Seppo Eichkorn vom FC Schalke 04 im Interview: "Telefonieren mit Magath war immer schwer"

Jochen Tittmar
08. Januar 201913:43
SPOXgetty
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Josef "Seppo" Eichkorn ist ein Urgestein der Bundesliga, war bis zuletzt Chefscout beim FC Schalke 04 und steigt zur Rückrunde wieder als Co-Trainer von Domenico Tedesco ein. Der langjährige Wegbegleiter von Felix Magath spricht im Interview über den entscheidenden Anruf für seine Trainerkarriere, seine kurze Zeit als Chefcoach beim FC St. Pauli und MSV Duisburg sowie das erste Treffen mit Magath.

Zudem äußert sich Eichkorn über Schwierigkeiten in der zehnjährigen Zusammenarbeit mit Magath, das Problem zwischen Ralf Rangnick und Raul bei S04 und sein Karriereende.

SPOX: Herr Eichkorn, seit 1987 sind Sie im Profifußball unterwegs, den überwiegenden Teil davon als Co-Trainer. Stimmt es, dass Sie Ihre Eltern als Tierarzt oder Pfarrer gesehen haben?

SeppoEichkorn: Ja. Ich war aber der Meinung: Wer Messdiener ist, muss nicht unbedingt Pfarrer werden. Das war also relativ schnell erledigt. Meine Eltern und nun mein Bruder haben zu Hause am Bodensee immer noch einen Bauernhof. Den hätte ich damals übernehmen können, doch ich habe mich zunächst an einem Mathematik-Studium versucht. Das war mir aber schnell zu trocken und so kam ich zum Sport.

SPOX: Ihre Trainerlaufbahn begann 1983 mit 27, als Sie zwei Jahre lang Spielertrainer beim SV Hürth-Kendenich in der Kreisliga A waren.

Eichkorn: Ich legte 1979 mit einem Sportstudium in Köln und dem Schwerpunkt Fußball los. Nebenbei habe ich in der Gegend in der Landes- und Bezirksliga ein bisschen gekickt. Mit dem Studium habe ich schon den Wunsch verbunden, eines Tages im Fußball zu arbeiten - am liebsten als Trainer. Daher habe ich früh nach Praxiserfahrung gesucht.

SPOX-Redakteur Jochen Tittmar traf sich mit Seppo Eichkorn in Dorsten.spox

SPOX: Anschließend ist Ihre Fußballvita zwischen 1985 und 1987 leer. Was haben Sie in dieser Zeit gemacht?

Eichkorn: 1985 erwarb ich mein Diplom. Daraufhin habe ich ein bisschen in einem Fitnessstudio in Bonn und im Winter als Ski-Lehrer gejobbt. Da ich den Fußball-Schwerpunkt mit 1,0 abgeschlossen hatte, bekam ich 1986 eine Zulassung zum Fußballlehrer-Lehrgang und habe diesen auch absolviert. Anschließend wollte ich es unbedingt als Trainer versuchen.

SPOX: Das klappte bereits mit 31 Jahren - Sie wurden 1987 Co-Trainer beim FC St. Pauli und stiegen in der ersten Saison unter Cheftrainer Helmut Schulte direkt in die Bundesliga auf.

Eichkorn: Dieses Telefonat war der Türöffner für mich. Ich habe mit Helmut studiert, er hat den Fußballlehrer 1984 gemacht. Kurz darauf wurde er Co-Trainer von Michael Lorkowski bei St. Pauli. In der Saison 1986/87 war Helmut dann Co-Trainer bei Willi Reimann und rief mich an, ob ich nicht an einer ABM-Stelle im Klub interessiert sei.

SPOX: Sie begannen dann bei besagter Arbeitsbeschaffungsmaßnahme zur Integration von Jugendlichen in Sportvereinen in Hamburg.

Eichkorn: Genau. Ich war bei St. Pauli angestellt, finanziert hat das aber der Hamburger Sportbund. Es war über zwei Jahre terminiert. Ich habe das auch durchgezogen, nebenbei übernahm ich zudem die U17 von St. Pauli. Eine Saison später ging Reimann zum HSV, Schulte wurde Chefcoach und ich ab Januar 1988 neben der ABM-Stelle und der U17 noch sein Co-Trainer. Es ging direkt in die Bundesliga - Wahnsinn! Im zweiten Jahr übernahm ich zusätzlich die U19, später folgte noch die zweite Mannschaft.

