Arminia Bielefeld schafft die kleine Sensation, Mainz schafft Historisches. Edin Terzic muss als Chef in der Liga bleiben, Schalke und Werder dürfen dagegen gerne runter. Die Talking Points des 34. Spieltags.
Arminia Bielefeld ist die Mannschaft der Saison
"Alles richtig gemacht", muss man am Ende konstatieren. Arminia Bielefeld hat sich ein zweites Jahr in der Bundesliga erarbeitet und ist dafür ein hohes Risiko eingegangen. Der Trainerwechsel von Uwe Neuhaus zu Frank Kramer kam nicht allenthalben gut an und auch der Zeitpunkt war doch ziemlich überraschend - immerhin war die Mannschaft nie wirklich abgeschlagen.
Aber wie das so ist bei Klubs, die finanziell nicht mit der Konkurrenz mithalten können - Bielefeld hat mit Abstand den kleinsten Etat und Personalkosten von nur rund 16 Millionen Euro: Umso mehr müssen die großen Entscheidungen sitzen. Und bei der Arminia saß wirklich alles. Der Aufstieg war vielleicht gar keine große Überraschung mehr, der Klassenerhalt ist es sehr wohl.
Werder hat fast fünf Mal, Schalke sogar mehr als sieben Mal mehr Geld ausgegeben für seinen Kader als die Arminia. Der aktuelle Kader hat den Klub keine zwei Millionen Euro an Ablösen gekostet und tatsächlich hätte man vor der Saison allenfalls drei, vier Spielern Erstliganiveau attestiert. Aber im Kollektiv war Bielefeld eine Klasse für sich. Und deshalb ist die Arminia die Mannschaft der Saison.
Gebt Edin Terzic einen Klub!
Edin Terzic hat Borussia Dortmund in den letzten Wochen der Saison doch noch ins gelobte Land geführt, eine vermeintliche Katastrophen-Saison sowohl in der Pflicht (Champions-League-Teilnahme), als auch in der Kür (DFB-Pokalsieg) noch in die beste seit vier Jahren verwandelt. Er hat dem Klub damit Abermillionen Euro gerettet und die Fans versöhnt, die zwischenzeitlich den Glauben in diese wankelmütige Mannschaft verloren atten. Und er hat die Chancen drastisch erhöht, dass Erling Haaland oder Jadon Sancho vielleicht doch noch in Dortmund bleiben. Oder am Ende sogar beide?!
Terzic hat in ziemlich kurzer Zeit ziemlich viel erreicht und soll jetzt doch zurück ins zweite Glied. Er selbst soll das auch wollen, was einigermaßen schade wäre. Zum einen hat er mit seiner erfrischenden Art für Belebung in der Bundesliga gesorgt, nicht nur beim BVB. Zum anderen darf man auch die schwere Zeit und die Probleme nicht vergessen, die er mit der Borussia hatte. Es lief auch bei Terzic nicht alles rund und die Frage steht schon im Raum: Hat sich nur die hochbegabte Dortmunder Mannschaft einfach endlich mal am Riemen gerissen und ist explodiert oder war es wirklich Terzic' Geschick als Trainer, diese Mannschaft zu diesen Leistungen zu treiben?
Um das herauszufinden, bräuchte der 38-Jährihge aber eine eigene Mannschaft. Beim VfL Wolfsburg und bei Eintracht Frankfurt ist die Trainerfrage noch ungeklärt, auch der ein oder andere ambitionierte Zweitligist ist noch auf der Suche...
Mainz einfach nur sensationell
Sie hätten es austrudeln lassen können. Nach der erfolgten Rettung einfach abschenken in Wolfsburg, einen lauen Samstagnachmittag erleben, ein bisschen spielen und dann wieder nach Hause fahren. Niemand hätte sich daran gestoßen. Aber Mainz 05 hat sich im Laufe der Saison so krass verändert wie keine andere Mannschaft in der Liga.
Zum Start gab es noch dieses fast schon skandalöse 1:4 gegen Stuttgart, als die Mannschaft beinahe abschenkte gegen einen Aufsteiger. Zum Ende siegte Mainz beim Champions-League-Klub Wolfsburg am letzten Spieltag und schloss in der Rückrundentabelle zu den Wölfen auf. Mainz hat nach sieben Punkten und einem Sieg aus der Vorrunde 32 Punkte und neun Siege in der Rückserie geholt. Das gab es noch nie in der langen Geschichte der Liga.
Mit den Rückholaktionen von Christian Heidel, Martin Schmidt und Bo Svensson hat Mainz ein paar sehr schlaue Entscheidungen getroffen und den alten Mainz-Spirit neu geweckt. Da steht wieder eine hungrige Mannschaft auf dem Feld und ein Trainer an der Seitenlinie, der wie ein Versprechen für die Zukunft wirkt. Man muss (noch) nicht in Klopp- oder Tuchel-Sphären denken bei Bo Svensson. Aber dieser Trainer könnte in Mainz tatsächlich eine neue Ära prägen.
