Nach den Zwischenfällen am vergangenen Spieltag waren DFB, DFL und Vereine zuletzt um Mäßigung bemüht. Beigelegt ist der Konflikt damit aber noch lange nicht, wie auch die aktuellen Ankündigungen der Ultras zeigen. Und auch die Kritik an der Symbolfigur der Proteste dürfte anhalten: Dietmar Hopp.
Der Badener steht für all das, was Ultras im modernen Fußball ablehnen: Kommerzialisierung und Investorentum. Hopp, so der Vorwurf, habe sich mit seinen Millionen einen Bundesligaklub "gekauft" und werde dafür auch noch von DFB, DFL und anderen Mächtigen im deutschen Fußball hofiert.
In dieses Bild passen die bundesweiten Solidaritätsbekundungen nach dem Fast-Abbruch des Spiels zwischen Hoffenheim und Bayern, nachdem Hopp zuvor zum wiederholten Mal auf Plakaten als "Hurensohn" geschmäht und sein Profil im Fadenkreuz gezeigt worden war. Karl-Heinz Rummenigge erklärte ihn daraufhin zum "Ehrenmann", dem man "eigentlich ein Denkmal bauen" müsse, weil: "Dietmar Hopp hat für die Region in sportlicher Sicht Großes geleistet."
In diesem Punkt hat der Bayern-Boss tatsächlich Recht, denn der Gründer des Software-Giganten SAP hat in der Rhein-Neckar-Region Millionen aus seinem Vermögen für den Sport gegeben. Vor allem natürlich bei seinem Heimatverein 1899 Hoffenheim, bei dem er in der Nachkriegszeit selbst als Stürmer gekickt hatte. Nach dem Abstieg in die Kreisliga 1989 entschloss sich der Tribünengast Hopp, damals einfaches Vereinsmitglied, den Dorfklub mit seinem Geld ganz nach oben zu bringen.
Der erste große Transfer war der Wechsel des einstigen Zweitligaspielers Erwin Rupp in die unterste Spielklasse. Viele weitere sollten folgen, insgesamt hat Hopp geschätzt über 350 Millionen Euro investiert und die Kraichgauer damit binnen zwei Jahrzehnten in die Bundesliga geführt. Seit 2014 darf er sogar offiziell gegen die 50+1-Regel verstoßen, weil ihm die DFL wegen mehr als 20 Jahren Förderung eine Ausnahmegenehmigung erteilte und er 96 Prozent der Anteile an der TSG übernahm.
Adler Mannheim und SV Waldhof ohne Hopp längst pleite
Ohne den Gönner wäre aber auch der deutsche Eishockey-Meister Adler Mannheim längst pleite und die Handballer der Rhein-Neckar-Löwen hätten in den vergangenen Jahren keine Titel geholt, sondern würden noch als SG Kronau/Östringen in einer Mehrzweckhalle spielen. Hopps Sohn Daniel überredete den Vater, beide Teams großzügig zu unterstützen und stieg später als Geschäftsführer bei den Adlern sowie als Gesellschafter bei den Löwen ein.
Fußball-Regionalligist Astoria Walldorf rettete der Senior ebenso vor der Insolvenz wie Traditionsklub Waldhof Mannheim. Gleich mehrfach verhinderte Hopp mit Millionenzahlungen den Ruin des Ex-Bundesligisten, der inzwischen in der dritten Liga spielt. Hinzu kommt die Dietmar-Hopp-Stiftung, die er 1995 mit sechs Milliarden Euro aus eigenem Vermögen gründete und aus der unter anderem die Krebsforschung, aber auch die Jugendsportförderung unterstützt werden.
Hopp macht das offenbar aus Überzeugung, kann es sich aber auch leisten. Laut Forbes-Liste steht der 79-Jährige mit einem Vermögen von 13,5 Milliarden US-Dollar auf Platz acht der Liste der reichsten Deutschen. Gleichwohl zeigen zahlreiche Beispiele von steuerflüchtenden Milliardären, dass ein solch hoher finanzieller Einsatz für den Sport und soziale Zwecke keinesfalls selbstverständlich ist. "Wenn es irgendjemand der Superreichen gibt, der sozialer Verantwortung im Laufe der Jahrzehnte gerecht geworden ist, dann ist es Dietmar Hopp", sagte Ewald Lienen diese Woche.
