FC Bayern München vs. BVB im Datencheck: Von wegen Fernglas

Lars Wiedemann
28. März 201915:34
Der BVB und der FC Bayern liefern sich ein heißes Duell um den Titel.imago
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In den vergangenen Jahren hat sich lediglich die Frage gestellt, wann der FC Bayern München Deutscher Meister wird. In dieser Saison gibt es dank des BVB wieder ein echtes Titelrennen. SPOX und Goal nehmen die beiden Kontrahenten mit Hilfe der Daten von Opta unter die Lupe.

20, 13, 5, 10, 23, 20 - das sind nicht etwa die Lottozahlen der vergangenen Woche, sondern der Punktevorsprung, den der FC Bayern in den jüngsten sechs Meisterjahren nach 26 Spieltagen auf den ärgsten Verfolger hatte. Vor fünf Jahren, am 25. März 2014, kürten sich die Münchner gar zum ersten "März-Meister" in der Bundesliga-Geschichte.

Die Langeweile fand in dieser Spielzeit ein Ende, erst zum zweiten Mal überhaupt (nach 2015/16) haben zwei Mannschaften nach 26 Partien mindestens 60 Punkte auf dem Konto. Der FC Bayern steht zwar wieder an der Tabellenspitze, allerdings nur aufgrund der um sieben Treffer besseren Tordifferenz.

Es ist die spannendste Bundesliga-Saison seit 2009/10, als ein stolpernder Rekordmeister gar nach 32 Spieltagen gleichauf mit dem damaligen Verfolger Schalke 04 lag (jeweils 64 Punkte), am Ende aber dennoch mit fünf Punkten Vorsprung Meister wurde.

Mitte Dezember 2018 schien das Rennen um die deutsche Meisterschaft beinahe gelaufen. Der BVB stand nach 15 Spieltagen als Herbstmeister fest und lag neun Punkte vor den Verfolgern aus Mönchengladbach und München. Bayern-Präsident Uli Hoeneß nannte es zwischenzeitlich "überheblich, von der Meisterschaft zu reden".

SPOXopta

Nur Hoffenheim verspielte noch größeren Vorsprung

Nur einmal zuvor in der Bundesliga-Geschichte verspielte eine Mannschaft einen derart großen Vorsprung - 2008/09 hatte Hoffenheim nach 18 Spieltagen gar elf Zähler Vorsprung auf den späteren Deutschen Meister aus Wolfsburg.

Mit Ruhe und der Gewissheit, dass der BVB irgendwann eine Schwächephase haben werde, eilte der FC Bayern in den letzten Wochen von Sieg zu Sieg und pirschte sich wieder an die Spitze heran. An den folgenden neun Spieltagen machte der Rekordmeister eben jene neun Punkte gut, zog am 24. Spieltag mit den wackelnden Westfalen gleich und übernahm am 25. Spieltag wieder die Tabellen­führung. Der Serienmeister gewann nach dem "dilettantischen" (Hoeneß) 3:3 gegen Fortuna Düsseldorf 13 der folgenden 14 Bundesliga-Spiele.

Dortmund war bis zum 16. Spieltag und der 1:2-Niederlage in Düsseldorf ungeschlagen und hatte eine um zwölf Tore bessere Tordifferenz als Bayern München. Das ist nun alles Geschichte und es geht wieder fast bei null los. Auch das direkte Duell am 28. Spieltag wird vermutlich noch keine Vorentscheidung im Titelrennen bringen.

Dennoch wagen wir mit der Hilfe der Daten von Opta einen Vergleich beider Teams und schauen dabei auf die Schlüsselspieler und einzelne Mannschaftsteile der beiden Kontrahenten - ein Vergleich, der zeigt, wie ausgeglichen die Kader besetzt sind.

Die Torhüter: Manuel Neuer und Roman Bürki

Die deutsche Nummer eins ist beim FC Bayern ohne echte Konkurrenz und genießt weiterhin ein hohes Ansehen. Doch seine Reputation hat in dieser Saison gelitten. Nicht nur, weil er in der Hinrunde zwischenzeitlich 437 Minuten in der Bundesliga ohne gehaltenen Schuss geblieben war.