Kaum zu glauben, diese Schalker Saison
Es ist in den letzten Wochen ruhig geworden um Schalke, weil die Entscheidungen in der Liga das Elend auf Schalke überlagert haben. Aber man muss es sich wohl noch ein letztes Mal vor Augen führen, wie schlecht diese Schalker Saison war: Letzter in der Hinrunden- und Letzter in der Rückrunden-Tabelle. Drei Siege aus 34 Spielen, die wenigsten Tore und die mit Abstand meisten Gegentore. Und selbst wenn man Schalkes Punktkonto einfach mal so verdoppelt hätte, wäre die Mannschaft immer noch als Siebzehnter direkt abgestiegen.
Schalke war ein Prügelknabe und für die Konkurrenz ein gerne gesehener Gegner, dem man locker die Punkte abknöpfen konnte. Aber aus rein sportlicher Sicht war die Mannschaft kein Mehrwert für die Liga - weil sie schlicht nicht konkurrenzfähig war. Auf die Drei-Punkte-Regel umgerechnet ist Schalke der schlechteste Absteiger nach Tasmania und spielte einen Fußball, den man sich kaum anschauen konnte.
Das hatte die Mannschaft in vielen Phasen der Saison übrigens mit dem zweiten Absteiger Werder Bremen gemein. Aus der zweiten Liga kommen der VfL Bochum und Greuther Fürth hoch, vielleicht auch noch Holstein Kiel. Zwei - oder drei - Teams, die eine eigene Identität entwickelt haben und bei denen zumindest die Hoffnung besteht, dass sie diese Identität auch im Abstiegskampf der Bundesliga beibehalten werden. Und das wäre dann schon mehr, als Schalke an jedem der 34 Spieltage vorzuweisen hatte. Und für die Qualität der Liga ein Gewinn.
Die neue Macht der Trainer
Der Trainer ist die wichtigste Person in einem Profi-Klub. Bei ihm laufen alle Fäden zusammen, er ist das Scharnier zwischen Mannschaft und Führungsetage, die entscheidende Figur in der Umsetzung einer hoffentlich gesunden Philosophie und der erste Repräsentant des Klubs. Das Berufsfeld des Trainers hat sich massiv verändert und in der abgelaufenen Saison auch zu völlig neuen Auswüchsen geführt.
Die Fluktuation innerhalb der Liga war so hoch wie selten zuvor, nur Stuttgart, Union, Hoffenheim und Freiburg werden sicher mit jenem Trainer in die neuen Saison gehen, der auch zu Beginn der jüngst beendeten Saison schon auf der Bank saß. In Wolfsburg ist das Thema um Oliver Glasner noch lange nicht beendet, der Österreicher könnte der vorerst Letzte sein, der die neue Macht der Trainer auskostet - und Wolfsburg auf eigenen Wunsch verlässt. Einen Klub, den Glasner selbst nach sechs Jahren wieder in die Champions League geführt hat. Und der VfL könnte wohl wenig dagegen unternehmen.
Die Trainer kommen und gehen, wann und wie sie wollen - so hat man jedenfalls derzeit das Gefühl. Immer öfter hält die Denke von der Projektarbeit Einzug, die dann selbst für beendet erklärt werden kann. Das ist für die Trainer eine schöne Situation, für die Klubs aber schwierig wie nie. Jeder Verein sollte sich genau überlegen, ob er entsprechende Klauseln in den Verträgen noch zulassen will. Nur so wäre die neue Macht der Trainer wieder besser zu kontrollieren.
Bundesliga: Die Tabelle
Platz | Team | Sp. | Tore | Diff | Pkt. |
1. | Bayern München | 34 | 99:44 | 55 | 78 |
2. | RB Leipzig | 34 | 60:32 | 28 | 65 |
3. | Borussia Dortmund | 34 | 75:46 | 29 | 64 |
4. | Wolfsburg | 34 | 61:37 | 24 | 61 |
5. | Eintracht Frankfurt | 34 | 69:53 | 16 | 60 |
6. | Bayer Leverkusen | 34 | 53:39 | 14 | 52 |
7. | 1. FC Union Berlin | 34 | 50:43 | 7 | 50 |
8. | Borussia M'gladbach | 34 | 64:56 | 8 | 49 |
9. | VfB Stuttgart | 34 | 56:55 | 1 | 45 |
10. | SC Freiburg | 34 | 52:52 | 0 | 45 |
11. | TSG Hoffenheim | 34 | 52:54 | -2 | 43 |
12. | 1. FSV Mainz 05 | 34 | 39:56 | -17 | 39 |
13. | FC Augsburg | 34 | 36:54 | -18 | 36 |
14. | Hertha BSC | 34 | 41:52 | -11 | 35 |
15. | Arminia Bielefeld | 34 | 26:52 | -26 | 35 |
16. | 1. FC Köln | 34 | 34:60 | -26 | 33 |
17. | Werder Bremen | 34 | 36:57 | -21 | 31 |
18. | Schalke 04 | 34 | 25:86 | -61 | 16 |