Mainzer Aufstiegsheld Benjamin Auer im Interview: "Jürgen Klopp war ein absoluter Motivator"

Von Niklas Behrend
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© getty

Benjamin Auer galt Anfang des Jahrtausends als eines der größten Sturmtalente Deutschlands. Bei der U20-WM 2001 in Argentinien erzielte der damalige Youngster von Borussia Mönchengladbach fünf Treffer, anschließend bekam er ein Angebot vom FC Arsenal. Einige Jahre später gehörte Auer zur Aufstiegsmannschaft von Mainz 05. Im Interview mit SPOX und Goal erinnert sich der 39-Jährige an die Anfänge seiner Karriere in der Jugend des 1.FC Kaiserslautern, an schwierige Gespräche mit Hans Meyer und einen Abstieg mit Jogi Löw.

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Das Interview entstand im Rahmen des KultKicker-Projekts.

Herr Auer, wann haben Sie realisiert, dass Sie es zum Profifußballer schaffen können?

Benjamin Auer: Ich bin im Alter von 14 Jahren zum 1.FC Kaiserslautern gewechselt und habe ab der U15 alle Juniorennationalmannschaften durchlaufen. In dieser Phase wurde mir klar, dass ich es unbedingt schaffen will. Mein Vater hat mich damals vier bis fünf Mal pro Woche aus unserem Heimatort nach Kaiserslautern zum Training gefahren, das waren täglich 120 Kilometer. Meine Eltern haben mir zwar überhaupt keinen Druck gemacht, aber sie haben viel Zeit in mich investiert. Auch deswegen habe ich den Fußball ernst genommen. Wenn meine Freunde abends losgezogen sind, bin ich zu Hause geblieben.

In Ihrer Jugendzeit beim FCK haben Sie viel und regelmäßig getroffen. Gerade in der U19 waren Sie mit ihrem Team sehr erfolgreich und erreichten 1999 das Viertelfinale gegen Hertha BSC (3:2). Kurz vor Schluss flogen Sie mit einer Roten Karte vom Platz.

Auer: Hätte es damals schon den Videobeweis gegeben, wäre das nicht passiert. Es war die 90. Minute und wir hatten das Spiel eigentlich schon gewonnen. Wie blöd müsste ich also bitte sein, da noch nachzutreten, was ja der offizielle Grund für den Platzverweis war?! Es war eine klare Fehlentscheidung. Der damalige Schiedsrichter hat es bestimmt nicht mehr viel höher geschafft in seiner weiteren Karriere.

Im Sommer 1999 wechselten Sie in die Zweitligamannschaft des Karlsruher SC. Ein Transfer, der zunächst vor dem DFB-Schiedsgericht landete. Wie haben Sie das als junger Spieler erlebt?

Auer: Für mich war das sehr anstrengend. Der FCK war mein Jugendverein, bei dem ich schon als Kind meinem Idol Stefan Kuntz aus der Westkurve auf dem Betzenberg zugejubelt hatte. In der A-Jugend durfte ich dann auch bei den Profis mittrainieren. Bei Otto Rehhagel habe ich als junger Spieler aber keine Perspektive gesehen. Er hat auf die älteren Spieler gesetzt, davon kann auch Michael Ballack ein Lied singen. Ich war zu dem Zeitpunkt in der Juniorennationalmannschaft und habe dort viele Tore geschossen und dementsprechend gab es viele Anfragen von anderen Vereinen. Ich habe mich dann für den KSC entschieden, weil ich dort in der Zweitligamannschaft nicht nur trainieren, sondern auch spielen sollte. Außerdem ist Karlsruhe nicht allzu weit weg gewesen von meiner Heimat.

Benjamin Auer stieg mit Trainer Joachim Löw ab

Und das hat dem FCK gar nicht gefallen?

Auer: Es war so, dass ich einen Jugendvertrag hatte, in dem stand, dass dieser nichtig ist, sobald ich ein Angebot aus der Bundesliga bekomme. Kaiserslautern hat den Vertrag so ausgelegt, dass diese Klausel nur für ein Angebot des FCK gelten sollte. Das sahen alle anderen Vereine, also auch der KSC, anders und so ging es dann vor das Schiedsgericht.

Und dort wurde entschieden, dass der Transfer rechtens ist.

