktflug wieder nach Hause fand, der nur 480€ gekostet hat. Jetzt im Juli bin ich nach drei Tagen Hardcore-Sightseeing in New York sonntagabends gelandet, bin montagmorgens mit der Familie ab Düsseldorf nach Zürich geflogen und von dort aus mit dem Zug weiter nach Bad Ragaz.

SPOX: Das ist durchaus beachtlich.

Arendsee: Es war in diesem Jahr extrem hart mit den beiden USA-Reisen im Mai und Juli. In Bad Ragaz war ich dann mit meiner Frau, die jetzt auch schon 20 Mal in Trainingslagern mit dabei war, und meinem vierjährigen Sohn. Für ihn war es das achte Trainingslager, aber dieses war nun das erste, dass er bewusst wahrgenommen hat. Er hat das jetzt angenommen und ist ein großer Fan von Marco Reus. Er hatte sich auch gewünscht, mit ihm ein Foto zu machen und das hat uns der Verein glücklicherweise ermöglicht. Ich freue mich sehr darüber, denn wir haben ihn nie in diese Richtung gedrängt. Er selbst spielt sogar Handball. Er durfte nur kein Blauer werden, aber sonst konnte er sich alles erlauben. (lacht)

SPOX: Die Preise in Bad Ragaz sind ziemlich gesalzen. Wie reagieren Sie darauf?

Arendsee: Mit der Zeit haben wir gelernt, wie man die Sache optimiert. Wir haben uns auf einem Campingplatz ein kleines Häuschen mit zwei Schlafzimmern gemietet, direkt angrenzend ist ein Schwimmbad. Das ist finanziell und für die Familie die beste Lösung. Wir waren diesmal eine Gruppe von 20 Leuten bestehend aus Ultras und normalen Fans. Vorab haben wir uns so organisiert, dass jeder etwas mitbrachte und ausreichend Bier und Grillgut vorhanden war.

BVB-Testspiele in der Sommerpause

DatumGegnerOrtErgebnis
13. JuliAustria WienGenerali-Arena, Wien1:0
21. JuliManchester CityChicago1:0
22. JuliFC LiverpoolCharlotte3:1
26. JuliBenfica LissabonPittsburgh5:6 n.E.
03. AugustStade RennesAltach1:1
07. AugustFC ZürichBad Ragaz4:3
07. AugustSSC NeapelSt. Gallen1:3
12. AugustLazio RomEssen1:0

SPOX: Sie gehören dem Fanklub "Alte Garde" an. Wie viele davon waren nun mit in der Schweiz dabei?

Arendsee: Wir waren zu dritt. Insgesamt besteht unser Fanklub aus 70 Leuten. Wir haben ihn bewusst auf dieser Größe gehalten, damit er überschaubar bleibt und man sich untereinander gut kennt. In Dortmund haben wir mit dem Briefkästchen eine kleine Eckkneipe, in der wir uns regelmäßig treffen. Auch Hans-Joachim Watzke hat uns dort schon besucht.

SPOX: Wenn Sie 45 Trainingslager am Stück besucht haben - standen Sie da auch mal knapp davor, nicht mitreisen zu können?

Arendsee: Klar, allein schon aus urlaubstechnischen Gründen. Man kann sich ja vorstellen, was da so zusammenkommt. Ich bin auch ein Familienmensch. Wir machen immer einmal im Jahr einen Familienurlaub, der nichts mit Borussia zu tun hat. Meistens sind wir 14 Tage auf Borkum. Ich habe zum Glück sehr nette Arbeitskollegen, die mit mir die Schichten tauschen oder mir einen Block für den Urlaub frei räumen.

SPOX: Sie arbeiten als Feuerwehrmann in Unna bei Dortmund. Wie können Sie sich da immer genügend Tage herauskratzen, um die Reisen zu verwirklichen?

Arendsee: Ich arbeite 24 Stunden, habe dann zwei Tage frei, arbeite wieder 24 Stunden und so weiter. Wenn ein Kollege mit mir also eine Schicht tauscht, habe ich schon drei Tage am Stück frei. Und so kann man das ein bisschen hinwurschteln. Die Kollegen wissen, wie verrückt ich in dieser Hinsicht bin und manchmal schimpfen sie auch mit mir. Im Endeffekt hat bislang aber immer alles geklappt und dafür bin ich ihnen natürlich extrem dankbar.

SPOX: Sind Ihre Arbeitskollegen denn auch BVB-Fans?

Arendsee: Wir sind 100 hauptamtliche Kräfte, davon 60 Beamte. Jede Wachabteilung hat einen Quoten-Schalker und ein paar Exoten wie Kölner oder zwei Münchner, aber die beiden wissen ohnehin nicht, warum sie Bayern-Fans geworden sind. Der Rest ist schwarzgelb.

SPOX: Wie sind Sie selbst zur Borussia gekommen?

Arendsee: Da war mein Onkel schuld. Er nahm mich mit vier, fünf Jahren immer ins Stadion mit. Damals war es ähnlich wie bei meinem Sohn, in dem Alter konnte ich noch nicht so viel damit anfangen. Mein Vater fragte in den 1980er schon immer, wieso ich denn da überhaupt hinfahre, die Spieler würden doch viel zu viel Geld verdienen. Er war aber selbst BVB-Fan, nur wollte er das mir gegenüber nie so richtig zugeben.

SPOX: Und ab wann sind Sie dann sozusagen bewusst ins Stadion gegangen?

Arendsee: Das war beim legendären 11:1-Sieg gegen Arminia Bielefeld im Jahr 1982, da war ich elf. Das war die Initialzündung, auch wenn das weniger mit dem Ergebnis zu tun hatte. Aber da spürte ich, dass es endgültig um mich geschehen war. Relativ zügig war ich dann auch im Besitz meiner ersten Dauerkarte, das war noch eine zum Abknipsen. International bin ich 1987 eingestiegen mit Spielen bei Sampdoria Genua oder Velez Mostar - weil es dann meine Eltern erlaubt hatten.

SPOX: Die Dauerkarte nennen Sie seitdem Ihr Eigen?

Arendsee: Genau. Ich stand 15 Jahre auf der Südtribüne und bin anschließend gemeinsam mit meiner Frau auf die Osttribüne gewechselt. Irgendwann wird man ja mal ein bisschen bequemer.

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