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Herr Matthäus, Sie gelten als einer der gefragtesten und meistzitierten Fußballexperten Deutschlands. Wie beurteilen Sie Ihre Rolle als Meinungsmacher?
Matthäus: Das macht es umso schwieriger, alles so zu beurteilen, dass ich keinem auf den Schlips trete. Ich möchte korrekt sein: sowohl in die eine als auch in die andere Richtung. Generell lobe ich lieber, als etwas schlechtzureden. Aber wenn ich schlechte Spiele, schlechte Ergebnisse oder Fehler sehe, dann muss ich kritisch damit umgehen. Ich kann aber jedem, den ich kritisiert habe, in die Augen schauen. Als Spieler habe ich früher mit Kritik leben müssen, die teilweise unter die Gürtellinie gegangen ist. Ich weiß also, wie das wehtut. Wichtig ist, dass ich mich mit meinen Aussagen wohlfühle. Ich möchte Spielern oder Trainern nach einem Spiel nicht mit einem schlechten Gewissen gegenüberstehen.
Gibt es eine Aussage, die Sie im Nachhinein bereut haben?
Matthäus: Das ist uns doch allen schon passiert. Sowas tut mir leid. Ich bin mir in so einem Fall aber auch nicht zu schade dafür, meine Sätze oder Worte so schnell wie möglich mit dem Betroffenen auszuräumen.
Wie oft melden sich Spieler, Trainer oder Funktionäre bei Ihnen, nachdem Sie sie kritisiert haben?
Matthäus: Eigentlich gar nicht, weil ich immer versuche, meine Aussagen zu untermauern und zu erklären. Warum sage ich beispielsweise, dass Bayern nicht den stärksten Kader der Bundesliga hat? Weil ich den Kader von Dortmund, Leipzig oder Wolfsburg auf den Plätzen 15 bis 22 stärker finde. Als journalistischer Experte versuche ich, glaubwürdig rüberzukommen. Das ist für mich das Wichtigste in meinem Job.
Lothar Matthäus: "Dafür brauch man mich nicht zu fragen"
Bekommen Sie oft Fragen gestellt, die Sie nerven?
Matthäus: Wenn mich jemand fragt, wer der beste Spieler der neuen Saison wird, dann nervt mich das nicht. Aber es ist eine Frage, die ich nicht beantworten kann, weil ich kein Hellseher bin. Ich kann behaupten, dass Bayern München um die Meisterschaft mitspielen wird. Aber das ist kein Geheimnis. Auch nicht, dass Leipzig und Dortmund wahrscheinlich die stärksten Konkurrenten sind, dass Fürth, Bielefeld und Bochum eher gegen den Abstieg spielen werden, und dass Hertha BSC eine Wundertüte ist. Das sind alles Dinge, die man auch selber schreiben kann. Dafür braucht man mich gar nicht zu fragen.
Wo sehen Sie den Mehrwert in Ihrer Tätigkeit?
Matthäus: Bei Spielen kann ein ehemaliger Spieler, der schon so lange dabei ist wie ich, besser beurteilen. Man fragt sich: Was ist wichtig für den Zuschauer? Was will er von dir wissen? Hast du irgendwelche Hintergründe gesehen, die du mit Bildmaterial erklären kannst? Zum Beispiel Timo Werners Laufweg vor Kai Havertz' entscheidendem Tor im Champions-League-Finale. Das ist etwas, das der Fußball-Fan zuhause vielleicht nicht so sieht wie ich. Das möchte ich rüberbringen.
Sehen Sie sich eigentlich als Journalist?
Matthäus: Ja.
Seit Beginn Ihrer Experten-Karriere?
Matthäus: Ja. Ich wusste, dass ich kein Spieler und kein Trainer mehr bin, sondern ab jetzt eine journalistische Tätigkeit habe. Ich bin aber ein Journalist, der auch von seinen Kollegen interviewt wird. Das ist eigentlich eine komische Situation.