Dass es die Initiative von Borussia Dortmund war, bei der DFL den Antrag auf Herabsetzung des Mindestalters für Spieler in der 1. und 2. Bundesliga zu stellen, verwundert nicht. Künftig, das entschied die Liga Anfang April, dürfen junge Talente bereits mit Vollendung des 16. statt 18. Lebensjahres im Oberhaus kicken. Klar, dass einem da vor allem Youssoufa Moukoko in den Sinn kommt.
Der Nachwuchsstürmer des BVB erreicht die neue Altersgrenze am 20. November dieses Jahres und wenn er so weitermacht wie bisher, wird er bis dahin auch die 150-Tore-Marke geknackt haben. Seit er für die U17 spielt, steht der 15-Jährige bei 128 Treffern und 26 Assists in 84 Pflichtspielen.
Ob man Moukoko Ende des Jahres dann auch im Dortmunder Profiteam auflaufen sieht, lässt sich nicht nur aufgrund der Coronakrise noch nicht präzise beantworten. Als sicher gilt, dass es nicht mehr lange dauert, bis der Angreifer seine ersten Trainingseinheiten bei der schwarz-gelben Elite absolvieren wird. Dass die Borussia nicht lange zögert, wenn solche Jungspunde das entspreche Talent mitbringen, zeigte sich zuletzt am 17-jährigen Giovanni Reyna - und hat ihr europaweit einen exzellenten Ruf eingebracht.
Bradley Fink: Mit 40 Toren in 21 Spielen zum BVB
Diesem erlag im vergangenen Sommer auch Bradley Fink. Von der U16 des FC Luzern wechselte der bereits 1,91 Meter große Stürmer mit Schweizer und englischem Pass in die U17 des BVB. Knapp 190.000 Euro mussten die Westfalen als Ausbildungsentschädigung für den 17-Jährigen berappen.
Fink, den alle nur Brad nennen, machte in der Schweiz mit Moukoko-ähnlichen Zahlen auf sich aufmerksam. Nach 40 Toren in 21 Spielen verabschiedete er sich als Doublesieger aus Luzern, ein Jahr zuvor holte er beide Titel bereits mit der U15. Beim FCL wurde Fink auch schon viermal in der U18 eingesetzt - und erzielte dabei drei Tore. Bei der Schweizer U17-Nationalelf stehen sieben Tore in sieben Begegnungen zu Buche. Sportartikelhersteller Puma, passenderweise Trikotsponsor des BVB, übergab U16-Torschützenkönig Fink bereits einen Goldenen Schuh, auch ein Werbevideo für einen neuen Schuh wurde im Sommer 2018 schon mit ihm gedreht.
Der mögliche Moukoko-Nachfolger für die Dortmunder U19 steht also bereits parat, wie Finks aktueller U17-Trainer Sebastian Geppert gegenüber SPOX und Goal bestätigt: "Brad wird im Sommer für die U19 des BVB spielen. Er ist auf einem guten Weg." Dem Hype um Moukoko steht Fink jedenfalls kaum in etwas nach. Auch er wird seit Jahren wahlweise als Supertalent oder Wunderkind bezeichnet, die Luzerner Zeitung verglich seine Spielweise bereits mit der von Tottenhams Harry Kane.
Der Wechsel von Fink wurde zum Politikum in der Schweiz
So verwundert es nicht, dass Finks Transfer nach Deutschland im vergangenen Jahr zu einer Art Politikum in der Schweiz wurde. Nicht nur in Luzern, wo er nach seinem Wechsel vom SC Cham als Neunjähriger seit der E-Jugend spielte, wurde wenig Verständnis dafür aufgebracht, weshalb sich das Talent bereits zu diesem Zeitpunkt vom Acker machte. "Wir haben Bradley stets den nächsten Schritt in die erste Mannschaft aufgezeigt und eine entsprechende Karriereplanung vorgenommen. Doch die Geduld ging offensichtlich verloren", echauffierte sich FCL-Nachwuchschef Genesio Colatrella.
Colatrella berief sich dazu auf eine vom Schweizer Fußballverband erhobene Statistik, wonach von den letzten 86 Spielern, die in der Schweizer A-Nationalmannschaft mindestens zwei Einsätze absolvierten, nur Johan Djourou und Diego Benaglio bereits im Juniorenalter ins Ausland wechselten. "Es ist für die Karriereplanung eines großen Talents sinnvoll, mindestens in der Challenge League (2. Schweizer Liga, Anm. d. Red.) gespielt zu haben, bevor man den Sprung ins Ausland wagt. Das verstehe ich unter seriöser Karriereplanung. Die Deutschen schielen seit einiger Zeit in die Schweiz, um zu schauen, wie wir mit dem Nachwuchs arbeiten. Deshalb weiß ich nicht, ob man es dort wirklich besser macht", sagte Colatrella.
Ein Dorn im Auge des heutigen Co-Trainers des FCL war auch das Verhalten des BVB: "Wir versuchten die Verantwortlichen von Dortmund zu kontaktieren, haben aber nie eine Antwort erhalten." Dass die sich jedoch direkt an das Umfeld des Spielers wandten, lag in dessen Vertragslosigkeit begründet. "Wir hatten Anfragen von 16 weiteren Vereinen, die ebenfalls den direkten Weg über uns oder unseren Berater wählten", sagte Bradleys Vater Thomas Fink dem Schweizer Portal Zentralplus.
Dreijähriger Ausbildungsvertrag für Fink beim BVB
Senior Fink sah sich angesichts der hohen Wellen, die die Zusage an den BVB schlug, offenbar gezwungen, unmittelbar nach Verkündung des Wechsels Stellung zu den Vorwürfen zu beziehen. "Der FCL hat uns den Plan, dass Bradley ab dem 17. Juni mit der 1. Mannschaft hätte trainieren sollen, im Juni erläutert, als der Entscheid zu Gunsten von Dortmund bereits gefallen war. Der uns während der Entscheidungsphase vorliegende Zeit- und Entwicklungsplan des FCL sah Trainings mit der 1. Mannschaft in diesem Sommer nicht vor", sagte der Vater.
Das Hauptaugenmerk habe ohnehin nicht darauf gelegen, dem Junior baldmöglichst Profifußball zu garantieren. "Wir bevorzugen, dass sich Bradley noch mindestens zwei Jahre im Nachwuchs den Feinschliff holt und an Details arbeitet. Wir wollten einen Verein, der auf den Nachwuchs baut, um nicht zu sagen, von erfolgreicher Nachwuchsarbeit abhängig ist. Außerdem wollten wir, dass sein Verein ein 'Projekt Bradley Fink' vorstellte und nicht vier, fünf Talente in seiner Position unter Vertrag nimmt, von denen es dann einer schafft und der Rest bleibt mehr oder weniger auf der Strecke", erläuterte Thomas Fink.