Die "Abbruch-Arbeiten" verschoben, eine Not-Konstruktion auf die Beine gestellt: Auch ohne Einigung im Streit über die Folgen eines möglichen Saisonabbruchs haben die Fußballbosse vor dem Bundesliga-Neustart weitreichende Entscheidungen getroffen. Die 36 Klubchefs verständigten sich am Donnerstag darauf, dass fünf Auswechslungen erlaubt sind, die Spielzeit über den 30. Juni hinaus dauern darf und Partien kurzfristig an einen andern Ort verlegt werden können. Das heikelste Thema für den Ablauf nach der Corona-Zwangspause wurde allerdings von der Agenda genommen - obwohl die Zeit drängt.
"Für den Fall, dass eine Fortführung des Spielbetriebs durch künftige Entwicklungen nicht mehr möglich sein sollte und die Saison vorzeitig abgebrochen werden muss, soll innerhalb der nächsten beiden Wochen eine Regelung hinsichtlich der sportlichen Wertung entwickelt werden", hieß es in einer Mitteilung der Deutschen Fußball Liga (DFL), die im Gegensatz zu den vergangenen Wochen keine Pressekonferenz abhielt: "Nachdem hierüber am gestrigen Mittwoch im Rahmen von jeweiligen Teilversammlungen der Bundesliga und 2. Bundesliga eingehend gesprochen wurde, wurde das Thema in der DFL-Mitgliederversammlung nicht vertiefend erörtert."
Schon vor den Beratungen am Donnerstag war klar geworden, dass der Profifußball offenbar zerstrittener ist als bisher bekannt. Nach Informationen des kicker hat sich ein Verein bei der Teilversammlung der 18 Bundesligisten sogar gegen die Fortsetzung der Spielzeit ausgesprochen. Laut der Bild-Zeitung war ein Klub (Fortuna Düsseldorf) gegen die Möglichkeit, im Notfall auch nach dem 30. Juni weiterzuspielen. Bei den Rheinländern enden am 30. Juni gleich 17 Verträge.
Mit der Geschlossenheit der Klubs ist es ohnehin vorbei. Es herrscht Streit bei der Frage, wie die Saison im Fall eines vorzeitigen Abbruchs gewertet werden soll. Vor allem die mögliche Regelung des Auf- und Abstiegs hat die Uneinigkeit der Bundesligisten zum Vorschein gebracht. Wie mehrere Medien berichten, votierten acht Vereine gegen den Antrag des DFL-Präsidiums, auch im Falle eines Saisonabbruchs "am Grundprinzip eines sportlichen Auf- und Abstiegs zwischen der Bundesliga und der 2. Bundesliga und zwischen der 2. Bundesliga und der 3. Liga unter Beibehaltung der Anzahl von jeweils 18 Klubs" festzuhalten.
DFL: Entscheidung über Abbruch-Szenario vertagt
Eigentlich hätte die finale Abstimmung über eine entsprechende Satzungsänderung am Donnerstag erfolgen sollen. Um eine Einigung zu erzielen, braucht es wohl einen modifizierten Antrag. Dabei ist die Zeit knapp. Schließlich erscheint ein Abbruch aus vielerlei Gründen jederzeit möglich.
Das Präsidium wollte mit seinem Antrag zur Beibehaltung des Abstiegs offenbar das Szenario verhindern, wonach gefährdete Klubs einen Saison-Abbruch provozieren könnten. Diese Überlegungen kamen bei den Abstiegskandidaten und ihren Unterstützern nicht gut an. So kritisierte Aufsichtsratsboss Marco Bode von Werder Bremen unter anderem den Zeitpunkt und die fehlende Sorgfalt des Antrags.
Beschlossen wurde am Donnerstag, dass trotz des aufgestockten Auswechselkontingents während einer Partie nur bei drei Gelegenheiten getauscht werden darf. "Ich freue mich, dass wir fünf Spieler auswechseln können", sagte Trainer Lucien Favre von Borussia Dortmund: "Das ist eine sehr, sehr gute Idee. Das wird nötig." Ähnlich reagierte Favres Kollege Marco Rose von Borussia Mönchengladbach: "Das ist eine gute Entscheidung. Wir haben die Möglichkeit, unsere Spieler zu entlasten."
Darüber hinaus wurden weitere Änderungen gültig. So kann unter anderem das DFL-Präsidium "für die Saison 2019/20 das Ende des Spieljahres und für die Saison 2020/21 den Anfang des Spieljahres unter Berücksichtigung der Vorgaben der FIFA und des DFB" bestimmen. Ebenfalls kann das DFL-Präsidium für die Saison 2020/21 "im Rahmen der Vorgaben der FIFA die Zeiträume der Wechselperioden I und II für nationale und internationale Transfers" verändern.
DFL kann Spiele in andere Stadien verlegen
Zudem gibt es im weiteren Verlauf der Saison die Möglichkeit, ein Spiel aus "übergeordneten zwingenden rechtlichen, organisatorischen und/oder sicherheitstechnischen Gründen" kurzfristig in einem anderen Stadion auszutragen. Hintergrund ist laut der DFL, dass "durch die Auswirkungen der Coronavirus-Pandemie auch die Entwicklung eines nur regionalen beziehungsweise lokalen Infektionsgeschehens denkbar ist, welches unter Umständen die Durchführung eines Spiels an dem vorgesehenen Spielort kurzfristig unmöglich macht", während "an einem anderen Spielort gespielt werden kann".
In finanzieller Hinsicht greift die DFL den Regional- und Landesverbänden des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) mit insgesamt 1,5 Millionen Euro unter die Arme.