Im Interview mit SPOX und Goal spricht der Abwehrchef von Borussia Mönchengladbach über die aktuelle Situation beim DFB, seine Rolle unter Bundestrainer Joachim Löw und einen möglichen Wechsel seines Teamkollegen Thorgan Hazard zum BVB.
Außerdem verrät Ginter, warum es ihm nicht darum geht, "sich bestmöglich zu vermarkten" und wie ein Besuch in der Freiburger Kinderklinik seine Einstellung zum Leben für immer verändert hat.
Matthias, ist es richtig, dass Sie von Ihren Teamkollegen mitunter als Streber bezeichnet werden?
Matthias Ginter: (lacht) Ja, das kommt schon mal vor. Seitdem meine Mitspieler sich aber an meine Macken gewöhnt haben, ist es weniger geworden. Ich habe einfach den Drang, jeden Tag ein bisschen mehr zu machen als die Anderen - zum Beispiel bei der Regeneration. Wenn am Tag nach einem Spiel um 10 Uhr trainiert wird, bin ich häufig schon um 8 Uhr auf dem Gelände und mache zusätzliche Übungen. Ich habe gemerkt, dass diese Extraschichten meinem Körper guttun.
Was machen Sie im Vergleich zu Ihren Kollegen außerdem anders?
Ginter: Es gibt viele Dinge, zum Beispiel trage ich beim Ausdauertraining regelmäßig eine Phantom-Maske, die die Sauerstoffzufuhr einschränkt und die Atmung erschwert. Wenn meine Teamkollegen mich so sehen würden, müssten sie bestimmt darüber lachen.
Ginter: "In solchen Momenten merkt man, worauf es wirklich ankommt"
Abseits des Platzes zeigen Sie soziales Engagement. Im Alter von 24 Jahren haben Sie eine Stiftung für benachteiligte Kinder gegründet. Wie kam es dazu?
Ginter: Mein Bruder hatte 2016 Kontakt zur Freiburger Kinderklinik und ich wurde gefragt, ob ich die Kinder mal besuchen könne. Meine Frau und ich haben sofort zugesagt und den Kindern einige Geschenke aus dem Fanshop mitgebracht. Als wir dort waren, hatten wir dann ein bedrückendes Gefühl. Wir haben schnell gemerkt, dass diese Fanartikel nicht alles sein können, was wir für die Kinder tun wollen. In solchen Momenten merkt man, worauf es im Leben wirklich ankommt. Wir wollten also helfen und haben uns deshalb entschieden, eine Stiftung zu gründen, die die Kinderklinik und weitere Einrichtungen in meiner Heimat unterstützt.
Auf Außenstehende wirkt es manchmal, als würden einige Fußballer in einer Scheinwelt leben. Das hängt teilweise auch mit getätigten Aussagen oder Social-Media-Posts zusammen. Warum sind Sie in dieser Hinsicht anders?
Ginter: Jeder muss selbst entscheiden, was und wie viel er preisgibt. Es gibt auch Profis, die nicht in den sozialen Medien aktiv sind. Ich persönlich sehe das Thema ziemlich entspannt. Ich habe nicht das Bedürfnis, Dinge wie "wichtiger Sieg" zu posten, nur um mich mitzuteilen. Das ist wahrscheinlich nicht die beste Strategie, um viele Follower zu generieren, aber es geht mir auch nicht darum, mich bestmöglich zu vermarkten.
Matthias Ginter über die Ziele mit Borussia Mönchengladbach
Lassen Sie uns zum Sportlichen kommen: Nach einer starken Hinrunde stehen Sie mit der Borussia auf dem dritten Platz. Was macht die Mannschaft in der laufenden Saison so stark?
Ginter: Im Sommer hat sich im Verein einiges verändert. Wir haben ein neues medizinisches Team mit weiteren Ärzten und Physiotherapeuten und in diesem Zusammenhang auch neue Methoden kennengelernt. Dass sich diese Umstellung bezahlt macht, sieht man schon an unserer Verletztenliste. In der vergangenen Saison hatten wir teilweise bis zu zwölf Verletzte, derzeit sind es deutlich weniger. Auch auf dem Platz hat sich mit der Systemumstellung etwas verändert. Wir sind jetzt viel variabler.
Gibt es weitere Gründe für den Erfolg?
Ginter: Die Neuzugänge wurden sehr gut integriert, viele Rädchen greifen bei uns aktuell ineinander. Außerdem haben Vereine wie Schalke, Leverkusen oder Hoffenheim mit der Dreifachbelastung zu kämpfen.
Wie sieht die Marschroute für die Rückrunde aus?
Ginter: Ich tue mich schwer, über die komplette Rückrunde zu sprechen, da wir uns Woche für Woche nur auf den kommenden Gegner konzentrieren wollen. Wir versuchen, aus dem vergangenen Jahr zu lernen und wollen nicht jeden Tag über Europa sprechen.
Aktuell stehen Sie aber auf einem Champions-League-Platz. Wie groß wäre die Enttäuschung, wenn es am Saisonende nicht für die Königsklasse reicht?
Ginter: Es wäre enttäuschend, wenn wir ähnlich gute Leistungen zeigen wie in der Hinrunde und am Ende trotzdem mit leeren Händen dastehen. Am wichtigsten ist es, dass wir wöchentlich unsere Leistung auf den Platz bringen. Dann erreichen wir unsere Ziele von ganz allein.
Bis zu Ihrer Gesichtsverletzung lief es auch für Sie persönlich sehr gut. In der Bundesliga haben Sie keine Minute verpasst und starke Leistungen gezeigt. Würden Sie sagen, dass Sie in der besten Verfassung Ihrer bisherigen Karriere waren?
Ginter: Schwierige Frage. Ich versuche im Hier und Jetzt zu leben und mich auf die Dinge zu konzentrieren, die ich beeinflussen kann. Wenn man Tag für Tag an sich arbeitet und aus seinen Fehlern lernt, wird man zwangsläufig besser. Ich möchte mich darauf aber nicht ausruhen, sondern weiter an mir arbeiten.