SPOX: Als Schulte entlassen wurde, arbeiteten Sie noch unter dessen Nachfolgern Horst Wohlers und Lorkowski, ehe Sie im September 1992 mit 36 Jahren erstmals selbst Profi-Cheftrainer wurden und dies bis Sommer 1994 blieben - bis heute Ihre längste Amtszeit als verantwortlicher Coach. Wieso ging es damals zu Ende?

Eichkorn: Als ich Cheftrainer war, wurde Manager Jürgen Wähling neben seiner Aufgabe als sportlicher Leiter auch mein Nachfolger als Trainer der zweiten Mannschaft. Als Lorkowski ging, sagte er noch, mit dieser Mannschaft würde jeder absteigen. Es war die Saison, in der 24 Mannschaften in der 2. Liga spielten. Am Ende haben wir als 17. den Klassenerhalt geschafft, im nächsten Jahr scheiterten wir als Vierter nur knapp am Aufstieg. Wähling und ich lagen allerdings nie auf einer Wellenlänge. Von daher war es korrekt, dass einer von uns beiden gehen musste. Der Präsident hat sich dann leider für den Falschen entschieden. (lacht)

SPOX: Daraufhin zog es Sie zum MSV Duisburg, der von 1994 bis 2001 Ihre längste Station werden sollte. Sie begannen als Co-Trainer von Ewald Lienen, ihm folgten Hannes Bongartz und Friedhelm Funkel. In Ihrer letzten Saison arbeiteten Sie dann ein weiteres Mal als Cheftrainer. Hatten Sie anschließend die Schnauze voll von dem Job in der ersten Reihe?

Eichkorn: Wenn man als Co-Trainer im Profibereich anfängt, ist es natürlich auch das Ziel, eines Tages mal Cheftrainer zu werden. Diese Erfahrung habe ich bei St. Pauli frühzeitig gemacht. Das Thema war anschließend auch nicht abgeschlossen für mich. Ich war zu dem Zeitpunkt aber junger Familienvater und dann kam die Anfrage aus Duisburg. Da dachte ich, bevor ich lange auf einen Posten als Chef spekuliere, mache ich das. Als es dort dann als Cheftrainer zu Ende ging, entschied ich mich bewusst, künftig nur noch Co-Trainer sein zu wollen. Ich hatte meinen Vertrag beim MSV im Frühjahr um zwei Jahre verlängert - und drei Monate später wurde ich nach Differenzen mit Sportdirektor Detlef Pirsig während der Sommer-Vorbereitung entlassen. Das hatte mich schon geschockt.

SPOX: Woher rührt es, dass Sie die ganz große Öffentlichkeit letztlich nie gereizt hat?

Eichkorn: Ich war kein Typ für das Machtmanagement. Das sollte man als Trainer auch ein wenig beherrschen, um seinen Einfluss im Verein geltend zu machen. Auch die Öffentlichkeits- und Pressearbeit war nicht meine Stärke. Ich sah mich vielmehr als Anführer einer Mannschaft, mit der ich im Training etwas erarbeite. Es war also eine wirklich bewusste Entscheidung, auch wenn weder Felix Magath noch ich wissen konnten, dass wir anschließend zehn Jahre zusammenarbeiten würden.

SPOX: Ihre Zeit mit Magath begann 2001 beim VfB Stuttgart. Wie kam überhaupt der erste Kontakt zustande?

Eichkorn: Ich hatte just meinen Vertrag in Duisburg verlängert, als sich Felix auf Empfehlung von Bernd Hollerbach bei mir meldete. Er hatte kurz zuvor beim VfB angefangen. Wir kannten uns im Grunde nicht. Als ich beim MSV gehen musste, rief er mich wieder an. Wir haben uns zusammengesetzt, uns beschnuppert und dann sagte ich zu.

SPOX: Nach drei sehr erfolgreichen Jahren beim VfB folgten Sie Magath im Sommer 2004 zum FC Bayern. Waren Sie in diese Entscheidung frühzeitig eingebunden?

Eichkorn: Nein, Felix hat mir bis kurz vor seiner Unterschrift nichts gesagt. Ich habe ihn aber auch nicht gefragt, ob an den Spekulationen etwas dran sei. Ich dachte mir nur: Bayern würde ich auch machen. Vor dem letzten oder vorletzten Saisonspiel, als die Sache medial bereits durch war, hat er mir dann eröffnet, dass wir zu Bayern wechseln werden. Felix hatte eine Ausstiegsklausel im Vertrag, aber ich nicht. Ich musste dann erst einmal mit den VfB-Bossen sprechen, aber die waren zum Glück sehr kulant.

SPOX: Zuvor ging es beim Großteil Ihrer Zeit im Profifußball um Ab- oder Aufstieg, in München mussten Sie nun jedes Spiel gewinnen. War dieser Druck schlimmer?

