Transfer-Check der Bundesliga-Aufsteiger und Krisen-Klubs: VfB Stuttgart im Dilemma - Schalke 04 auf Schnäppchenjagd

Maximilian LotzRuben Stark
01. Juli 202211:37
Sasa Kalajdzic (l.) könnte Stuttgart noch verlassen, Sebastian Polter (M.) verstärkt Schalke und Fredi Bobic ist auf Einnahmen angewiesen.getty
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Borussia Mönchengladbach steht nach einer miesen Vorsaison vor einem Umbruch. Dem knapp geretteten VfB Stuttgart droht der Verlust von Leistungsträgern. Und Bundesliga-Rückkehrer FC Schalke 04 fehlt für eine Transferoffensive das Geld - dafür ist bei den Königsblauen schon einiges passiert. SPOX zieht eine Transfer-Zwischenbilanz der Bundesliga-Aufsteiger und Krisenklubs der Vorsaison.

Borussia Mönchengladbach: Schwieriger Umbruch

Das aktuelle Top-Thema: Ko Itakura war in der Vorsaison Leistungsträger beim FC Schalke 04. In der kommenden Saison könnte der Defensiv-Allrounder für die Fohlen auflaufen. Nachdem sich die Schalker die Kaufoption in Höhe von fünf Millionen Euro für die Leihgabe von Manchester City nicht leisten konnten, warb zuletzt Gladbach intensiv um den Japaner, der sowohl in der Innenverteidigung als auch im defensiven Mittelfeld spielen kann. Sport1 und Sky berichteten bereits von einer Einigung zwischen Gladbach und Itakura. Das Problem: ManCity pokert noch um eine höhere.

Wer noch gehen könnte: Bei Gladbach könnte es zu größeren Umwälzungen im Kader kommen, auch wenn Sportdirektor Roland Virkus einen Totalumbruch vermeiden will. "Richtig ist, dass es Spieler gibt, bei denen wir ablösefreie Abgänge vermeiden möchten, und wir sind mit diesen Spielern in Gesprächen", sagte er in der Sommerpause der Sport Bild. Bei gleich zehn Spielern laufen die Verträge im kommenden Jahr aus. Vor allem Marcus Thuram, Alassane Plea und Ramy Bensebaini wurden als potenzielle Abgänge, die zudem noch dringend benötigtes Geld in die klammen Kassen spülen könnten, gehandelt.

Zuletzt bestätigte Stade Rennes' Sportdirektor Florian Maurice Kontakt zu Yann Sommer, dessen Vertrag ebenfalls 2023 endet. Ein Abgang des Schweizer Keepers würde die Fohlen hart treffen und soll ebenso vermieden werden wie ein Abschied von Leistungsträger Jonas Hofmann, dessen Arbeitspapier auch im nächsten Jahr ausläuft. Anders bei Rückkehrer Hannes Wolf (Leihe Swansea City), der zwar noch einen Vertrag bis 2024 besitzt, aber bei einem adäquaten Angebot aufgrund des Überangebots an Außenbahnspielern wohl verkauft würde.

Wo noch Bedarf besteht: Viel hängt letztlich davon ab, wie groß der Umbruch tatsächlich ausfällt. Die Lücke, die Matthias Ginter in der Abwehr hinterlassen hat, soll Itakura schließen. Dazu stehen noch einige Vertragsverlängerungen mit Schlüsselspielern wie Hofmann ganz oben auf Virkus' Agenda. Für den neuen Coach Daniel Farke sei in diesem Transfersommer das Ziel, "Spieler mit Qualität zu halten, Qualität hinzuzufügen und insgesamt für frische Energie zu sorgen".

Die Neuverpflichtungen von Gladbach im Überblick:

NamePositionBisheriger VereinAblöse
Oscar FrauloMittelfeldFC Midtjylland2 Mio. Euro

Zwischenzeugnis: Große Sprünge sind für die Gladbacher, die das Geschäftsjahr 2021 mit einem Minus von 14,6 Millionen Euro abgeschlossen haben, nicht drin. Der Fokus liegt daher verstärkt auf Talenten. Den Anfang machte der 18-jährige Oscar Fraulo. Die ganz große Transferoffensive wird am Niederrhein aufgrund der finanziellen Situation aber wohl ausbleiben.

VfB Stuttgart: Leistungsträger sollen Geld bringen

Das aktuelle Top-Thema: VfB-Sportdirektor Sven Mislintat macht kein Geheimnis aus dem Stuttgarter Interesse an HSV-Außenverteidiger Josha Vagnoman. Das Problem: Der VfB ist sich zwar offenbar mit dem Spieler einig, aber nicht mit dem HSV. Während die Hamburger mindestens sechs Millionen Euro Ablöse fordern sollen, bietet der VfB wohl nicht mehr als 4,5 Millionen plus eine zehnprozentige Beteiligung am Weiterverkauf oder einen Leihspieler (Roberto Massimo, Mateo Klimowicz).

