Die grün-weiße Elefantenrunde nötigte Florian Kohfeldt viel Geduld ab. 40 lange Minuten hatten die Bosse von Werder Bremen in ihrer Saisonanalyse bereits schonungslos offen über fast fatale Fehler und die wenig rosigen Zukunftsaussichten gesprochen, als endlich auch der Trainer zu Wort kam.
"Ich hoffe, dass alle noch aufnahmefähig sind", sagte der 37-Jährige schmunzelnd, bevor er zunächst einen Einblick in seine Gefühlswelt der vergangenen Wochen gab. "Einen Abstieg hätte ich mir nicht verziehen", sagte Kohfeldt, räumte eigene Versäumnisse ein und betonte, dass er keinerlei Abwanderungsgedanken entwickelt hätte. "Ich habe nur mit Werder gesprochen", sagte er. Nicht mit dem kolportierten Interessenten 1899 Hoffenheim.
Frank Baumann: "Wir haben unser Ziel absolut verfehlt"
Es ist alles andere als selbstverständlich, dass die Bremer nach einer Saison voller Enttäuschungen keinerlei personelle Veränderungen auf Führungsebene herbeiführen. "Werder muss auch Werder bleiben, bei aller Bereitschaft sich zu verbessern", benannte Aufsichtsratsboss Marco Bode den Weg der Kontinuität: "Wir sind geschlossen zu der Überzeugung gekommen, dass wir mit diesem Führungsteam weitermachen wollen."
Wie die vielbeschworene, harmonische Werder-Familie wollten die Alphatiere aber nicht wahrgenommen werden. Es sei klar, dass es kein "Weiter-So" geben dürfe, sagte Bode, entsprechend klar und deutlich fiel die Analyse von Baumann aus. "Wir haben unser Ziel absolut verfehlt und Fehler gemacht", sagte der 44-Jährige und scheute nicht, sie öffentlich anzusprechen.
Überehrgeizig waren Kohfeldt und Co. offenbar in die Saisonvorbereitung gestartet. "Das führte zu Fehlern und internen Probleme, die Energie verschwendet und Verletzungen herbeigeführt haben", erläuterte Baumann. Die "Verletzungsseuche" war seiner Überzeugung nach der "Hauptgrund", weshalb die Mannschaft durch die Saison taumelte. Erst in der Relegation gelang gegen den 1. FC Heidenheim (0:0, 2:2) der glückliche Klassenerhalt.
"Wir waren zu keiner Zeit fleixibel. Dafür mache ich mich auch verantwortlich", sagte Kohfeldt. "Wir waren besonders in der Defensive nicht gut. Wenn wir mal etwas zugelassen haben, waren wir nicht auf der Höhe. Das werden wir angehen. Im letzten Drittel haben wir uns aber weit über dem durchschnittlichen Bundesliga-Niveau bewegt, die Offensive war sehr gut."
Werder Bremen: Die Pläne für die Zukunft
Es war eine Saison, die den Verantwortlichen wie auch dem Klub an die Substanz ging - zumal die Auswirkungen der Coronakrise obendrauf kommen. 30 Millionen Euro fehlen, und Werder muss künftig einen Sparkurs fahren.
Die Kaderzusammenstellung wird zu einer kniffligen Angelegenheit, die Hanseaten können erst Geld in die Hand nehmen, wenn etwas in die Kasse geflossen ist. "Ich gehe davon aus, dass wir den einen oder andere Stammspieler verlieren", sagte Sportchef Frank Baumann, kein Spieler sei unverkäuflich. Milot Rashica, immer wieder mit RB Leipzig in Verbindung gebracht, hat bereits angekündigt, den Verein verlassen zu wollen. Zu Gerüchten, dass Max Kruse zurückkehren könnte, äußerte sich Baumann nicht.
Kohfeldts Aufgabe wird es künftig wieder verstärkt sein, Spieler zu entwickeln. "Ich habe sehr viel Energie und Lust, diesen Weg zu gehen", sagte er. An eine erneute Zielstellung Europacup ist nicht zu denken. Und er wird in einem wohl veränderten Trainerteam arbeiten, "um Reizpunkte zu setzen".
Klar ist bereits, dass es in der Vorbereitung vom 15. August bis 25. August 2020 nach Zell am Ziller in Österreich geht, bevor die Bundesliga dann im September wieder losgeht. Werder hofft auf eine Saison mit weniger Sorgen.