Der lange Zeit geschätzte Florian Kohfeldt muss nach einer Rekord-Negativserie nun doch mit seiner Ablösung als Trainer von Werder Bremen rechnen. Einen Tag nach der bitteren 1:3-(0:0)-Pleite bei Union Berlin überraschte Sportdirektor Frank Baumann mit der Ansage, dass die Gespräche über Kohfeldt andauern. Bislang hatte sich Baumann stets für Kohfeldt ausgesprochen.
"Die Überzeugung, dass wir mit Florian die Situation bewältigen können, ist nach wie vor vorhanden", sagte Baumann bei Sky90. Der Klub analysiere aber in den Gremien mit und ohne Kohfeldt weiterhin die augenblickliche Lage. "Das Ergebnis ist offen", meinte Baumann.
Baumann machte klar, dass man im Klub nach wie vor die fachlichen und menschlichen Qualitäten von Kohfeldt schätze. "Es gibt aber keine Nibelungentreue. Man kann auch zu dem Entschluss kommen, dass es nicht passt", sagte Baumann und fordert Geduld. Der Klub wolle sich noch "ein, zwei Tage Zeit nehmen".
Die Entscheidung soll spätestens aber am Dienstag fallen. "Heute wird nichts mehr passieren", meinte Baumann Sonntagmittag nach einer Medienrunde. "Wir wollen uns nicht treiben lassen, weil es eine extrem wichtige Entscheidung ist."
Die Fans machten erstmals mobil gegen Kohfeldt. Am Sonntag waren am Trainingsplatz sowie am Stadion Plakate mit der Aufschrift "Kohfeldt raus" angebracht. Als möglicher Nachfolger wird Thomas Schaaf gehandelt. Bremens früherer Langzeit-Trainer, der am Freitag 60 wird, arbeitet derzeit als Technischer Direktor im Klub.
Kohfeldt will sich nicht öffentlich äußern
Kohfeldt selbst leitete am Sonntag noch das Training, wollte sich aber öffentlich nicht äußern. Nach dem auch taktisch völlig missglückten Auftritt hatte der Trainer am Samstag direkt nach dem Spiel die Verantwortung für das Fiasko übernommen und die Vertrauensfrage gestellt.
"Ich bin in diesem Sommer 20 Jahre bei Werder", betonte Kohfeldt, der seit Ende 2017 Werders Cheftrainer ist. Er verspüre nach wie vor das Vertrauen sämtlicher Vereinsvertreter, "doch wenn jemand das Gefühl hat, dass es mit einer anderen Person besser geht, soll man mir das sagen", meinte Kohfeldt und ergänzte: "Nichts ist wichtiger als Werder Bremen."
Solange die Klub-Leitung weiter hinter ihm stehe, werde er alles für Grün-Weiß geben, beteuerte der Trainer. Er fühle sich dem Verein nach wie vor eng verbunden. "Ich werde garantiert nicht weglaufen, sondern ich werde kämpfen, um den Klub in der Liga zu halten", versprach der Coach.
Pleiten-Serie: Werder noch schlechter als Schalke
Doch das könnte schwer werden. Während die Konkurrenz aus dem Keller wie der 1. FC Köln oder der FSV Mainz 05 plötzlich gewinnt, läuft bei den Bremern nichts mehr zusammen. Die siebte Pleite in Folge bedeutete einen Negativrekord, selbst Schalke 04 hat dieses Kunststück in dieser Saison nicht geschafft. Dabei sah es noch im März so aus, als seien die Bremer schon gerettet.
Doch es ist auch unübersehbar, dass Mannschaft und Trainer im zweiten Krisenjahr nicht mehr so entschlossen wirken. Mit der Leistung von Berlin gewinnt der Klub in den letzten drei Saisonspielen gegen Bayer Leverkusen, beim FC Augsburg und zu Hause gegen Borussia Mönchengladbach keinen Blumentopf mehr.
Im Saisonendspurt ist eine Steigerung zwingend notwendig, am besten schon am Freitag. Dann erwartet Werder zu Hause im Halbfinale des DFB-Pokals RB Leipzig (20.30 Uhr/ARD und Sky). Ein Sieg, der unrealistisch erscheint, würde dem Klub am Ende einer verkorksten Saison mit dem Finale in Berlin doch noch ein echtes Highlight bescheren. Doch viel wichtiger ist der Klassenerhalt in der Bundesliga, und den zu erreichen, wird nach der desolaten Leistung von Berlin schwer genug.