Mehrere Jahre lang wurde Tyler Adams jeden Tag von seiner Mutter über 100 Kilometer zum Training gefahren, damit er tun konnte, was er am liebsten macht: Fußball spielen. Spätestens nach seinem Wechsel von den New York Red Bulls zu RB Leipzig in die Bundesliga haben sich die unzähligen Stunden im Auto ausgezahlt.
Inzwischen lebt der 19-jährige Amerikaner seinen Traum, ist Nationalspieler und kickt in einer der besten Ligen der Welt. Im Interview mit SPOX und DAZNspricht Adams über seinen beschwerlichen Weg in die Bundesliga, sein Studium neben dem Profifußball und seine Zeit in New York.
Außerdem schwärmt er von gemeinsamen Trainingseinheiten mit seinem großen Idol Thierry Henry und verrät, warum er seinen neuen Trainer Julian Nagelsmann für einzigartig auf der Welt hält.
Tyler, neben Ihrer Fußballkarriere studieren Sie Sportpsychologie per Fernstudium und beschäftigen sich viel mit menschlichem Verhalten. Woher kommt dieses Interesse?
Tyler Adams: Anders als andere Teenager habe ich als Profisportler leider nicht die Zeit, auf ein normales College zu gehen. In meiner Jugend drehte sich alles nur um den Fußball, doch ich will parallel nun einen Abschluss machen, um für meine Zukunft gerüstet zu sein. Die Arbeit des Gehirns fasziniert mich, und ich will lernen, wie menschliche Handlungen und Interaktionen funktionieren. Dieses Wissen möchte ich eines Tages mit dem Sport kombinieren und Top-Sportlern dabei helfen, auf einem noch höheren Niveau zu performen.
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Wie lassen sich die Inhalte aus dem Studium auf das tägliche Training anwenden?
Adams: In Leipzig haben wir einen Sportpsychologen, mit dem ich mich nach den Einheiten regelmäßig über meine Unterrichtsinhalte austausche. Viele Dinge aus dem Studium helfen mir schon jetzt. Wir lernen beispielsweise, wie man mit Druck umgeht und besprechen verschiedene Methoden. Es kann mir und meiner Leistungsfähigkeit nur helfen, wenn ich mich in meiner Freizeit mit solchen Dingen beschäftige.
Sollten sich mehr Fußballer neben ihren Profikarrieren weiterbilden?
Adams: Das ist ein interessantes Thema. Die meisten Profis konzentrieren sich voll auf den Fußball, und das ist natürlich sehr wichtig. Trotzdem hat man in unserem Beruf unter der Woche relativ viel Freizeit, gerade wenn man noch keine Familie hat. Es ist immer gut, sich und sein Hirn zu fordern und immer etwas dazuzulernen. Ich bin noch jung, und ich will mich auch in diesem Bereich weiterentwickeln und neue Horizonte erschließen.
Also sieht man Sie in Ihrer Freizeit eher beim Lernen statt an der PlayStation?
Adams: (lacht) Auch ich spiele manchmal PlayStation - ganz so extrem ist es nicht. Manchmal muss ich abschalten und spiele mit meinen Freunden oder Brüdern das ein oder andere Spiel. Jeder Teenager liebt Videospiele, auch ich habe früher mehr gespielt. Doch nun wurde mir klar, dass es mir mehr bringt, ein Buch zu lesen, wovon dann etwas hängen bleibt.
Stimmt es, dass Ihre Abschluss-Zeremonie auf der High-School extra vorverlegt wurde, weil Sie am Nachmittag ein MLS-Spiel hatten?
Adams: Die Feier wurde nicht für alle Absolventen vorverlegt, sondern nur für mich. Mein Vater arbeitet an der Schule und hat mit dem Direktor vereinbart, dass ich meine eigene kleine Zeremonie bekomme. Während es für die anderen erst um zwölf Uhr losging, habe ich schon um sieben Uhr morgens mein Diplom bekommen. Ich bin nur einmal kurz über die Bühne gegangen, es wurden Fotos gemacht, und ich bin sofort nach New York City gefahren, wo unser Spiel am Nachmittag stattfand. Die Partie ging zwar verloren, aber am wichtigsten war, dass ich meine Mutter mit der Zeremonie glücklich machen konnte.
