Das Interview mit Christian Pander entstand im Rahmen des KultKicker-Projekts. Die KultKicker sind drei junge Journalisten, die die Fußballhelden ihrer Kindheit zum Quatschen und Kicken treffen. Sie sprechen mit ihnen über die goldene Zeit des Fußballs, über verrückte Anekdoten und Geschichten auf und neben dem Platz und über das, was die Spieler heute machen.
Fußball und Christian Pander, war das Liebe auf den ersten Blick?
Christian Pander: Liebe auf den ersten Blick? Das muss man ein bisschen differenzieren. Ich habe immer unheimlich gerne Fußball gespielt, aber im Verein ... da hatte ich als kleiner Junge nicht so Bock drauf, bis ich die WM 1990 im Fernsehen geschaut habe. Ab da wollte ich auch im Verein richtig loslegen. Ich habe mit dem Ball im Bett geschlafen. Auch wenn es sich kitschig anhört, ist es die Wahrheit. Selbst wenn ich mit meinen Eltern im Restaurant war, hatte ich immer einen Ball dabei. Ich war eigentlich ein sehr einfaches Kind: wenn man mir ein Ball gegeben hat, war ich stundenlang beschäftigt.
Bis Sie 16 Jahre alt wurden, haben Sie bei Vereinen wie Gievenbeck und Greven gespielt. Heute spielen junge, talentierte Fußballer in so einem Alter oftmals längst in einem Nachwuchsleistungszentrum. Wie empfinden Sie es rückblickend, so lange in Dorfvereinen gekickt zu haben?
Pander: Für mich persönlich war es sehr gut. Ich kann da natürlich nur von meinen Erfahrungen sprechen, aber ich glaube schon, dass in einem Nachwuchsleistungszentrum ein stückweit der fußballerische Leichtsinn, den man vielleicht auch mal haben muss, um Fehler zu machen und daraus zu lernen, verloren geht. Grundsätzlich finde ich den Ansatz von Nachwuchsleistungszentren, die Spieler früh weiterentwickeln zu wollen, allerdings gut. Aber immer mit dem Hintergrund, dass man den Kindern nicht die Jugend klauen darf. Ich habe es als sehr angenehm empfunden als Jugendlicher, meinen festen Freundeskreis in Münster um mich zu haben, der bis heute geblieben ist. Das hat mich geprägt. Dadurch lief ich nie Gefahr, nur noch im Fußballkosmos unterwegs zu sein.
Gab es für Sie einen Punkt, an dem für Sie aus dem Traum Fußballprofi ein klares Ziel wurde?
Pander: Ich habe meinem Traum natürlich immer nachgeeifert, aber dieser schien lange in ganz weiter Ferne. Im zweiten B-Jugend Jahr in Münster habe ich dann einen großen Sprung gemacht und wurde besser als Mitspieler, mit denen ich sonst auf einer Höhe war. Nichtsdestotrotz habe ich kurz vor meinem Wechsel zu Schalke noch eine Lehre zum Groß- und Außenhandelskaufmann begonnen.
Christian Pander im Steckbrief
geboren | 28. August 1983 in Münster |
Position | linker Verteidiger |
starker Fuß | links |
Stationen | Preußen Münster Jugend, Schalke Jugend, FC Schalke 04, Hannover 96 |
Bundesligaspiele/-tore | 141/7 |
Christian Pander: "Meine Mutter hat mir da ein bisschen Druck gemacht"
Wie kam es dazu?
Pander: Daran hat meine Mutter einen großen Anteil. Sie hat mir da ein bisschen Druck gemacht. Das Thema Fußballkarriere sind wir zu Hause sehr realistisch angegangen. Rückblickend bin ich auch dankbar dafür, dass ich die Ausbildung machen musste. Für die heutige Zeit sehe ich das aber auch nochmal ein wenig anders.
Was meinen Sie?
Pander: Wir leben heute in einer Gesellschaft, in der die Leute oftmals nicht mehr 40 Jahre in einem Betrieb und Beruf arbeiten. Heute machen einige Jungs und Mädels nach dem Abitur ein Sabbatjahr, um sich zu orientieren. Sie fangen dann mit Anfang 20 an, sich mit einem Beruf auseinanderzusetzen. Daher ist es für mich keine verschwendete Zeit, wenn man als junger Fußballer mit 17/18 zwei Jahre hundertprozentig investiert, um an seinem Traum Profifußball zu arbeiten. Ganz im Gegenteil: So schützt man sich davor, irgendwann später im Berufsleben zurückzublicken und sich zu ärgern, es nicht mit allen Mitteln probiert zu haben.
Sie sind 2001, im zweiten A-Jugend-Jahr, von Münster in die U19 von Schalke zu Norbert Elgert gewechselt. Konnten Sie von Anfang an mithalten?
Pander: Als ich ankam, war ich erst mal viel zu schlecht. Es war ein Unterschied wie Tag und Nacht. Ich kam als linker Stürmer her und sollte auf einmal linker Verteidiger spielen. Ich hatte noch nie etwas von einer Viererkette gehört. So hatte ich im ersten halben Jahr echte Probleme mit dem Spieltempo und der Taktik. Das war für mich alles neu. Dann habe ich mich verletzt und nach der Verletzung kam ich ein bisschen wie verwandelt zurück und habe ab Februar alle Spiele gemacht.
Christian Pander: "Dann trinkst du auch Mal einen über den Durst"
Wie haben Sie Norbert Elgert, der Spieler wie Leroy Sane, Manuel Neuer, Mesut Özil und viele weitere ausgebildet hat, erlebt?
Pander: Ich habe in diesem einen Jahr so viel gelernt, wie in den sechs bis sieben Jahren zuvor zusammen. Das war für mich ganz wichtig. Er kann dir auf eine sehr gute Art Wissen vermitteln und eben auch so, dass es hängen bleibt. Im WM-Finale 2014 standen vier Leute aus der Schalker A-Jugend auf dem Platz. Ich glaube, dass das schon echt eine Aussagekraft hat.
In dieser Phase, wo Sie den Fußball immer professioneller betrieben haben: Wie hat sich das auf Ihre privaten Freundschaften ausgewirkt?
Pander: Zunächst fanden meine Freunde es alle cool, dass es ein Kumpel von ihnen zu Schalke geschafft hat. Mit vielen habe ich auch Fußball gespielt und die waren alle, bis auf ein paar Ausnahmen, ambitioniert und haben mir das dann von Herzen gegönnt. Das ist natürlich auch was, auf das jeder im Freundeskreis stolz drauf sein kann. Dementsprechend war das für alle super, obwohl jeder wusste, dass meine Zeit für sie weniger werden würde und sie nicht mehr mit mir abends spät um die Häuser ziehen konnten.
Was Sie bis dahin gemacht haben?
Pander: Ich war ein ganz normaler Jugendlicher und habe meine Leichen im Keller. Auch ich habe Dinge ausprobiert, auf die ich im Nachhinein nicht stolz bin, ohne darauf im Detail eingehen zu wollen. Dann trinkst du auch Mal einen über den Durst. Das wird es auch noch in 50 Jahren geben. Das habe ich auch alles erlebt. Ich habe meine Erfahrungen gesammelt, um zu verstehen, dass das schon mal Spaß macht, man das aber auch nicht braucht.