Inwiefern?
Tyrala: Ich habe bestimmt nicht alles dafür getan. Beispielsweise habe ich meine Reha nicht konsequent durchgezogen. Ich war damals auf mich allein gestellt. Ich hätte gerne mehr Personen um mich herum gehabt, die mir sagen, was ich tun soll. Früher bestand der Staff nur aus einer Person, die sich um die Spieler gekümmert hat. Heute hat man für jeden Teilbereich mehrere Ansprechpartner.
Gab es beim BVB jemanden, der sich zu Ihrem Erstaunen ebenfalls nicht bei den Profis behaupten konnte?
Tyrala: Nizamettin Caliskan. Der Typ war unglaublich. Ich war wirklich überrascht, dass er es in Deutschland nicht dauerhaft zum Profi geschafft hat.
Gibt es auf der anderen Seite jemanden, dem Sie den Sprung eigentlich nicht zugetraut hätten?
Tyrala: Marcel Schmelzer. Er hat damals weder in der U21-Nationalmannschaft noch in der U23 des BVB viel gespielt. Plötzlich war er unter Jürgen Klopp gesetzt und hat mit Dede sogar eine Vereinsikone verdrängt. Vielleicht hat er so einen Trainer wie Klopp gebraucht, der ihn einfach ins kalte Wasser wirft.
Apropos Klopp: Der kam 2008, Sie wechselten 2010 nach Osnabrück. Was ist in den zwei Jahren dazwischen passiert?
Tyrala: Als Klopp kam, war ich nach einer schwierigen Phase zu Beginn wieder fester Bestandteil der zweiten Mannschaft und habe mich dort auch etabliert. Nach einer langen Verletzung kommt irgendwann immer ein Loch, körperlich und physisch. Da gab es immer kleine Wehwehchen, man hat keine konstant gute Leistung gezeigt und musste sich wieder rauskämpfen. Klopp hat dann ein paar Spiele gesehen und gesagt: "Der Junge ist ja wirklich gut, den müssen wir wieder dazuholen." Anschließend war ich mit den Profis im Trainingslager und wieder im Team. Das war natürlich eine Bestätigung für mich.
Haben Sie sich den erneuten Sprung unter Klopp nicht zugetraut?
Tyrala: Ich muss sagen, dass die Konkurrenz da vorne enorm war. Mladen Petric, Mohamed Zidan, Lucas Barrios, Mario Götze - es war nahezu unmöglich, mich dauerhaft durchzusetzen. Für mich war aber auch früh klar, dass ich den Verein verlassen werde. Daher habe ich für mich persönlich nicht mehr so richtig den Fokus darauf gelegt, mich unbedingt oben durchsetzen zu wollen. Ich habe gedacht: Okay, ich gehe eh weg und jetzt will ich bei der zweiten Mannschaft meine Spiele machen und mich ordentlich verabschieden. Ich hatte mit Klopp sehr gute Gespräche und er sagte auch, dass ich ein guter Junge sei. Ich wollte aber einfach etwas Neues erleben. Ich war zum damaligen Zeitpunkt schon elf Jahre beim BVB. Kaum war ich weg, wurden die Deutscher Meister. (lacht)
Nach einer Saison in Osnabrück ging es 2011 zu Greuther Fürth. Dort absolvierten Sie auch aufgrund von zwei weiteren schweren Verletzungen lediglich neun Spiele in drei Jahren.
Tyrala: Es fing unter Mike Büskens eigentlich alles gut an und ich stand am ersten Bundesliga-Spieltag gegen die Bayern in der Startelf. Ich habe davon immer noch die kicker-Note 3 bei mir hängen. Wir haben zwar 0:3 verloren, aber dafür habe ich Toni Kroos aus dem Spiel genommen. (lacht) Dann habe ich mir in irgendeinem bedeutungslosen Testspiel das Kreuzband gerissen und war wieder ewig raus. Ich habe mich zurückgekämpft, um mir im ersten Training von Frank Kramer erneut das Kreuzband zu reißen. Kramer und ich wurden dann auch nicht mehr warm.
Ihr Vertrag wurde 2014 nicht mehr verlängert. Hätten Sie sich mehr Unterstützung vom Verein gewünscht?
Tyrala: Definitiv. Eines Tages wurde ich zu Präsident Helmut Hack und Sportdirektor Rouven Schröder ins Büro gerufen und mir wurde mitgeteilt, dass man nicht mehr mit mir plane. Ich war 24, frisch Vater geworden und hatte fast ein Jahr nicht mehr gespielt. Ich hatte also keine Basis für die Zukunft. Das zeigt einfach, dass der Fußball nicht immer Rücksicht auf das Menschliche nimmt.
Wie sahen Ihre Pläne nach der Zeit in Fürth aus?
Tyrala: Ich habe mir gesagt, dass es so nicht enden kann. Ich habe so viele Jahre investiert und hart gearbeitet. Innerlich wusste ich, dass ich noch ein geiler Kicker bin - ich wollte es mir selbst noch einmal zeigen.
Sie gingen anschließend nach Erfurt und später zur Zweitvertretung von Mainz 05, wo Sie 2019 mit 31 Jahren Ihre Profikarriere beendeten. Wann haben Sie gemerkt, dass Sie womöglich nicht mehr auf dem Niveau weitermachen können?
Tyrala: In Erfurt ging es langsam körperlich nicht mehr so gut. Irgendwann muss man sich auch eingestehen, dass es nicht mehr reicht. Mainz hatte zu der Zeit noch nach einem zentralen Mittelfeldspieler gesucht und ich konnte dort bereits junge Spieler unterstützen und im Nachwuchsleistungszentrum arbeiten. Mit 31 die Karriere zu beenden, tat dennoch weh. Es war viel zu früh.
Sie haben einige Vereine und Spieler erlebt. Wer war der beste Mitspieler, den Sie je hatten?
Tyrala: Definitiv Mario Götze. Das war ein Spieler von Weltfußballer-Format. Wenn ich lese, dass er abgestürzt ist, kriege ich die Krise. Man muss nur seine Statistik anschauen, der Junge hat nahezu alles gewonnen.