Alle fünf Kandidaten der vereinsinternen Opposition setzten sich bei der Aufsichtsratswahl durch, Kind muss seine Übernahmepläne beim Bundesligisten wohl gegen deutlich größere Widerstände durchsetzen. "Es ist ein eindeutiges Ergebnis, es war immer klar, das die Szene gut organisiert ist", sagte Kind: "Das ist ein demokratischer Wahlvorgang."
Im Showdown nach vielen Monaten der öffentlichen Auseinandersetzung mit der vereinsinternen Opposition, inklusive fortwährender juristischer Scharmützel, war es zuvor hoch hergegangen. Bei der Wahl durch 2087 stimmberechtigte Mitglieder setzten sich Carsten Linke, Nathalie Wartmann, Jens Boldt, Lasse Gutsch und Ralf Nestler durch. Designierter neuer Klub-Präsident ist Sebastian Kramer.
Martin Kind bleibt Geschäftsführer der Profiabteilung
"Der Unmut ist über die letzten Jahre gewachsen", sagte Linke, in Hannover als "Fußballgott" und Held der Aufstiegsmannschaft von 2002 höchst beliebt: "Wir wollen Transparenz in den Entscheidungen und dass die Mitglieder bestimmen können. Wenn die Mitglieder entscheiden, dass der Verein an Martin Kind übergehen kann, werden wir das auch demokratisch akzeptieren und leben."
Kind hatte sich in seiner Abschiedsrede als Präsident zuvor kämpferisch gegeben. Er betonte die Erfolge, die der e.V. und die Profifußballer unter seiner Führung erzielt hätten. Sein "Zwei-Säulen-Modell" aus Profi- und Breitensport sei ein "Erfolgsmodell" für den Verein, betonte Kind, der Geschäftsführer und Hauptinvestor der ausgegliederten Profiabteilung bleibt.
Bei der Beurteilung der Situation der Bundesligamannschaft nahm der wortgewaltige Funktionär kein Blatt vor den Mund. "Wir sind natürlich aktuell dramatisch gefährdet", sagte Kind: "Ich finde es zum kotzen." Am Freitagabend hatte sich das Team von Thomas Doll mit einem 0:5 im Test gegen den Zweitligisten Arminia Bielefeld die nächste Blamage geleistet. "Das war beschämend", sagte Doll, der auch die letzten vier Ligaspiele verlor und mit seiner Mannschaft Vorletzter ist.
Gespaltenes Hannover? "Es ist sicher nicht einfach"
Der Klub werde dennoch kämpfen, um den Klassenerhalt noch zu erreichen, sagte Kind in seiner rund 17 Minuten langen Ansprache. Wirtschaftlich sei dieses Jahr für die Profiabteilung "desaströs wie die sportliche Situation." Kind kündigt ein Minus von 18 Millionen Euro an, in der 2. Liga würden weitere 17 Millionen fehlen. Im Falle des Abstiegs würde "ein Neuaufbau notwendig", sagte er.
Kind, der faktisch schon mit drei weiteren Geldgebern das Sagen in der Profiabteilung hat, will über seinen 50+1-Antrag die Mehrheit und damit die volle Entscheidungsgewalt übernehmen. Nachdem die DFL sein Gesuch zunächst abgelehnt hatte, steht eine Entscheidung des Ständigen Schiedsgerichts noch aus.
Die Tendenz soll laut Informationen des Tagesspiegel nun aus Kinds Sicht positiv sein - doch er wird sich wohl deutlich stärker mit dem neuen Aufsichtsrat und Vorstand des e.V. abstimmen müssen. Ob der Verein gespalten sei nach dieser konfliktgeladenen Mitgliederversammlung, wurde Kind abschließend gefragt. Die Antwort ließ tief blicken: "Es ist sicher nicht einfach."