Wie hat es sich angefühlt, das Diplom allein zu bekommen?
Adams: Es war eine lustige Situation, denn die Feierlichkeiten fanden in einer riesigen Halle mit mehreren Tausend Sitzplätzen statt. Als ich auf die Bühne gerufen wurde, war die Halle aber natürlich fast komplett leer. Nur meine Familie saß in der ersten Reihe und hat mir zugejubelt.
Wie wichtig war die Zeremonie für Sie?
Adams: Um ehrlich zu sein, war sie mir persönlich nicht so wichtig. Natürlich habe ich mich gefreut, meinen Abschluss in der Tasche zu haben, doch im Endeffekt war es meiner Mutter deutlich wichtiger als mir. Es hat sie ungeheuer glücklich gemacht, mich mit dem Diplom zu sehen.
Ihre Mutter hat Sie schon früh in Ihrer Karriere sehr unterstützt. Zu Ihren Jugendzeiten fuhr sie täglich mehr als 100 Kilometer, um Sie zum Training nach New Jersey zu bringen.
Adams: Seit meinem ersten Tag in der Red-Bull-Akademie wusste ich, was sie für mich leistet und wie sehr sie mir hilft. Als ich erstmals zum Training der Red Bulls eingeladen wurde, habe ich sie angebettelt, weil es mein Traum war, Profifußballer zu werden und ich die Akademie als große Chance gesehen habe. Meine Mutter konnte mir diesen Wunsch nicht abschlagen, da es für sie immer am wichtigsten war, dass ich tue, was mich glücklich macht. Ich bin unglaublich dankbar, dass sie mich in der Jugend derart unterstützt hat. Während andere Eltern ihre Kinder nur wenige Minuten zum Training bringen mussten, fuhr meine Mutter täglich mehrere Stunden - alles damit ich meinen Traum leben und in einer der weltbesten Akademien trainieren konnte.
Hat Sie diese Erfahrung gelehrt, noch dankbarer zu sein?
Adams: Meine Mutter hat für mich auf viel verzichtet und alles getan, mich glücklich zu machen. Während ich in der Schule war, hat sie gearbeitet und ist direkt im Anschluss mit mir nach New Jersey zur Akademie gefahren. Meine Mutter war immer mein großes Vorbild und es ist mein Ziel, meinen eigenen Kindern eines Tages ähnliche Werte zu lehren, wie sie es bei mir getan hat.
Welche Rolle spielt Ihre Mutter heute in Ihrem Leben?
Adams: Inzwischen unterstützt sie mich anders als zu der Zeit, in der ich noch zu Hause gewohnt habe. Aber sie ist noch immer der wichtigste Mensch für mich. Es war schwer für sie, mich nach Deutschland ziehen zu lassen. Die Familie ist das Allerwichtigste für mich.
Über sich selbst sagen Sie, Sie sind ein "Mama-Kind". Wie schwer fällt es Ihnen, nun so weit von Ihrer Familie entfernt zu leben?
Adams: Meine Mutter war alleinerziehend und lange Zeit die einzige Bezugsperson in meinem Leben. Wir sind zusammen durch schwere Zeiten gegangen. Sie war für mich da, und ich war für sie da. Natürlich ist es aktuell nicht einfach, so weit von zu Hause entfernt zu sein. Aber ich bin nicht der Typ, der großes Heimweh hat. Ich lebe meinen Traum. Fußball macht mich glücklich und ich versuche, so viel zu spielen wie möglich. Einerseits ist es für meine Familie zwar schwer, dass ich so weit weg bin, doch andererseits sind sie meine größten Fans und schauen jedes Spiel von mir.
Dabei wäre es doch normal, Heimweh zu haben. Sind Sie wirklich so cool?
