Maximilian Arnold spricht im Interview mit SPOX und Goal über Vereinstreue und erklärt, warum seine Wahlheimat Wolfsburg attraktiver ist als vielleicht angenommen. Vor dem Niedersachsen-Derby gegen Hannover 96 (Fr., 20.30 Uhr im LIVETICKER) steht der VfL auf Rang elf der Bundesliga-Tabelle. Ein Platz, den der Mittelfeldspieler auch am Saisonende unterschreiben würde.
Im Vergleich zu den beiden Vorjahren sind die Wölfe deutlich besser in die Saison gestartet und bieten den Kritikern deshalb kaum Angriffsfläche. Generell fordert Arnold von Medien und Experten mehr Fingerspitzengefühl im Umgang mit Spielern und Trainern.
SPOX/Goal: Herr Arnold, Google schlägt bei Suchanfragen Vervollständigungen vor. Spielen Sie doch mal Suchmaschine. Was kommt Ihnen zuerst bei der Suchanfrage "Wolfsburg ist ..." in den Sinn?
Maximilian Arnold: Wolfsburg ist der VfL, Volkswagen und die Stadt Wolfsburg.
SPOX/Goal: Was denken Sie, was Google als Erstes vorschlägt?
Arnold: Keine Ahnung. Ich habe es noch nie so eingegeben.
SPOX/Goal: "Wolfsburg ist hässlich."
google.deArnold: Tatsächlich? Das glaube ich jetzt nicht. (lacht)
SPOX/Goal: Tatsächlich. Was sagen Sie dazu?
Arnold: Die Leute, die das googeln, waren noch nie hier bei uns. Die könnten ihren Horizont sicherlich erweitern, wenn sie Wolfsburg mal besuchen würden. Die Stadt hat viel zu bieten.
Maximilian Arnold lobt VfL Wolfsburg: "In jedem Bereich sehr familiär"
SPOX/Goal: Sie spielen seit 2009 beim VfL. Die öffentliche Wahrnehmung der Stadt ist offensichtlich nicht nur positiv. Wie aber würden Sie das Image des VfL definieren?
Arnold: Der Klub ist in jedem Bereich sehr familiär - trotz der zuletzt vielen Wechsel, gerade im Profibereich. Vor allem das Team um das Team ist sehr eingespielt. Darauf können wir sehr stolz sein.
gettySPOX/Goal: Hätten Sie damals vor Ihrem Wechsel aus der Dresdener Jugend zum VfL erwartet, dass Sie so lange bei ein und demselben Verein bleiben?
Arnold: Nein. Das kann man im Fußball auch nur ganz schwer. Ich kann auch nicht sagen, dass ich für immer hierbleibe.
SPOX/Goal: Wieso nicht?
Arnold: Im Fußball entwickelt sich alles sehr schnell. Ich kann nicht sagen, ich bleibe bis 2030. Ich kann aber auch nicht sagen, dass ich den Verein im Winter verlassen werde. Das kann man in unserem Geschäft nie sagen und so ist es auch bei mir. Es wäre nicht richtig, die Augen vor Neuem zu verschließen. Ich fühle mich in Wolfsburg aber sehr wohl.
SPOX/Goal: Wie wichtig ist Ihnen Vereinstreue? Sagen wir auf einer Skala von eins bis Dirk Nowitzki.
Arnold: (lacht) Dadurch, dass ich schon so lange hier bin, bedeutet mir das auch etwas. Ich habe mir hier etwas aufgebaut. Das ist schon etwas Besonderes.
SPOX/Goal: Was genau macht den VfL Wolfsburg denn so besonders? Abgesehen vom familiären Klima.
Arnold: Wir haben in Wolfsburg einfach hervorragende Bedingungen. In erster Linie ist es das Miteinander, über das ich sehr froh bin. Denn in neun Jahren habe ich hier schon Einiges miterlebt. Ich habe mich natürlich auch schlicht und einfach eingelebt. Wolfsburg fühlt sich nach Heimat an.
Maximilian Arnold wäre mit Mittelfeldplatz für VfL Wolfsburg zufrieden
SPOX/Goal: Sie wollen auf Dauer aber gern regelmäßig international spielen.
Arnold: Wenn man einmal international gespielt hat, möchte man gern wieder dort spielen. Aber es gilt mehrere Faktoren abzuwägen. Das muss man von Jahr zu Jahr neu bewerten. So gehe ich an die Sache ran. Ich plane nicht drei Jahre voraus.
SPOX/Goal: In all den Spielzeiten bei den Wölfen waren Sie aber erst zwei Mal im Europapokal vertreten. Klappt es in der nächsten Saison wieder?
Arnold: Ich denke, wir werden souverän Pokalsieger und schon sind wir für Europa qualifiziert. (lacht)
SPOX/Goal: Ach stimmt ja. Das haben wir nicht berücksichtigt.
Arnold: Nein, Spaß beiseite. Jeder weiß, welche Platzierungen wir in den vergangenen zwei Jahren eingenommen haben. Deswegen sind wir gut beraten, kleinere Brötchen zu backen.
SPOX/Goal: Wie sehen diese Brötchen denn aus?
Arnold: Ich muss ehrlich sagen, ein gesicherter Mittelfeldplatz wäre für mich okay.
SPOX/Goal: Aktuell steht der VfL auf Platz elf der Tabelle.
Arnold: Wenn wir diesen Stand am 34. Spieltag haben, bin ich zufrieden.
SPOX/Goal: Der Saisonstart sah vielversprechend aus. Danach ging es wieder ein wenig bergab. Wie schätzen Sie den VfL aktuell ein?
