Kommentar zu den Protokollen von Jürgen Klinsmann bei Hertha BSC: Das Big-City-Schiff versenkt

Hatten "Big City Klub"-Pläne und gingen im Streit auseinander: Ex-Hertha-Trainer Jürgen Klinsmann und Investor Lars Windhorst.
© imago images

Nach der Veröffentlichung der Protokolle von Jürgen Klinsmann über seine Zeit bei Hertha BSC steht fest: Als Gewinner wird niemand aus der vielleicht größten Schlammschlacht der Bundesligageschichte zwischen Ex-Trainer und Verein hervorgehen - am wenigsten die Hertha. Denn mit den Leaks hat Klinsmann dem Big-City-Schiff nicht nur Schlagseite gegeben, sondern es direkt versenkt. Ein Kommentar von SPOX-Redakteur Jonas Rütten.

Anzeige
Cookie-Einstellungen

Fast genau zwei Wochen ist es her, als Investor Lars Windhorst, Manager Michael Preetz und Präsident Werner Gegenbauer auf den aufsehenerregenden Facebook-Rücktritt von Trainer Jürgen Klinsmann nach nur 76 Tagen reagierten.

Alle waren sich vor 13 Tagen einig: Trotz des Chaos, das der Klinsmann-Rücktritt ausgelöst hatte, wolle man die schon im Sommer von Windhorst hochgesteckten Ziele, in den kommenden Jahren erst das internationale Geschäft und dann die Meisterschaft anzugreifen, nicht korrigieren. Im Gegenteil: Man wolle weiter zum sogenannten "Big City Club" werden.

Dieser Plan ist nun aber endgültig gescheitert. Mit seinen - ob gewollt oder ungewollt - in der Sport Bild geleakten, tagebuchartigen Protokollen hat Klinsmann das Big-City-Schiff versenkt. Es ist unmöglich, die dort geschilderten Probleme in der Vereinsstruktur, die fragwürdigen Abläufe und eingefahrenen Beziehungen für lange Zeit aus dem Gedächtnis zu löschen.

Man sollte annehmen, dass nicht alles frei erfunden ist, was Klinsmann zu Papier brachte. Völlig unabhängig davon stellt sich nämlich die Frage: Wer soll nach diesen Schilderungen noch zu diesem Klub wechseln wollen?

Hertha BSC: Das mausgraue Mittelmaß wird weiter regieren

Ein Klub, der wohl im Sommer einen neuen Trainer anstellt. Doch es ist nun mehr als zweifelhaft geworden, ob sich ein ambitionierter Coach die Mammutaufgabe Berlin wirklich antun möchte, wenn der Klub aktuell dermaßen unruhig und wie ein Scherbenhaufen daherkommt. Von neuen Spielern von internationalem Format, wie sie sich Windhorst wünscht, ganz zu schweigen.

Diese würden im Falle eines Abstiegs ohnehin nicht kommen - wie beispielsweise auch der bereits verpflichtete Lucas Tousart, der im Sommer per Klausel keinen Dienst in der 2. Liga antreten muss.

Die Leaks, die auch die Selbstüberhöhung des Ex-Trainers belegen und garantiert kein Empfehlungsschreiben an andere Klubs sind, haben das Projekt "Big City Club" vorerst endgültig auf Eis gelegt. Selbst wenn die Hertha am Ende die Klasse hält.

Das jahrelange mausgraue Mittelmaß, dem die Hertha mit Windhorsts Millionen zu entkommen versucht, wird vielmehr weiter in der Hauptstadt regieren. Mit Blick auf die aktuell desaströse Lage wären die meisten Hertha-Fans damit sicherlich nicht einmal unzufrieden.

Jürgen Klinsmanns Bilanz bei Hertha BSC

WettbewerbGegnerErgebnis
BundesligaBorussia Dortmund (H)1:2
BundesligaEintracht Frankfurt (A)2:2
BundesligaSC Freiburg (H)1:0
BundesligaBayer Leverkusen (A)0:1
BundesligaBorussia Mönchengladbach (H)0:0
BundesligaBayern München (H)0:4
BundesligaVfL Wolfsburg (A)1:2
BundesligaSchalke 04 (H)0:0
DFB-PokalSchalke 04 (A)3:2
BundesligaMainz 05 (H)1:3

 

 

Artikel und Videos zum Thema