Adams: Es ist wirklich verrückt. Trotz der Entfernung habe ich täglich Kontakt zu meiner Familie - egal ob mit meinem Bruder, meiner Mutter oder meinen Großeltern. Ich weiß, dass sie mich unterstützen und immer für mich da sind, wenn ich sie brauche.
Zu Weihnachten haben Sie Ihrer Mutter einen neuen Mercedes geschenkt. Wie hat sie reagiert?
Adams: (lacht) Die Geschichte hat etwas Ironisches, da sie zu diesem Zeitpunkt auf Krücken ging und gar nicht fahren durfte. Verglichen mit dem, was sie für mich getan hat, war es nur eine winzig kleine Geste. Weil sie mich in den vergangenen Jahren unzählige Kilometer durch New York gefahren hat, dachte ich, sie hat ein neues Auto verdient. Zu sehen, wie sehr sie sich darüber gefreut hat, bedeutet mir alles. Meine Mutter hätte niemals gefordert, dass ich ihr ein solch teures Geschenk mache, aber in meinem Inneren wusste ich, dass sie es einfach verdient.
Auch Ihre Freundin lebt noch in den USA. Wie schwer fällt Ihnen die Fernbeziehung?
Adams: Man muss diese Phase einfach überstehen. Ich bin davon überzeugt, dass die Zeit kommt, in der alles passt und wir auch zusammen leben können. Noch geht sie aufs College und arbeitet an ihrem Diplom.
Als Sie in Leipzig vorgestellt wurden, haben Sie gesagt, dass die Momente abseits des Platzes, die größte Herausforderung für Sie werden. Wie kommen Sie bislang in Deutschland zurecht?
Adams: Um ehrlich zu sein, läuft alles viel besser, als ich es mir vorgestellt habe. Eine neue Stadt, eine neue Kultur und neue Restaurants zu erkunden, macht mir riesigen Spaß. Als ich vor meiner Vertragsunterschrift in Deutschland gelandet bin, wütete ein Schneesturm und ich wäre am liebsten sofort zurück nach New York geflogen. (lacht) Doch das Wetter ist besser, als ich dachte, und ich fühle mich in Leipzig sehr wohl. Die Mannschaft hat mich toll aufgenommen. In kurzer Zeit habe ich gute Freunde gefunden. Da das Team sehr jung ist, kann man wirklich mit jedem Mitspieler Zeit verbringen.
Mit welchem Mannschaftskameraden verstehen Sie sich am besten?
Adams: Emile Smith-Rowe ist ebenfalls neu in Deutschland, in meinem Alter und spricht Englisch. Doch auch Matheus Cunha ist ein wirklich cooler Typ. Seit ich hier bin, hat er mir enorm geholfen. Er spricht zwar weder fließend Deutsch noch Englisch, doch wir verstehen uns einfach sehr gut. Er und seine Freundin wohnen im gleichen Haus wie ich, daher verbringen wir viel Zeit miteinander.
Was ist die verrückteste Erfahrung, die Sie in Deutschland bisher gemacht haben?
Adams: Als ich im Januar in Deutschland angekommen bin, konnte ich praktisch kein Deutsch und habe nur einzelne Wörter verstanden. Im Supermarkt wollte ich kurz nach meiner Ankunft Lebensmittel einkaufen und mit Karte zahlen. Ich steckte meine EC-Karte also ins Kartenlesegerät, doch es funktionierte nicht. Die Kassiererin konnte kein Englisch hat mir mit Händen und Füßen versucht zu erklären, dass ich meine PIN eingeben muss, doch ich habe es einfach nicht verstanden. Schlussendlich habe ich in bar bezahlt und wir haben beide gelacht.
Was war das lustigste, das Sie in Deutschland erlebt haben?
Adams: Auch wenn meine Mutter es nicht gerne hören wird. Als ich mit Emile im Auto unterwegs war, wurden wir geblitzt und das rote Licht hat mich total erschreckt. Das fanden wir ziemlich lustig. (lacht)
Gibt es Dinge aus den USA, die Sie in Deutschland vermissen?
