Eine unfassbare Rückrunde, dazu kostspielige und vielversprechende Transfers im Sommer: Der VfB war sich sicher, endlich mal wieder eine sorgenfreie Bundesliga-Saison zu erleben. Im Umfeld bestand sogar die Hoffnung, bei optimalem Verlauf die Europa-League-Plätze angreifen zu können.
Nach dem 7. Spieltag sieht die Realität völlig anders aus. Die Schwaben sind nach einem Sieg, zwei Unentschieden, vier Niederlagen und einer peinlichen Pleite im Pokal in Rostock wieder einmal gezwungen, die Reset-Taste zu drücken. Kontinuität ist am Neckar seit Jahren nicht mehr als ein frommer Wunsch.
Tayfun Korkuts Entlassung ist keine Überraschung
Überraschend kommt Korkuts Entlassung freilich nicht. Das Team hat sich unter dem 44-Jährigen rückentwickelt, das Potenzial im Kader wurde nicht ansatzweise ausgeschöpft. Das Schlimmste daran: Korkut hatte eine größtenteils sorgenfreie Vorbereitung und entsprechend mehr als genug Zeit, seiner Mannschaft ein funktionierendes Spielsystem einzuimpfen.
Stattdessen sorgte er mit zahlreichen erfolglosen Experimenten für Unmut. Ein Plan, mit dem die neuen, vor allem jungen Spieler eingebunden werden können, war vom Start dieser Saison weg nicht zu erkennen. Mancher Spieler fand sich Woche für Woche auf einer anderen Position oder eben auf der Bank wieder.
Korkut schickte seine Truppe meist übertrieben defensiv ausgerichtet auf das Feld, weshalb er immer wieder während einer Partie korrigieren musste, allerdings auch dabei mit seinen Wechseln kein glückliches Händchen bewies.
Korkuts ängstliche Taktik ein fatales Signal
Gegen Hannover versuchte es Korkut sogar mit einer Fünferkette. Diese ängstliche Herangehensweise war wie schon in der gesamten Saison ein fatales Signal an die Spieler. Die Folge: Der VfB war weder defensiv geordnet noch offensiv gefährlich, in Hannover gipfelte dies in einer erschreckend planlosen und emotionslosen ersten Hälfte.
Daran haben natürlich auch die Spieler einen großen Anteil. Einsatz, Mut und Leidenschaft sind bekanntlich die notwendigen Grundtugenden im Fußball. Bei einigen Stuttgartern war davon wenig zu sehen.
Vertragsverlängerung mit Korkut ohne Not
Auch Reschke, der für Korkuts Verpflichtung im Januar in übertriebenem Ausmaß Hohn und Spott erntete, muss sich Vorwürfe gefallen lassen. Dass er noch wenige Stunden vor Korkuts Entlassung dem Trainer öffentlich den Rücken gestärkt hatte, geschenkt. Es gehört im Profi-Fußball offenbar dazu - das zeigen zahlreiche Beispiele aus der Vergangenheit -, es mit der Wahrheit nicht immer so genau zu nehmen.
Vielmehr muss sich der 61-Jährige fragen, warum er im Sommer den ohnehin bis 2019 laufenden Vertrag mit Korkut ohne Not bis 2020 verlängert hat. Eine Vereinbarung, die Vorrunde abzuwarten und sich im Winter zusammenzusetzen, wäre zweifelsohne die sinnvollere Lösung gewesen.
Schließlich bestand trotz der starken Rückrunde, zu deren Wahrheit - ohne Korkuts Leistung schmälern zu wollen -, auch gehört, dass der VfB das Glück konsequent auf seiner Seite hatte, nicht gerade die Gefahr, Korkut könnte dem Verein weggeschnappt werden.