Eichkorn: Das lässt sich schwer vergleichen. Man hat in München natürlich die besseren Spieler. Die Schwierigkeit ist dort aber trotzdem gegeben. Ich erachte die beiden Doublesiege daher als sehr großen Erfolg für uns. Unser Problem war, dass wir international nie über das Viertelfinale hinauskamen. Hinzu kam der Umbruch, als Michael Ballack den Verein verlassen hatte. Der wurde von uns im Trainerteam, aber auch vom Präsidium unterschätzt. Ballack mit Julio dos Santos und Ali Karimi zu ersetzen, war nicht adäquat. Das hat man erst eine Saison später nachgeholt, als man Luca Toni und Franck Ribery holte.

SPOX: Die Doublesiege 2005 und 2006 waren Ihre ersten Titel im Profifußball. War das der Höhepunkt Ihrer Laufbahn?

Eichkorn: Die ersten Titel sind natürlich sehr besonders. Grundsätzlich war einfach die Zeit mit Felix sehr erfolgreich, denn wir haben uns in jeder Saison für einen internationalen Wettbewerb qualifiziert. Mit St. Pauli drei und mit Duisburg vier Jahre in Folge in der Bundesliga zu spielen, war für die dortigen Verhältnisse aber genauso außergewöhnlich. Mit dem MSV standen wir 1998 sogar im Pokalfinale und hätten das wohl auch gewonnen, wenn Michael Tarnat nicht Bachirou Salou vom Platz getreten hätte. Ich bin auf all meine Etappen gleichermaßen stolz.

SPOX: Zur Saison 2007/08 ging es mit Magath weiter zum VfL Wolfsburg, 2009 wurden sie dort Deutscher Meister. War dieser Titel emotionaler als noch bei den Bayern?

Eichkorn: Er war vor allem überraschender. In München wird die Meisterschaft erwartet und wenn man sie dann das erste Mal holt, ist das schön, aber es ging auch nicht besonders spannend zu. Mit Wolfsburg in der Rückrunde 43 von 51 möglichen Punkten zu holen, war verrückt. Dabei lief bei weitem nicht alles glatt, wir haben einige Sitzungen mit der Mannschaft abhalten müssen, um den einen oder anderen Schlendrian zu identifizieren. Ich glaube, einen solchen Überraschungsmeister wird die Bundesliga wohl nie wieder sehen. Der emotionalste aller Momente für mich persönlich war aber eindeutig der Aufstieg mit St. Pauli 1988. Wenn ich nur daran denke, wie Dirk Zander das 1:0 in Ulm geschossen hat ...

SPOX: Noch vor dem Gewinn der Meisterschaft bestätigte Wolfsburg, dass sich Magath dem FC Schalke 04 anschließen werde. Dort begann es allmählich, dass sich Magaths Ruf in der Öffentlichkeit verschob und er vor allem mit wildem Transfergebahren und unorthodoxen Trainingsmethoden in Verbindung gebracht wurde. Wie nahmen Sie das war?

Eichkorn: Felix hat seine Grundidee, wie eine Mannschaft zu funktionieren und zu arbeiten hat. Um die Truppe zusammen zu schweißen, lässt er sie in der Trainingsarbeit auch häufig an die Grenzen gehen, um ein Gemeinschaftsgefühl zu erzeugen. Ganz am Anfang in Wolfsburg bin ich mit unseren Neuzugängen Andrea Barzagli und Cristian Zaccardo Runden gelaufen. Die haben geguckt wie ein Auto und meinten: Was machst du mit uns?

SPOX: Weil ihnen Ausdauertraining unbekannt war oder sie viele Kilometer abreißen mussten?

Eichkorn: Beides. Der übergeordnete Gedanke war, dass die Mannschaft als echte Einheit auf dem Platz steht. Da haben auch die Medizinbälle geholfen, denn ob ich Krafttraining an Maschinen mache oder Läufe mit dem Medizinball, ist kein Unterschied. Es hat den Spielern die Überzeugung gegeben, konditionell sehr stark zu sein. Sie hatten durch das Training ein gutes Gefühl fürs Wochenende.

SPOX: Hatten sie aber auch eine gute Beziehung zum Trainer oder hätten sie ihn am liebsten zum Teufel gewünscht?