Adams: Neben der Familie und meinen Freunden gibt es eigentlich nichts, was ich wirklich vermisse. Wenn ich Besuch bekomme, bringt er mir aber immer meine Lieblingssüßigkeiten aus den USA mit, die ich hier nicht kaufen kann. (lacht) Trotzdem fühle ich mich in Deutschland langsam heimisch. Als ich zuletzt mit der Nationalmannschaft in den USA unterwegs war, musste ich plötzlich allein mit meinen Sachen nach Amerika reisen. Sonst war es immer genau anders herum. Das war wirklich ein komisches Gefühl.
Wie haben Ihnen Ihre Landsleute Christian Pulisic, Josh Sargent und Weston McKennie geholfen, in Deutschland anzukommen?
Adams: Christian und Weston leben schon einige Jahre in Deutschland und kennen das Land wirklich gut. Ich konnte sie alles Fragen und habe wertvolle Tipps bekommen. Ich freue mich immer sehr, gegen sie zu spielen und sie zu sehen. Es tut gut, Gesichter zu sehen, die man schon seit der Kindheit kennt. Auch wenn man nach dem Spiel vielleicht nur eine halbe Stunde miteinander sprechen kann, bedeuten mir diese Gespräche sehr viel.
Welche Rolle hat Pulisic bei Ihrem Wechsel in die Bundesliga gespielt?
Adams: Christian kam mit 14 nach Deutschland und hat den Weg für viele junge Amerikaner geebnet. Vor ihm gab es keinen US-Amerikaner, der schon in jungen Jahren Erfolg im Ausland hatte. Zu sehen, wie er sich in Dortmund entwickelt hat und nun sogar zum FC Chelsea in die Premier League wechselt, ist großartig. Ich mache gerade den gleichen Schritt wie er, doch er hatte es viel schwerer, da er jünger war und weniger Spieler hatte, an denen er sich orientieren konnte. Christian ist ein Vorbild für viele junge Amerikaner - auch für mich.
Wie steht es um Ihre Deutschkenntnisse?
Adams: Es ist definitiv keine einfache Sprache, aber einfach rüberzukommen ist der beste Weg, Deutsch zu lernen. Ich kenne schon eine Menge Vokabeln, doch gerade der Satzbau macht mir noch große Probleme. Mein größtes Problem ist, dass ich nicht sprechen will, bis mein Deutsch wirklich gut ist. Wir haben in der Mannschaft zahlreiche ausländische Spieler und oftmals ist es am einfachsten, Englisch zu sprechen. Selbst die Mitarbeiter im Verein sprechen meist Englisch mit mir, deshalb muss ich weiter geduldig sein.
Schon von klein auf haben Sie davon geträumt, Fußballprofi zu werden. Gab es Phasen in denen Sie daran gezweifelt haben, ob es all die harte Arbeit wirklich wert ist?
Adams: Ich wusste, dass es nicht immer gut laufen kann und auch schwierige Phasen kommen werden. Doch der Gedanke, mich gegen all die Widerstände durchzusetzen, motiviert mich enorm. Als Kind ging es beim Fußball in erster Linie darum, Spaß zu haben. Doch schon damals war ich unglaublich ehrgeizig und wollte immer gewinnen. Ich hasse Niederlagen mehr als alles andere auf der Welt.
Mussten Sie aufgrund der Karriere in der Jugend auf viele Dinge verzichten?
Adams: Da gab es einige Sachen. Aufgrund des Fußballs konnte ich nicht aufs College gehen und neue Leute kennenlernen. Ich weiß nicht, wie oft meine Freunde mich mit auf Partys nehmen wollten, ich aber absagen musste, weil ich am Folgetag ein Spiel oder Training hatte - das ist die Geschichte meines Lebens. Ich musste nein zu vielen Dingen sagen. Aber ich liebe, was ich tue und bereue keine einzige verpasste Party.
Schon in jungen Jahren galten Sie als großes Talent und kommender Nationalspieler. Wie sind Sie mit dem Druck umgegangen, der schon als Kind auf Ihnen lastete?