Unter den aktuellen Stammtorhütern im Oberhaus hat keiner eine so schwache Quote wie Neuer (58%). Auch bei den gegnerischen Großchancen ist er nicht mehr der Neuer vergangener Tage: Lediglich 28% der Großchancen konnte der 34-Jährige vereiteln. Nur Leverkusens Lukas Hradecky ist hier schlechter (27%).

SPOXopta

BVB-Viererkette beschert Bürki Arbeit

Vorteil Roman Bürki also? Ja und nein. Denn zur Defensive gehört nicht nur der Torwart. Die unerfahrene BVB-Viererkette sorgt auch dafür, dass ihr Schweizer Schlussmann sicher nicht über Unterbeschäftigung klagt.

Bürki hielt mehr als doppelt so viele Schüsse (68) wie Neuer (32) und sah sich insgesamt 42 Großchancen der Gegner gegenüber (Neuer nur 26). Dass sich Bayerns Abwehr um Jerome Boateng, Mats Hummels und Joshua Kimmich gefangen und am Ende leichte Vorteile hat, zeigt auch die Anzahl der Gegentreffer an den letzten 14 Spieltagen (zehn).

Schlüsselposition im Mittelfeld: Thiago und Axel Witsel

Im Mittelfeld hat der ehemalige Sechser Niko Kovac die Balance in der Winterpause gefunden, während der BVB etwas aus dem Gleichgewicht geraten ist. Dennoch ist das Duell der spielstarken Sechser Thiago und Axel Witsel eines auf Augenhöhe.

Beide verteilen die Bälle im Mittelfeld mit einer unheimlichen Ruhe und Präzision. Jeweils über 90% ihrer Pässe finden einen Mitspieler.

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Thiago mit starken Zweikampfwerten

Im Duell Mann-gegen-Mann gehören Thiago und Witsel zu den Besten auf ihrer Position. Etwas überraschend ist dabei das starke Zweikampfverhalten des Spaniers, der mit 61% sogar besser als sein Nebenmann Javi Martinez (57%) ist.

Apropos Martinez: Mit dem spanischen Duo in der Startelf gewann der FC Bayern alle acht Bundesliga-Spiele in dieser Saison. Beim Dortmunder 3:2-Sieg in der Hinrunde fehlte übrigens Thiago...

Robert Lewandowski und Marco Reus: Die Torjäger

Die Tore von Robert Lewandowski und Marco Reus werden im Kampf um die Meisterschaft entscheidend sein. Der Pole führt aktuell mal wieder die Torjägerliste an (18 Tore) und könnte zum vierten Mal bester Torjäger der Bundesliga werden. Nur Gerd Müller holte sich öfter die Kanone (sieben Mal).

Auf der anderen Seite Reus, der 15 Treffer erzielte und als Kapitän ein echter Leader beim BVB ist. Reus übertraf die Erwartungen - auch wenn er einige Großchancen liegen ließ - und schoss rund ein Tor mehr als zu erwarten gewesen wären.

Der ehemalige Borusse Lewandowski liegt hingegen fast fünf Tore hinter seinem "Expected Goals"-Wert. Aber: Lewandowski bereitete im Bayern-Trikot noch nie so viele Tore vor wie in der laufenden Spielzeit (sieben).

SPOXopta

Alcacer ist wieder menschlich geworden

Unter den Torjägern wäre eigentlich auch Paco Alcacer zu nennen. Doch der Spanier, der in der Hinrunde mit zehn Jokertoren Liga-Geschichte schrieb, ist wieder menschlich geworden. 2019 legte er nur noch zwei Tore nach.

Das Momentum liegt aktuell auf Bayern-Seite. Doch wer am Ende die Meisterschale in die Höhe recken darf, ist völlig ungewiss. Nur eines ist sicher: Die Meisterschaft wird im zehnten Jahr in Folge zwischen Bayern München und Borussia Dortmund entschieden.