Als Manuel Neuer im Mannschaftstraining des FC Bayern am Dienstag fehlte, schien die Sache klar: Der Stammkeeper wird im Rückspiel des Champions-League-Achtelfinals gegen Lazio (Mittwoch, 21 Uhr) geschont, Alexander Nübel kommt zu seinem dritten Pflichtspieleinsatz für die Münchner. Keine allzu große Überraschung, hatte der Rekordmeister doch in der Ewigen Stadt einen komfortablen Vorsprung (4:1) herausgeschossen.
Als Trainer Hansi Flick kurz darauf im FCB-Mediencenter Platz nahm und auf der Pressekonferenz über die anstehende Begegnung sprach, machte sich bezüglich der Personalsituation allerdings Ungewissheit breit. Neuer sei erkältet, klärte Flick auf. Man habe noch ausreichend Zeit, um einen möglichen Einsatz gegen die Römer auszuloten. Eine Tendenz vermochte der Coach in der Folge nicht abzugeben.
Ob er denn wirklich nichts von der angeblichen Absprache oder Vertragsklausel wisse, wonach Nübel zwischen zehn und 15 Pflichtspiele zustehen, wurde Flick einmal mehr gefragt. "Mir ist nichts bekannt. Ich kenne die Verträge der Spieler nicht. Ich treffe die Entscheidung, wer spielt und wer nicht spielt. Das ist meine Aufgabe. Da lasse ich mir auch nicht reinreden."
Deutliche Worte. Ein möglicher Einsatz des hochveranlagten Ex-Schalkers gegen Lazio ist mit Blick auf dessen Zukunft ohnehin nur die kleinste Unklarheit.
Alexander Nübels Zukunft: Spielpraxis unter Ex-Bayern-Coach Kovac?
Vielmehr stellt sich die Frage, wie und wo es generell für den 24-Jährigen weitergeht. Anders als im Vorjahr, als sowohl Nübel-Berater Stefan Backs als auch die Münchner Klubverantwortlichen nichts von einem Zwischenschritt wissen wollten, kommunizierte Backs jüngst öffentlich, dass man sich im Lager des Torhüters mittlerweile derlei Gedanken mache.
Obwohl Vorstandsmitglied Oliver Kahn einen möglichen Abgang daraufhin im Gespräch mit dem kicker kategorisch ausgeschlossen und bekräftigt hatte, "total überzeugt" von Nübels Fähigkeiten zu sein, ist eine Leihe nach Informationen von SPOX und Goal im kommenden Sommer noch nicht vom Tisch, sondern unter passenden Umständen für beide Seiten denkbar.
Unter anderem die AS Monaco beobachtet Nübels aktuelle Situation genau und beschäftigt sich mit einer Verpflichtung; eine zweijährige Leihe steht im Raum. Im Fürstentum würde der gebürtige Paderborner auf Ex-Bayern-Trainer Niko Kovac treffen, mit Schlussmann Benjamin Lecomte bekäme er es im Vergleich zu Neuer mit einem deutlich bezwingbareren Konkurrenten zu tun.
Nübel will im Falle einer Leihe nach SPOX- und Goal-Infos unbedingt international spielen. Ein Anreiz, mit dem die Monegassen, derzeit Tabellenvierter in der französischen Ligue 1, aller Voraussicht nach dienen werden können.
Kann der FC Bayern auf Alexander Nübel verzichten?
Generell dürfte es vonseiten der Bayern aber nur dann grünes Licht für einen Wechsel geben, wenn Nübel einen Klub findet, der ihm Spielzeit auf hohem Niveau in Aussicht stellt. Nur so wäre die Entwicklung möglich, die man sich an der Säbener Straße erhofft, nur mit ausreichend Erfahrung auf internationalem Parkett kann Nübel sich eines Tages als adäquater Neuer-Nachfolger in München etablieren.
Dessen sind sich die Bayern-Verantwortlichen bewusst, weshalb sich hinsichtlich Nübels Zukunft eine Kehrtwende anzubahnen scheint. Allerdings befinden sich die Entscheider in einer Zwickmühle, müssen zwischen Pro und Contra abwägen. Was würde passieren, wenn Neuer in der kommenden Saison beispielsweise über einen längeren Zeitraum nicht zur Verfügung stünde? In den vergangenen Jahren, ehe Nübel an die Isar wechselte, fand sich ein stets besonnener Sven Ulreich mit seiner Rolle als Nummer zwei ab, stand aber parat, wenn er gebraucht wurde.
Heißt: Willigen die Bayern tatsächlich ein, Nübel zu verleihen, müsste eine hochwertige Alternative gefunden werden. Ein Keeper, der nicht murrt, wenn er sich hinter Neuer einreihen muss, aber sofort weiterhelfen kann, sollte der mehrmalige Welttorhüter ausfallen.
Ersatz für Nübel: Ortega oder Zieler zu den Bayern?
Medial gehandelt wurden zuletzt Bielefelds Keeper Stefan Ortega, der eine sehr ordentliche Debütsaison im deutschen Oberhaus spielt, sowie der erfahrene Ron-Robert Zieler, derzeit von Hannover 96 an den 1. FC Köln ausgeliehen und bei den Rheinländern nur die Nummer zwei. Nach Informationen von SPOX und Goal bestehen vereinsintern durchaus Zweifel, ob einer der Kandidaten eine adäquate Nummer zwei beim Rekordmeister abgeben würde.
Vor wenigen Tagen, als Nübels Unzufriedenheit und die Leih-Gedankenspiele zutage traten, wurde Flick mit der Situation konfrontiert. "Das sind Dinge, die wir intern besprechen. Wir werden unsere Meinungen austauschen", sagte er auf einer Pressekonferenz. "Letztlich hat Alex gewusst, worauf er sich einlässt, wenn er hier zum FC Bayern kommt."
Also offenbar darauf, dass ein fitter Manuel Neuer selbst in einem Spiel zum Einsatz kommt, das für die Bayern keine allzu große Hürde darstellen sollte.