Adams: Ich genieße jeden Moment auf dem Platz und weiß zu schätzen, welche großartige Möglichkeiten mir in meinem Leben geboten worden sind. Trotzdem ist all dies nur mit sehr harter Arbeit möglich gewesen. Ich versuche das Trainerteam jeden Tag aufs Neue zu überzeugen, dass ich in die Mannschaft gehöre - etwas anderes habe ich unter der Woche nicht im Kopf. Es geht wirklich nur darum, hart zu arbeiten und dabei auf dem Boden zu bleiben. Druck ist Bestandteil des Profisports, denn es gibt in jeder Karriere Momente, in denen man entweder scheitert oder triumphiert. Die Kunst ist es, in diesen Momenten bereit zu sein und die Möglichkeiten zu ergreifen, die einem geboten werden.
Wie schaffen Sie es, auf dem Boden zu bleiben, wenn in den USA ein regelrechter Hype um Sie ausbricht? Schon jetzt kennt Sie dort jeder Fußballfan.
Adams: Ich glaube, es ist Teil meiner Persönlichkeit, auf dem Boden zu bleiben und nicht abzuheben. Ich blende den Hype weitgehend aus. Selbst wenn ich gut gespielt habe, bin ich niemand, der besonders stolz darauf ist und sich noch fünfmal die Highlights des Spiels anschaut - egal, ob ich ein Tor geschossen oder vorbereitet habe. Diese Dinge passieren einfach, wenn ich gut in Form bin und meiner Mannschaft bestmöglich helfe. Auch die sozialen Medien versuche ich in diesen Phasen auszublenden. Ich lese nach dem Spiel bei Twitter keine Lobeshymnen oder will eine Marke aufbauen - das bin nicht ich. Seit ich das erste Mal auf dem Platz stand verhalte ich mich gleich und vertraue den gleichen Werten. Egal, ob als Profi oder in der Jugend. Als harter Arbeiter ist es für mich am wichtigsten, ehrlich zu mir selbst zu sein - das sagen mir meine Großeltern bis heute vor jedem Spiel. Ich werde nie jemand sein, der in ausgefallenen Klamotten herumläuft und auffälligen Schmuck trägt. Ich bin einfach ein ganz normaler Junge, der gern Fußball spielt.
Als einer der ersten Spieler aus der Akademie der NY Red Bulls haben Sie es bis in die Nationalmannschaft geschafft und sind heute schon Vorbild für viele junge Amerikaner. Wie fühlt sich das an?
Adams: Es ist ein tolles Gefühl, plötzlich Vorbild von Nachwuchsspielern zu sein. Ich habe das große Glück, meinen Traum zu leben und arbeite jeden Tag hart, um mich zu verbessern. Viele junge Spieler wollen nun einen ähnlichen Weg einschlagen und es macht mich glücklich, der Gesellschaft in meiner Vorbildfunktion etwas zurückgeben zu können. Mein jüngerer Bruder Dylan hat ebenfalls in der Akademie gespielt und zu mir aufgeschaut. Deshalb wollte ich schon in der Jugend das bestmögliche Vorbild für ihn sein.
Wer war Ihr Vorbild, als Sie jünger waren?
Adams: Thierry Henry. Ich habe ihn schon bei Arsenal und dem FC Barcelona bewundert und mit seinem Wechsel nach New York stand für mich fest, dass ich eines Tages zusammen mit ihm auf dem Feld stehen möchte. Für ein gemeinsames Spiel hat es zwar nicht gereicht, aber als ich die ersten Male mit den Profis trainiert habe, war er noch Teil des Teams. Dort mit Henry zusammenzuspielen war eine großartige Erfahrung.
Wie lief Ihre erste Begegnung ab?
Adams: Plötzlich mit dem Mann in der Kabine zu sitzen, der jahrelang mein großes Vorbild war, komplett verrückt. Da er bis heute gut mit Bradley Wright-Philipps befreundet ist, ist er gelegentlich noch in New York. Nach einem Spiel in der vergangenen Saison kam er auf mich zu und sagte mir, dass ich sehr gut gespielt hätte. Es war unglaublich, und ich wusste erst gar nicht, wie ich reagieren soll. Zum Glück habe ich ihn nach einem gemeinsamen Foto gefragt.