Auer: Genau: Ich habe damals ziemlich großen Druck vom Jugendleiter bekommen, das war nicht so schön. Sagen wir es so: Man hätte auch anders auseinander gehen können.

Beim KSC angekommen war Ihre erste Profisaison von Unruhe und Trainerwechseln geprägt. Unter anderem spielten Sie unter Joachim Löw. Wie haben Sie ihn erlebt?

Auer: Er hatte eine spezielle Art zu reden. Wie er Sätze betont hat, das ist bei mir hängengeblieben und genauso spricht er heute noch. Ich habe ihn fachlich als sehr innovativ erlebt. Die Trainingsmethodik, die wir damals beim KSC unter ihm hatten, war ein Quantensprung zu dem, was ich aus der Jugend kannte. Menschlich habe ich ihn ebenfalls sehr positiv in Erinnerung. Uns jungen Spielern hat er stets aufgezeigt, was wir wie verbessern können. Leider waren wir auch unter ihm nicht erfolgreich. Letztlich sind wir abgestiegen, was aber nicht an Jogi Löw, sondern an der Kaderzusammenstellung lag.

Auer: Was Hans Meyer von den U-Nationalmannschaften hielt

Nach dem Abstieg sind Sie 2000 für zwei Jahre zu Borussia Mönchengladbach in die erste Liga gewechselt. Im Sommer 2001 waren Sie bei der U20-WM im DFB-Trikot extrem erfolgreich, wurden mit fünf Treffern hinter Javier Saviola, Adriano und Djibril Cisse viertbester Torjäger des Turniers. Da lag Ihnen doch die Fußballwelt zu Füßen.

Auer: Gerade zu diesem Zeitpunkt hatte ich tatsächlich viele Angebote. Sowohl von deutschen Klubs als auch aus dem Ausland. Unter anderem wollte mich der FC Arsenal mit Arsene Wenger als Trainer verpflichten.

Warum haben Sie das Angebot nicht angenommen?

Auer: Ich wurde unter anderem durch die angesprochene U20-Weltmeisterschaft in Argentinien ziemlich geerdet. Ich habe mir im Achtelfinale gegen Frankreich das Kreuzband gerissen. Während der WM gab es schon immer wieder Überlegungen: Wo geht es für mich nächste Saison weiter? In Mönchengladbach war ich unter Hans Meyer nur Ergänzungsspieler, deshalb wollte ich eigentlich wechseln. Durch den Kreuzbandriss war das Thema aber erstmal erledigt. Nach vier bis fünf Monaten Reha in der Heimat bin ich dann nach Mönchengladbach zurückgekommen, wo sich die Situation für mich nicht verbessert hatte. Dann war schnell klar, dass ich den Verein zum Ende der Saison verlassen werde.

Das muss frustrierend gewesen sein.

Auer: Ich weiß im Nachhinein gar nicht, ob ich das Angebot aus London angenommen hätte, wenn mein Kreuzband nicht gerissen wäre. Auch damals war ich schon recht klar im Kopf und wusste, dass ich dort wahrscheinlich nicht mehr gespielt hätte als in Mönchengladbach. Hans Meyer hat damals übrigens immer gesagt, dass die Juniorennationalmannschaft nur Kinderfußball wäre.

Wie würden Sie Ihr Verhältnis mit Meyer beschreiben?

Auer: An viele Gespräche mit Hans Meyer kann ich mich nicht erinnern. Meistens haben wir dann gesprochen, wenn ich aufgrund meiner Tore für den DFB zweimal zu oft in der Zeitung aufgetaucht bin. Dort wurde oft gefragt, wann dieser Benjamin Auer endlich für Borussia Mönchengladbach spielt - und das hat Hans Meyer gar nicht gepasst. Im Nachhinein blicke ich auf die gemeinsame Zeit aber auch mit einem lachenden Auge zurück. Wenn ich ihn mit seiner speziellen Art im Fernsehen sehe, höre ich ihm gerne zu. Seine zynischen Kommentare finde ich aus der Ferne ganz lustig. Dennoch ist es nicht so einfach, wenn man als junger Spieler der Leidtragende ist. Er hat ja beispielsweise auch gesagt: "Wir müssen Auer zu Demut erziehen." Ich glaube, dass ich von meinen Eltern sehr gut erzogen wurde. Das hat Hans Meyer nicht mehr machen müssen.

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