Sie haben eine ausgeprägte Fehlerkultur angemahnt. Diese vermisst man auch beim Thema der Ausgliederung und etwaigen Unregelmäßigkeiten rund um die Abstimmung. Sie waren damals nicht im Amt, dennoch werden Sie damit konfrontiert.
Vogt: Wie Sie schon sagen, es war lange vor meiner Zeit als Präsident. Wir haben zu der Thematik als VfB eine Stellungnahme abgegeben, mehr können wir nicht machen. Weil es auch schwer nachzuvollziehen ist im Nachgang. Das Unternehmen, das damals verantwortlich war, ist insolvent. Ich persönlich kann nur sagen, dass wir als gesamte Familie damals im Stadion waren und technisch alles funktionierte mit den Geräten. Ich will gar nicht abstreiten, dass es Mitglieder gab, die eine andere Wahrnehmung hatten, aber am Endergebnis hätte sich so oder so wohl nichts geändert. Das Votum war ja eindeutig.
Das stimmt. Daimler als Investor sehen ja fast alle Mitglieder auch positiv, den Vertreter im Aufsichtsrat Wilfried Porth nur eben nicht. Dazu kam jetzt ein etwas rätselhaftes Statement seitens Daimler, das ein Ende der Zusammenarbeit betraf - was aber nie im Raum stand: "Sollten die Gremien und Mitglieder des Vereins zu einer anderen Einschätzung kommen, sind wir für Gespräche jederzeit offen." Warum kocht das Thema immer wieder hoch?
Vogt: Ich kann nur gebetsmühlenartig betonen, wie stolz wir sind, Daimler als Partner an unserer Seite zu haben. Viele andere Vereine beneiden uns deswegen. Ich kann mir kaum vorstellen, dass wir einen zweiten Partner finden können, der so gut zum VfB passt, weil Daimler die Latte so extrem hochgelegt hat. Ich weiß nicht, warum es immer wieder hochkocht, ich finde es schade, dass es überhaupt eine Diskussion gibt.
Vogt: "Ein Investor kann von jedem Kontinent kommen"
Der gesuchte zweite Investor ist ebenfalls ein Dauerthema beim VfB. Wie stellt sich die Situation aus Ihrer Sicht dar?
Vogt: Viele Mittelständler aus der Region haben natürlich unter Corona zu leiden. Bei vielen sind die Umsätze eingebrochen, viele mussten Mitarbeiter in Kurzarbeit schicken oder sogar Menschen entlassen - da ist es zweifellos der denkbar schlechteste Zeitpunkt, um über ein Engagement beim VfB nachzudenken. Das verstehen wir. Dennoch führen Thomas und ich weiterhin auch gute Gespräche mit Unternehmen aus der Region. Wir schränken uns aber nicht ein, wenn es darum geht, wo ein möglicher Partner herkommt. Ein Unternehmen kann von jedem Kontinent und aus jeder Branche der Welt kommen - es muss zum VfB und zu unseren Werten passen.
Was kann der VfB einem neuen strategischen Partner denn bieten?
Vogt: Ich denke, dass der Klub sportlich auf dem richtigen Weg ist. Mit jungen Spielern und attraktivem Fußball zeigen wir ein Bild nach außen, das sowohl für die Fans als auch für künftige Partner hochinteressant ist. Wirtschaftlich ist der VfB auf gesunden Beinen und hat gute und realistische Visionen für die Zukunft. Wenn wir jetzt noch Kontinuität auf allen Gebieten zeigen, dann sind wir ein sehr, sehr guter Partner für interessierte Unternehmen.
Eine Kritik, die Sie sich häufiger anhören mussten, lautet: Sie haben nicht viel umgesetzt bekommen von den Punkten, die Sie im Wahlkampf immer wieder betonten. Corona spielt dabei eine große Rolle, aber wie sieht Ihr Zwischenfazit aus?
Vogt: Ich muss ehrlich sagen, dass ich diese Kritik nicht nachvollziehen kann. Wir haben trotz Corona immens viel auf den Weg gebracht. Als Allerwichtigstes haben wir die tiefen Gräben, die damals zwischen dem Klub und seinen Mitgliedern und Fans bestanden, wieder zugeschüttet. Die Menschen zeigen wieder Vertrauen und mögen den VfB. Dazu haben wir eine hervorragende Machbarkeitsstudie für das Thema Frauen- und Mädchenfußball beim VfB auf dem Tisch liegen, so weit waren wir bei diesem Thema noch nie. Wir haben eine Arbeitsgruppe kreiert, in der wir uns mit der weiteren Stärkung der Fan-Belange und Mitgliederrechte befassen, dort sind auch die Ultras und alle Fan-Gruppierungen beteiligt. Wir haben eine Satzungskommission, die relativ viele Geburtsfehler peu a peu korrigieren soll. Wir haben auch abseits des Fußballs vieles bewegt.
Vogt: "Es ist enorm, was wir alles geschafft haben"
Sie denken an die Verpflichtung von Paralympics-Goldmedaillengewinner Niko Kappel?
Vogt: Genau. Unser Engagement im Para-Sport ist uns extrem wichtig, dort wollen wir auch eine Vorbildrolle für andere Vereine übernehmen und landesweit Zeichen setzen. Ich will uns nicht zu sehr selbst loben und es geht immer noch mehr, aber es ist enorm, was wir alles geschafft haben in der Corona-Zeit.
Lassen Sie uns ein paar der Punkte konkretisieren. Wie sieht der Fahrplan beim Punkt Frauenfußball genau aus?
Vogt: Realistisch betrachtet werden wir im Sommer 2022 die ersten Frauen- und Mädchen-Mannschaften mit dem roten Brustring auf dem Feld sehen. Wir wollen aber schon in diesem Sommer genau darlegen, wie wir es uns vorstellen. Für uns geht es auch nicht darum, diesen Punkt abzuhaken. Es geht uns generell um eine Stärkung der Rolle der Frauen beim VfB. Ich wünsche mir zum Beispiel, dass wir es schaffen, die größte weibliche Schiedsrichterabteilung zu haben.
Mit Bertram Sugg hat der VfB einen Fan-Vertreter im Aufsichtsrat. Allerdings ist der Prozess dahinter etwas undurchsichtig. Wollen Sie daran etwas ändern?
Vogt: Das ist genau einer der Punkte, die wir in der Arbeitsgruppe diskutieren. Wir sind da noch nicht so weit, dass wir sagen können, wie ein Abstimmungsprozess in Zukunft vielleicht aussehen könnte. Aber es ist das klare Ziel, dass der Vertreter im Aufsichtsrat möglichst eine breite Fan-Basis verkörpert und die Entsendung auf einem demokratischen Fundament steht. Ich bin für den Moment aber froh, dass wir beim VfB überhaupt einen Fan-Vertreter im Aufsichtsrat haben und wir diesen ersten Schritt gegangen sind. Der nächste soll dann wie gesagt folgen.