Inwieweit haben Sie die Bundesliga während Ihrer Jugend verfolgt?
Adams: Meine Begeisterung für die Bundesliga begann mit dem Debüt von Christian Pulisic und dem Aufstieg Leipzigs. Als Teil der Red-Bull-Familie war der Aufstieg bei uns damals ein großes Thema und fortan habe ich fast jedes Spiel geschaut. Besonders zu großen Spielern wie Naby Keita oder Emil Forsberg habe ich immer aufgeschaut - vor allem, weil mir klar war, dass auch ich die Möglichkeit bekommen könnte, dort zu spielen, wenn ich mich gut entwickle.
Im Januar haben Sie diesen Schritt tatsächlich geschafft. Wie haben Sie Ihr Debüt gegen Fortuna Düsseldorf in Erinnerung?
Adams: Zuallererst erinnere ich mich an die drei Punkte für das Team. Ich wollte einfach rausgehen und überzeugen. Ich habe selbst nicht damit gerechnet, dass ich so kurz nach meinem Transfer mein Debüt feiern darf. Ein paar Tage vor dem Spiel gegen Düsseldorf sprach mich das Trainerteam auf meine Lieblingsposition an und deutete an, dass ich gegen die Fortuna zum Einsatz kommen könnte - und plötzlich stand ich in der Startelf.
Sie spielen in Leipzig mit einigen großen Namen zusammen. Wer beeindruckt Sie am meisten?
Adams: Wir haben eine unglaublich junge und talentierte Mannschaft und jeder von uns verdient es, auf dieser Bühne zu spielen. Doch Emil Forsberg ragt in unserer Mannschaft heraus. Teamkollegen wie Emil zu haben, ist großartig, denn ich kann jeden Tag noch etwas von ihm lernen - sowohl sportlich als auch menschlich.
Von wem haben Sie seit Ihrer Ankunft in Leipzig am meisten gelernt?
Adams: Yussuf Poulsen hat mir gerade in den ersten Wochen enorm geholfen, mich in Deutschland zurechtzufinden. Er hat wirklich jede Kleinigkeit für mich übersetzt und war auch in meiner Freizeit für mich da. Er hat mir zum Beispiel gezeigt, dass in Leipzig vereinzelnd Kinofilme auf Englisch gezeigt werden und mich eingeladen.
In Deutschland ist RB Leipzig noch immer umstritten und wird von einigen Leuten als "Kommerz-Klub" bezeichnet. Wie denken die Fans in den USA über die Red-Bull-Vereine?
Adams: Vor einigen Jahren gehörte New York zu den unbeliebtesten Vereinen der MLS. Da Spieler wie Tim Cahill oder Thierry Henry verpflichten wurden, dachten viele Leute, Red Bull gibt einfach nur viel Geld aus, ohne einen Titel zu gewinnen. Ähnlich wie in Leipzig liegt nun auch in New York der Fokus auf der Entwicklung junger Spieler. Inzwischen zählt New York deshalb zu den jüngsten Mannschaften der MLS, mit den meisten Spielern aus der eigenen Jugend. Von außen heißt es oft, dass Red Bull das meiste Geld und deshalb auch Vorteile hat. Unter dem Strich wird das Geld aber sehr gut investiert und hilft jungen Spielern dabei, sich weiterzuentwickeln. Sowohl in Leipzig als auch in New York stehen jede Woche zahlreiche Spieler auf dem Platz, die höchstens 21 Jahre alt sind - das findet man weder in der Bundesliga noch in der MLS bei anderen Vereinen.
Julian Nagelsmann wird Leipzig zur kommenden Saison übernehmen. Hatten Sie bereits Kontakt zu ihm?
Adams: Ja, wir haben über die Zukunft gesprochen, und es wird unglaublich spannend, bald von einem großartigen Trainer wie ihm trainiert zu werden. Obwohl er noch so jung ist, hat er in Deutschland einen ausgezeichneten Ruf. Es ist außergewöhnlich, wie er Spieler entwickeln kann und was er in Hoffenheim geleistet hat. Er hat mich bereits beobachtet und mir gesagt, dass er sich freut, mich zu trainieren.