Arnold: Ausbaufähig. Das muss man ganz klar sagen. Nach den ersten beiden Siegen dachten vielleicht einige im Umfeld, dass es wie von selbst so weiterläuft. Wir wussten aber, dass immer ein kleineres Tief kommen kann.
SPOX/Goal: Oftmals sah das in dem kleinen Tief zu Beginn der Saison aber gar nicht so schlecht aus.
Arnold: Das stimmt. Uns fehlte oft auch das Spielglück. Gerade gegen Mainz, als wir in der ersten Halbzeit drei hochkarätige Chancen haben liegen lassen. Auch gegen Gladbach oder den BVB wäre mehr drin gewesen. Nichtsdestotrotz: Man muss auch einfach erkennen, dass wir in den vergangenen beiden Spielzeiten nicht gut gespielt haben. Um nach zwei Siegen zu sagen, 'jetzt gelingt uns alles', fehlt uns nach wie vor einfach noch das Selbstvertrauen.
SPOX/Goal: Wieso?
Arnold: Man sagt zwar vor jeder neuen Saison, man legt alles Alte ab. Aber so einfach geht das nicht. Wir müssen einfach stets neue Impulse setzen und intensiv an uns arbeiten. Und das machen wir.
SPOX/Goal: Dennoch heißt das langfristige Ziel 'Europapokal'. Aktuell sind Spiele wie das Niedersachsen-Derby am Freitag gegen Hannover aber die 'Highlights' der Saison. Fühlt sich das Derby gegen 96 auch als ein solches an?
Arnold: Es ist zwar nicht wie ein Spiel gegen Freiburg oder Mainz. Gegen eine Mannschaft aus Niedersachsen wollen wir natürlich immer gewinnen. Aber da gibt es schon noch andere Derbys wie etwa das gegen Eintracht Braunschweig.
Maximilian Arnold: "Der Trainer ist die ärmste Sau"
SPOX/Goal: Trotz des elften Platzes stehen die Punkte am Freitag ohnehin im Vordergrund. Bisher kann Bruno Labbadia für VfL-Verhältnisse sehr ruhig arbeiten. Was sagen Sie zur als zu hart und undifferenziert empfundenen Kritik an Bundesliga-Trainern wie zum Beispiel Niko Kovac, Heiko Herrlich oder Tayfun Korkut.
Arnold: Ich finde das ehrlich gesagt immer ganz amüsant.
SPOX/Goal: Inwiefern?
Arnold: Nehmen wir als banales Beispiel mal Eintracht Frankfurt und Bayern München. Das erste Pflichtspiel der SGE war der verlorene DFL-Supercup, dann kam das Aus im DFB-Pokal. Das erste Saisonspiel ging auch verloren. Schon war Adi Hütter angezählt. Damals hat Niko Kovac alles gewonnen. Es kann doch nicht sein, dass vor vier Wochen alles gut war und jetzt schlecht - oder umgekehrt.
SPOX/Goal: Woran liegt das Ihrer Meinung nach?
Arnold: Das Fußballgeschäft ist zu schnelllebig. Es gibt keine Zeit und Ruhe mehr, es zählt nur noch: Schnell, schnell, schnell, gewinnen, gewinnen, gewinnen. Aber es zählt oftmals auch einfach die Entwicklung. Nicht jeder Tag ist gleich. Ich sehe das sehr kritisch. Der Trainer ist da oftmals ein Stück weit die ärmste Sau. Der Kopf des Trainers ist immer der erste, der rollt.
SPOX/Goal: Erwarten Sie mehr Integrität und Rückgrat von Medien?
Arnold: Es sollte sachlicher argumentiert werden. Man sollte nicht immer gleich alles über den Haufen werfen, drauftreten und sagen: 'Das ist alles Scheiße'.
Arnold fordert mehr Fingerspitzengefühl von Medien und Experten
SPOX/Goal: Wie stehen Sie Expertenrunden gegenüber?
Arnold: Die Zeit dreht sich immer weiter. Die Spieler, die jetzt ihre Karriere beenden, können das aktuelle Geschehen auch am besten einschätzen. Wie vor 30 oder 40 Jahren Fußball gespielt wurde, ist schwer mit heute zu vergleichen. Ich wünsche mir nur, dass nicht immer alles sofort hinterfragt wird.
SPOX/Goal: Manchmal macht es Sinn, Dinge zu hinterfragen.
Arnold: Klar. Aber, ob jetzt um 10 Uhr oder um 11 Uhr Training ist, ist doch unwichtig. Wir gehen umgekehrt ja auch nicht zu den Journalisten und sagen: 'Um Himmels willen! Ihr macht jetzt um 18 Uhr schon Feierabend.' So ist es aber leider im Fußball, wir hängen uns zu oft an irrelevanten Themen auf. Da ist manchmal einfach mehr Fingerspitzengefühl gefragt. Das wäre gut.
SPOX/Goal: Wie gehen Sie mit persönlicher Kritik um?
Arnold: Ich glaube, es gibt keinen Menschen, der sagt: 'Immer her mit negativer Kritik. Die finde ich am geilsten.'
SPOX/Goal: Gut möglich.
Arnold: Mit Kritik muss man einfach umgehen können. An manchen Tagen gelingt mir das besser, an manchen weniger gut. Aber wenn von außen Kritik kommt, von Leuten, die mich noch nie arbeiten gesehen haben, interessiert mich das herzlich wenig. Wenn man sich mit etwas nicht beschäftigt, ist es schwer, sich ein Urteil zu erlauben.