Julian Brandt befindet sich derzeit in der Vorbereitung auf seine dritte Saison bei Borussia Dortmund. Doch es ranken sich schon länger Gerüchte um Brandts Zukunft beim BVB. Soll der Mittelfeldspieler beim Pokalsieger bleiben? Das Pro und Contra.
Pro: Marco Rose könnte der ideale Trainer für Julian Brandt sein
Von Jochen Tittmar
Keine Frage: Nach nun zwei Spielzeiten und 87 Pflichtspielen für den BVB bekäme man ein Video von stattlicher Länge zusammen, das nur aus verheerenden Szenen von Julian Brandt besteht. Unerklärliche Fehlpässe, verschlampte Konter, verlorene Zweikämpfe - es gibt genügend Gründe, warum Brandt in Dortmund seit seinem Wechsel 2019 nicht zündet.
Der wohl wichtigste Grund, an dem Brandt freilich eine gehörige Mitschuld trägt, ist, dass Ex-Trainer Lucien Favre keine ideale Verwendung für den 25-Jährigen fand. Favre probierte Brandt auf unterschiedlichen Positionen aus, auf dem Flügel oder selbst als Neuner. Doch Brandt mangelte es vor allem an Konstanz und Durchsetzungsvermögen.
Das lässt sich natürlich auch über die Phasen sagen, in denen Brandt dort spielte, wo er hingehört und sich selbst sieht: im Mittelfeldzentrum. Als ihn Favre nach der Umstellung auf eine Dreierkette Ende 2019 als Verbindungsspieler zwischen Defensive und Offensive einsetzte, also als Sechser gegen den Ball und als Achter in Ballbesitz, hat das Geniale in Brandts Spiel jedoch immer häufiger den Wahnsinn verdrängt.
Julian Brandt braucht beim BVB einen Platz im Zentrum
Trotz der zahlreichen Wechselgerüchte um Brandt ergibt es viel Sinn, dass sich Brandt nun unter dem neuen Coach Marco Rose erneut versucht. Allerdings nur, wenn Rose mit ihm nicht so verfährt wie einst Favre. Brandt kann man in Notfällen gewiss auch flexibel einsetzen, doch langfristig braucht er einen festen Platz im Zentrum - das hat schon seine starke Schlussphase als Zehner in Leverkusen unter Peter Bosz belegt.
Brandts Fähigkeiten am Ball sind außergewöhnlich, er besitzt eine exzellente Technik und hohe Spielintelligenz. Es wäre trotz aller Konkurrenz im Kader ein Jammer, würde der BVB für einen solchen Spieler auch im dritten Jahr keine Verwendung finden.
Allerdings: Es wäre auch ein Jammer, wenn Brandt diese womöglich letzte Chance in Dortmund versiebt. Er muss sich dafür dringend steigern, vor allem im Defensivzweikampf und bei der Intensität in seinem gesamten Spiel. Genau dafür könnten sich Rose und seine Idee vom Fußball aber als ideal für Brandt erweisen.
Contra: Die Konkurrenz beim BVB ist für Brandt zu gewaltig
Von Stanislav Schupp
"Ich erwarte von ihm eine Leistungssteigerung", sagte BVB-Sportdirektor Michael Zorc vor Beginn der Saisonvorbereitung der Bild angesprochen auf Brandt und fügte an: "Und dass er sein Potenzial kontinuierlich abruft."
Vor allem Letzteres steht sinnbildlich für die bisherige Zeit des Blondschopfs in Dortmund. Zu selten ließ Brandt in den vergangenen zwei Jahren seine fußballerische Klasse aufblitzen, zu oft leistete er sich leichtsinnige Fehler im Aufbauspiel oder spielte vielversprechende Konter unsauber aus. Für eine Elf, die auf Dauer um den Titel mitspielen und in der Champions League weit kommen will, werden die schwankenden Auftritte Brandts den Ansprüchen nicht gerecht.
45 Einsätze verbuchte Brandt in der vergangenen Saison, in knapp der Hälfte davon kam er von der Bank. Seine Statistik war mit vier Toren und zwei Assists ausbaufähig. In Sachen Defensivverhalten, Pressing und Umschaltspiel ließ Brandts Herangehensweise oft zu wünschen übrig. Drei Faktoren, auf die Neu-Trainer Marco Rose in seinem Spiel großen Wert legt.
getty"Brandt braucht Spielzeit - und die gibt es beim BVB nicht ausreichend"
Der zuletzt formstarke Mahmoud Dahoud und der frisch verpflichtete Donyell Malen lassen Brandts Chancen auf einen Stammplatz in der neuen Saison weiter sinken. Mit Thorgan Hazard, Giovanni Reyna, Marco Reus und dem mutig aufspielenden Ansgar Knauff steht ihm zudem weitere Konkurrenz gegenüber. Doch vor allem Spielzeit ist das, was Brandt mit Blick auf sein Selbstvertrauen und auch seine weiteren Ambitionen in der deutschen Nationalmannschaft benötigt.
Die könnte er vielmehr bei einem anderen Verein erhalten und der BVB mit einem Verkauf die von Corona gebeutelte Kasse auffrischen. Brandt soll ohnehin zu einer Liste an Spielern gehören, die den Verein bei einem passenden Angebot noch in diesem Sommer verlassen können.