Unverständnis für die massive Kritik der Ultras
Und hier kommt man zum Kern des Konflikts mit den Ultras. Hopp versteht die massive Kritik an seinem Engagement nicht, zumal es im Vergleich zu anderen Rendite-orientierten Investoren wie etwa in der Premier League oder der Serie A eher ein Mäzenatentum ist. Er erwarte zumindest Respekt für sein Lebenswerk, sagen Leute, die ihn kennen. Umso verhärteter haben ihn die dauerhaften Anfeindungen und übelsten Beleidigungen aus den Kurven gemacht. Zumal man ja nicht weniger empfindlich ist, weil man viel Geld hat.
Drohungen können in der Welt der Superreichen schnell zum ernsthaften Problem werden. 2009 versuchte ein Spediteur, Hopp um 5,5 Milliarden Euro zu erpressen. Wenn er nicht zahle, könne er auf die Begräbnisse seiner Frau und der beiden Söhne gehen, schrieb der später verurteilte Verbrecher.
Vielleicht sind es auch solche Erlebnisse, die Hopp überempfindlich gemacht haben gegen Kritik. Er fühle sich beeinträchtigt und verächtlich gemacht, sagt sein Anwalt. Nur so sind viele seiner Maßnahmen zu erklären, die den Konflikt seit Jahren immer wieder neu befeuern, obwohl die Ultras mit Red-Bull-Besitzer Dietrich Mateschitz und RB Leipzig eigentlich längst ein viel treffenderes Ziel für ihre Attacken haben. Schon 2009 etwa forderte er den DFB auf, gegen den damaligen Mainzer Manager Christian Heidel vorzugehen. Dieser hatte sein Bedauern ausgedrückt, "dass eine Mannschaft wie Hoffenheim einen der 36 Plätze im Profifußball wegnimmt". Hopp schrieb darauf an den Verband, man solle Diskriminierungen, "wie sie Herr Heidel betreibt", mit der gleichen Konsequenz verfolgen wie das bei Rassismus geschehe.
Hopps Kleinkrieg mit den BVB-Anhängern
Und er selbst entschied sich irgendwann, juristisch gegen Verleumdungen vorzugehen und führt seit Jahren einen regelrechten Kleinkrieg vor Gericht mit vermeintlichen Pöblern. Vor allem für die Anhänger von Borussia Dortmund ist Hopp ein rotes Tuch, weil sie ihm neben den zahlreichen Strafanzeigen auch die an Körperverletzung grenzende Beschallung des BVB-Blocks mit einer Hochfrequenzanlage im Hoffenheimer Stadion 2011 vorwerfen (für die ein Hausmeister später die alleinige Verantwortung übernahm). Vor allem sehen sie in Hopp ein Symbol für die Rückkehr der Kollektivstrafen, nachdem die Dortmunder Fans im Februar wegen wiederholten Beleidigungen vom DFB zu einer zweijährigen Sperre im Hoffenheimer Stadion verurteilt worden waren. Der Ausgangspunkt der jüngsten Vorfälle.
Befeuert wird dieser Dauerkonflikt zudem von einigen Beratern Hopps wie dessen Anwalt Christoph Schickhardt. Der forderte diese Woche nicht nur bundesweite Stadionverbote und gezielte Videoüberwachungen der Fans, sondern auch Hausdurchsuchungen. Zitat: "Da muss man auch mal ein paar abgreifen und auch mal einen Tag in der Zelle lassen. Das hat sich immer bewährt."
Es liegt auf der Hand, dass solche Sprüche und die dahintersteckende Geisteshaltung nicht zur Deeskalation beitragen werden. Auch wenn es Hopps gutes Recht ist, sich mit allen finanziellen und juristischen Mitteln zur Wehr zu setzen. Aber dann wird er wohl auch davon ausgehen müssen, dass die Beleidigungen weitergehen werden.