Eichkorn: Natürlich gab es auch Situationen, in denen Spieler von Felix ungerecht behandelt wurden. Es war dann auch eine meiner Aufgaben, die Kritik ein wenig abzufedern oder den Spieler in den Arm zu nehmen und ihn zu beruhigen. Felix ist kein einfacher Mensch. Er schweigt lieber mal, als etwas zu sagen. Ivan Rakitic war beispielsweise nicht der Liebling von Felix, aber er hat vom ihm unglaublich profitiert. Ivan hatte unter Felix echt einen schweren Stand und wurde auch häufig als Erster von ihm kritisiert. Er hat sich aber in jedem Training reingehauen und nicht aufgegeben. Felix wollte, dass er anders spielt und er hat es letztlich geschafft, ihm vom offensiven zum defensiven Mittelfeldspieler umzuschulen - und dort glänzt er jetzt beim FC Barcelona.

SPOX: Dennoch hatte man zum Ende von Magaths Zeit in der Bundesliga den Eindruck, als würde er wenig planvoll Spieler ein- und wieder verkaufen.

Eichkorn: Er wusste aber in jeder Phase, was er macht. Es ist normal, dass man auch Spieler verpflichtet, die nicht so einschlagen, wie man sich das erhofft. In Wolfsburg hatten wir viele Volltreffer, auf Schalke war die Bilanz eher ausgeglichen. Felix konnte auch bewusst auf Spieler verzichten, wenn er glaubte, dass er nicht mit ihnen arbeiten kann. In Stuttgart trennte er sich von Krassimir Balakow, in Wolfsburg gab er mit Marcelinho unseren auffälligsten Spieler nach der ersten Saison trotz laufenden Vertrags ab, weil er der Überzeugung war, dass Zvjezdan Misimovic mannschaftsdienlicher spielen würde und die Stürmer besser einsetzen kann. So etwas sind keine Selbstverständlichkeiten.

SPOX: Am 16. März 2011 kündigte Magath bei S04, um nur zwei Tage später nach Wolfsburg zurückzukehren. Diesmal sind Sie nicht mitgegangen, Ihre Zusammenarbeit endete abrupt. Wieso?

Eichkorn: Keine Ahnung, Felix hat mich nicht gefragt. Er hatte sich diesmal anders entschieden. Ich wusste auch vorab nicht, dass er nach Wolfsburg wechseln würde. Wir hatten dann nochmal miteinander telefoniert, als er in Wolfsburg angekommen war. Ich hatte auf Schalke noch vier Jahre Vertrag und da Felix mich nicht gefragt hatte, war es eine Selbstverständlichkeit für mich, dass ich für S04 weiterarbeite.

SPOX: Kam es für Sie überraschend, dass er auf Ihre Dienste verzichtete?

Eichkorn: Nein. Zehn Jahre sind eine lange Zeit, die sehr intensiv und auch anstrengend war. Es hatte sich zudem abgezeichnet, dass es im Vorstand mit Clemens Tönnies, Peter Peters, Manager Horst Heldt und Felix zu einer Konfrontation kommen würde. Mir war klar, dass ich auf Schalke weitermachen möchte, sollte Felix gehen. Dann war es eben vorbei, zumal der Entschluss bei Felix offenbar ähnlich aussah. (lacht)

SPOX: Waren Sie zu diesem Zeitpunkt verstritten?

Eichkorn: Nein, überhaupt nicht. Wenn wir uns heute sehen, sprechen wir ganz normal miteinander. Telefonieren mit Felix war immer schwer, da ich aufgrund seines nicht seltenen Schweigens nie wusste, ob er überhaupt noch in der Leitung war. Er hat einen lieber erzählen lassen, als dass er selbst gesprochen hat. So kurz und bündig, wie wir uns getroffen haben, sind wir eben auch auseinander gegangen.

SPOX: Wie sah Ihr Verhältnis zu Magath denn grundsätzlich aus, Sie werden ja bestimmt mal aneinander gerasselt sein?

Eichkorn: Ja, klar. So sah ich auch meine Aufgabe als Co-Trainer. Ich durfte nicht nur das nachplappern, was der Cheftrainer sagt. Es ging darum, auch mal andere Richtungen zu beleuchten oder neue Möglichkeiten zu diskutieren - auch wenn sie vielleicht gar nicht zu 100 Prozent meiner eigenen Meinung entsprachen. Felix kommt vielleicht nicht besonders lustig herüber, sondern eher grimmig und zurückhaltend. Er kann aber im täglichen Umgang sehr witzig sein und gut flachsen. Ich habe mit ihm gelacht wie selten in meinem Leben, aber wir haben uns auch mal in die Wolle bekommen und eine Weile lang angeschwiegen.

SPOX: Wie kompromissbereit war Magath denn?

