RB Leipzigs Spiel gegen Mainz offenbarte Marschs wunden Punkt, der beste Spieler der Bundesliga spielt nicht beim FC Bayern München und Herthas Sache mit der Aufbruchstimmung hat sich fürs Erste erledigt. Die Thesen zum 1. Spieltag der Bundesliga.
Den besten Spieler der Liga stellt nicht der FC Bayern
Robert Lewandowski hat letzte Saison 41 Tore erzielt, wurde Deutschlands Fußballer des Jahres, Europas Fußballer des Jahres und Weltfußballer. Lewandowski legte als Einzelspieler die spektakulärste Saison der Bundesligageschichte hin, so gut wie der Pole war vorher noch keiner. Seit die Bayern die Bundesliga nach Belieben dominieren, stellte der Rekordmeister in sechs von neun Fällen den Fußballer des Jahres, mit Marco Reus (2019) war nur ein Spieler dabei, der sowohl einen deutschen Pass besitzt, als auch in der Bundesliga spielt. Kevin de Brunye (VfL Wolfsburg) und Reals Toni Kroos waren die anderen beiden Ausnahmen.
Nun sind Prognosen nach einem Spieltag vielleicht noch etwas verfrüht, aber was Erling Haaland gegen Eintracht Frankfurt gezeigt hat und in was für einer bombastischen Verfassung sich der Norweger präsentiert, lässt die Vermutung zu: Der beste, spektakulärste Spieler dieser Saison trägt kein Leibchen des FC Bayern München. Weil Haaland neben seinen fußballerischen und körperlichen Voraussetzungen etwas hat, das es nur alle Jubeljahre einmal gibt: Selbst Fans anderer Klubs wollen diesen Spieler spielen sehen. Weil es so außergewöhnlich ist und es offenbar kein Limit zu geben scheint für diesen 21-Jährigen.
Leipzigs Spiel gegen Mainz offenbart Marschs wunden Punkt
Leipzigs Spiel gegen Mainz erinnerte in vielen Phasen an einige der Tiefpunkte der letzten Saison. In den Spielen gegen so genannte kleine Gegner wie Köln, Hoffenheim, Mainz stolperte Leipzig zu oft und hatte deshalb am Ende nicht mal mehr die Chance, irgendwie in den Titelkampf einzugreifen. Nun wähnen einige die Mannschaft weiter, auch wenn der eine oder andere Leistungsträger nicht mehr da ist. Zumal in Andre Silva endlich der Torjäger im Kader steht, der in der letzten Saison so schmerzlich vermisst wurde. Es war Leipzigs größtes Problem, dass die Mannschaft nicht wie die Bayern, Dortmund oder Wolfsburg über einen echten Knipser verfügte, der im Zweifel auch mal ein enges Spiel dreckig entscheidet.
So eines wie nun in Mainz, wo die Mannschaft gegen einen tiefstehenden Gegner massive Probleme offenbarte. Und damit in gewisser Weise auch schon den wunden Punkt des neuen Trainers Jesse Marsch. Unter Julian Nagelsmann hatte Leipzig eine gute Mischung an RB-DNA mit viel Umschaltfußball und dem gewissen Etwas in Sachen Positionsspiel. Marsch ist aber trotz zahlreicher Erfolge mit Red Bull Salzburg kein ausgewiesener Experte für dominanten Ballbesitzfußball. Genau darauf wird es aber in der Großzahl der Spiele ankommen. Die meisten Gegner dürften Leipzig in etwa so begegnen wie Mainz am Sonntag, mit einem tiefen Abwehrblock, mit viel Leidenschaft und Opferbereitschaft. Dagegen braucht es spielerische Lösungen und nicht nur 17 Flanken aus dem Halbfeld von Angelino, in der guten Hoffnung auf einen Abnehmer im Zentrum.
Der VfB Stuttgart erinnert an den SC Freiburg
Gegen Greuther Fürth fehlte dem VfB Stuttgart eine komplette Mannschaft, neben Verletzungen beschäftigen Coronafälle und Spieler in Quarantäne Trainer Pellegrino Matarazzo schon seit Wochen. Unter anderem musste der VfB auf Sasa Kalajdzic und Silas verzichten, letzte Saison mit 23 beziehungsweise 16 Scorerpunkten die mit Abstand besten Angreifer. Torhüter Florian Müller und Kapitän Wataru Endo waren erst ein paar Stunden im Mannschaftstraining, Atakan Karazor musste schon nach acht Minuten ausgewechselt werden. Keine besonders guten Voraussetzungen für eine recht bunt zusammengestellte Mannschaft.
Aber wie gut die vermittelten Inhalte in Stuttgart unabhängig vom ausführenden Personal greifen, konnte man beim Kantersieg gegen den Aufsteiger - mal wieder - beobachten. Der Gegner war zugegeben eine Stunde lang nicht bundesligatauglich, aber 33 Torschüsse in 90 Minuten zu generieren und einen xGoal-Wert von 4,3 zu erzielen, ist einfach unglaublich gut. Stuttgart ist in seinen Abläufen eine organisch gewachsene Mannschaft mit Spielern, die sich in diesem Konstrukt entwickeln und besser werden können - eine Gemengelage, wie sie sich fast alle Mannschaften der Liga wünschen, aber nur die wenigsten dann auch umsetzen können. Rechnet man die sicherlich ausbaufähige individuelle Klasse der Einzelspieler raus, besitzt der VfB eine (spielerische) Basis wie nur wenige andere Mannschaften der Liga. Das erinnert an den SC Freiburg, der fast jedes Jahr seine besten Spieler verliert, sich aber auf seine Grundlagen besinnen kann. In Stuttgart, wo die Trainer und damit auch die Philosophien eigentlich im Sechs-Monats-Rhythmus wechseln, ist das eine ganz neue Erfahrung.
gettyHerthas Sache mit der Aufbruchstimmung hat sich erledigt
Es sollte alles anders werden: Neue Saison, neuer Elan, eine andere Herangehensweise, ein besserer Teamgeist. Und dann vergeigt Hertha BSC in Köln ohne große Gegenwehr mit 1:3, trotz mal wieder prominenter Zugänge in der Mannschaft und viele fragen sich: Was wurde da in der Sommerpause eigentlich groß verändert? Ein bisschen direkter sah das aus im Spiel nach vorne, einigermaßen kompakt in der Defensive. Aber halt nur 25 Minuten lang. Dann verfiel die Mannschaft in alte Muster, auch die erfahrenen Kevin-Prince Boateng, Suat Serdar und Stevan Jovetic konnten nicht gegensteuern.
Ein wenig Euphorie wäre ganz nützlich gewesen nach der vergangenen Saison, die Sache mit der Aufbruchstimmung hat sich nach dem Auftritt in Köln aber wohl fürs Erste schon wieder erledigt. Und Trainer Pal Dardai muss sich noch mit einem anderen großen Problem gerumschlagen: Wie soll es mit Matheus Cunha weitergehen? Der Brasilianer hat das Zeug, zu einem der besten Spieler der Bundesliga zu werden. Aber Cunha hat eben auch oft genug eine zweifelhafte Arbeitseinstellung, war in Köln kaum zu sehen und hilft der Mannschaft so auf Dauer nicht weiter.