Für viele Experten gilt er als das größte Trainertalent Deutschlands. Was wissen Sie über seine Arbeit?
Adams: Er hat eine komplett eigene Spielidee und achtet sehr auf Details. Die Art und Weise, in der er auf jeden einzelnen Spieler eingeht, ist fast einzigartig in der Welt. Die variable Spielweise von Hoffenheim war außergewöhnlich, da in der Verteidigung ständig zwischen Dreier- und Viererkette umgestellt wurde. Zu sehen, wie sie in der Champions League gegen Manchester City gespielt haben, war unglaublich interessant, denn es gab Phasen, in denen sie dominant gepresst und immer den Ball haben wollten. Er ist ein einzigartiger Trainer und es wird toll, mit ihm zu arbeiten.
Gerade als Spieler sind diese ständigen Systemwechsel allerdings nicht immer einfach.
Adams: Das kann natürlich sein, aber genau diese hohen Ansprüche machen ihn zu einem solch guten Trainer. Er schafft es, jedem Spieler zu vermitteln, welche Aufgaben er hat und geht dabei auf sehr viele Details ein. Es ist mit Sicherheit nicht einfach, aber auf diese Art und Weise entwickelt er jeden einzelnen Spieler.
Serge Gnabry sagte vor kurzem, dass RB mit Nagelsmann auf dem Weg zu einer echten Großmacht sei und dem FC Bayern gefährlich werden könnte. Hat er recht?
Adams: Es wird immer gesprochen und es heißt, dass er uns zur Meisterschaft führen kann. Doch es liegt noch ein Haufen Arbeit vor uns. Sowohl individuell als auch als Team müssen wir uns noch stark verbessern, um dieses Ziel eines Tages erreichen zu können. Trotzdem glaube ich, dass ein Trainer wie Nagelsmann einen großen Einfluss auf die Mannschaft haben kann.
gettyGlauben Sie, Leipzig wird schon in der kommenden Saison ein echter Konkurrent für Bayern und den BVB?
Adams: Auf jeden Fall. Gerade in der Rückrunde haben wir gezeigt, dass wir auch mit Dortmund und Bayern mithalten können. Trotz unserer guten Leistungen werden wir für meinen Geschmack manchmal zu wenig beachtet. Wir haben eine junge Mannschaft, die auf Top-Niveau spielt und hungrig ist, noch mehr zu erreichen. Gerade die Champions League wird für uns eine große Chance sein, uns noch besser zu präsentieren. Sowohl für den Klub als auch für uns persönlich wird es eine tolle Erfahrung.
Was sind Ihre persönlichen Ziele für die kommende Saison?
Adams: Dank der Champions League stehen sehr viele Partien an und mein Ziel ist es, Stammspieler zu sein. Ich will die großen Spiele in der Bundesliga und der Champions League spielen und mich auch auf dem allerhöchsten Niveau beweisen.
Welche Ziele haben Sie für den Rest Ihrer Karriere?
Adams: Als Spieler von RB Leipzig stehen einem alle Türen offen und mein größter Wunsch ist es, hier eines Tages die Deutsche Meisterschaft zu feiern. Auch in der Champions League will ich meine Spuren hinterlassen. Wenn man sieht, was Ajax in der vergangenen Saison geleistet hat, können auch wir Ähnliches schaffen. Gleichzeitig spielt auch die Nationalmannschaft eine große Rolle in meinen Plänen. 2022 steht eine Weltmeisterschaft auf dem Programm und es ist ein Ziel, dort dabei zu sein.
Was sind Ihre fußballerischen Träume?
Adams: Ich will Titel gewinnen - die Champions League, die Bundesliga und die Weltmeisterschaft. Eines Tages mit Freunden wie Christian Pulisic zusammenzuspielen wäre ebenfalls großartig. Wir werden sehen, was passiert.