Eichkorn: Felix sagte häufig von Beginn an nein, er nahm meist die Opposition ein. Verlieren konnte er überhaupt nicht. Smalltalk nach Niederlagen war unmöglich. Sein Credo war: Wenn wir verlieren, hat die Mannschaft auf jeden Fall eine schwierigere Woche vor sich als nach einem Sieg. Dann wurden für alle, auch für das Team rund um das Team, die Zügel konsequent angezogen. Ich habe das auch während der Zusammenarbeit reflektiert, aber sie war letztlich fast immer erfolgreich.

SPOX: Nachfolger von Magath auf Schalke wurde Ralf Rangnick. Das ist in Sachen Trainingslehre inhaltlich ein Unterschied wie Tag und Nacht. Wie groß war er tatsächlich?

Eichkorn: Dazu war die Zeit zu kurz. Während Felix nicht viel gesprochen hat, war Ralf rhetorisch der beste Trainer, den ich je erlebt habe. Die Mannschaftssitzungen waren super strukturiert, seine Ansprache perfekt - besser kann ich es mir kaum vorstellen. Wie er gerade die taktischen Inhalte vermittelt hat, war außerordentlich und beeindruckend. Das übergeordnete Problem war, dass das Verhältnis zwischen ihm und Raul ein bisschen wie eine dunkle Wolke über uns hing. Mir war nicht klar, woher das kam.

SPOX: Nach einem halben Jahr war die Zusammenarbeit wieder beendet, da Rangnick aufgrund eines Burnouts aufhörte. Haben Sie diese Erkrankung an ihm bemerkt?

Eichkorn: Ich hatte meine Signale eher aus dem Verein erhalten, dass er in dieser Hinsicht ein Problem haben könnte. Während der täglichen Trainingsarbeit habe ich das nicht wahrgenommen. Ich hatte ein bisschen das Gefühl, dass er vor den Spielen besonders angespannt und leicht nervös war, obwohl er schon so viele Bundesligaspiele gecoacht hat. Ich konnte das selbst nicht richtig einordnen. Das war aber im Nachhinein für mich ein kleiner Hinweis.

Seppo Eichkorn: Seine bisherigen Stationen

VereinAmtszeit
FC Schalke 04seit 2009
VfL Wolfsburg2007-2009
FC Bayern München2004-2007
VfB Stuttgart2001-2004
MSV Duisburg1994-2001
FC St. Pauli1987-1994
SV Hürth-Kendenich1983-1985

SPOX: Wie haben Sie letztlich davon erfahren?

Eichkorn: Horst Heldt berief eine Sitzung ein und teilte es uns mit. Es kam schon überraschend, von heute auf morgen war er weg. Für Ralf war es aber natürlich die richtige Entscheidung, er musste die Auszeit einfach nehmen.

SPOX: Für Rangnick kam Huub Stevens, dessen Co-Trainer Sie noch über zwei Jahre lang blieben. Jens Keller arbeitete dann aber lieber mit Peter Hermann zusammen und Sie wurden daraufhin 2013 Chefscout bei den Knappen. Wie sah Ihr Alltag als Chefscout denn aus?

Eichkorn: Die Initiative ging damals von Horst Heldt aus. Ich fand den Wechsel in ein anderes Gebiet verlockend. Ich bin nicht für die Organisation des Scouting verantwortlich - das ist aktuell Axel Schuster -, sondern ich scoute vor allem live vor Ort und erstelle anschließend die Expertisen zu den Spielern. Ich bin also viel mit dem Auto unterwegs. Nicht nur hier in der Region, sondern auch in der Niederlande, in Belgien und in Teilen Frankreichs. Ich war mit dieser Wahl sehr zufrieden. Und wenn ich dann ins Rentenalter komme, höre ich auf.

SPOX: Zunächst geht es nun aber erst einmal zurück auf den Platz: Sie kehren in der Rückrunde der aktuellen Saison als Co-Trainer von Domenico Tedesco zurück. Eigentlich hatten Sie nicht mehr geplant, wieder in dieser Funktion einzusteigen. Wie kam es zum Meinungsumschwung?

Eichkorn: Ich hatte tatsächlich keinen Drang mehr verspürt, in dieser Funktion noch einmal aktiv zu werden. Jetzt aber hat mich der Verein, für den ich seit Sommer 2009 tätig bin, angesprochen. Domenico Tedesco ist mit dem Wunsch auf mich zugekommen, das Trainerteam der Profis zu ergänzen. Dem Ansinnen bin ich gerne nachgekommen. Das hätte ich aber für keinen anderen Klub als Schalke 04 gemacht.