"Es hat sowohl der eine das Recht Nein zu sagen, als auch der andere das Recht zu sagen: Ich gehe nicht höher. Da stehen wir gerade und im Moment sehe ich keine Möglichkeit, wie sich die Situation auflösen soll", erklärte Mislintat im VfB-Fan-Podcast STR.

Wer noch gehen könnte: Vor allem die Leistungsträger Sasa Kalajdzic, Borna Sosa und Orel Mangala gelten als Wechselkandidaten und sollen möglichst ordentlich Geld in die Transferkasse spülen. Der Österreicher wurde zwischenzeitlich auch beim FC Bayern und beim BVB gehandelt, beide Klubs sind aber wohl aus dem Rennen. Ein ablösefreier Abgang des Angreifers, dessen Vertrag 2023 ausläuft, soll auf jeden Fall vermieden werden. Zeitnahe Klarheit bei der Personalie ist aber nicht in Sicht. Gleiches gilt für Sosa, der mit dem FC Chelsea in Verbindung gebracht wurde. Bis Anfang August sollen Entscheidungen fallen, damit der VfB noch Zeit zum Reagieren hat. Aktuell erscheint es wahrscheinlich, dass zumindest Mangala noch ein Jahr in Stuttgart bleibt. Generell will der VfB seinen Kader vor allem etwas verkleinern, bis Ende der Transferperiode ist noch mit viel Bewegung zu rechnen.

Wo noch Bedarf besteht: Für den Fall eines wahrscheinlichen Abgangs von Kalajdzic herrscht vor allem im Angriff noch Handlungsbedarf. Als Kandidat wurde unter anderen Dion Drena Beljo vom kroatischen Erstligisten NK Osijek gehandelt. Ohne vorherige Verkäufe sind dem VfB allerdings auch die Hände gebunden. Die nicht absehbare Rückkehr von Atakan Karazor, der sich weiterhin auf Ibiza in Untersuchungshaft befindet, wird dagegen keinen Einfluss auf die Transferpläne haben. "Man kann es nicht genau sagen, wie sich das entwickelt", sagte Mislintat beim Trainingsstart. "Ich würde das so beantworten wollen, als wäre Ata verletzt. Wenn Ata eine Verletzung hätte, würden wir es auch intern auffangen, deswegen sind wir da ruhig und gelassen." Neben einem Rechtsverteidiger, der auch auf der linken Seite spielen kann (Vagnoman), soll außerdem noch ein gelernter Innenverteidiger kommen.

Die Neuverpflichtungen des VfB Stuttgart im Überblick:

NamePositionBisheriger VereinAblöse
Konstantinos MavropanosInnenverteidigerFC Arsenal (war bereits ausgeliehen)3,2 Mio. Euro
Hiroki ItoInnenverteidigerJubilo Iwata (war bereits ausgeliehen)400.000 Euro

Zwischenzeugnis: Nach dem knapp verhinderten Klassenerhalt befindet sich der VfB in einem Dilemma. Die Leistungsträger Kalajdzic und Sosa sollen trotz ihres großen sportlichen Werts verkauft werden. Die Devise lautet: ohne Abgänge keine Zugänge. Stuttgart müsse "in diesem Transfersommer erneut einen deutlichen Transferüberschuss erwirtschaften", sagte Mislintat kürzlich. Etwa 20 bis 25 Millionen Euro sollten wegen des Stadionumbaus und aufgrund der Folgen der Corona-Pandemie möglichst noch in die Kassen kommen.

Hertha BSC: Berliner backen kleinere Brötchen

Das aktuelle Top-Thema: Die Schlagzeilen bestimmte zuletzt vor allem die Wahl von Ex-Ultra Kay Bernstein zum neuen Hertha-Präsidenten. "Unsere Alte Dame liegt auf der Intensivstation", sagte der 41-Jährige, "wir können sie nun von innen wieder heilen - und das geht nur zusammen." Bernstein soll nach der Katastrophen-Saison und dem Fast-Abstieg den innerlich zerrütteten Klub einen, dabei geht es auch um das angespannte Verhältnis zu Investor Lars Windhorst. Die spannende Frage lautet, ob Windhorst, der schon 347 Millionen Euro seit seinem Hertha-Einstieg verbrannt hat, weiteres Geld zur Verfügung stellt.

Wer noch gehen könnte: Der Abgang von Eduard Löwen in die MLS zu St. Louis brachte der Hertha immerhin eine Million Euro. Auch Santiago Ascacibar könnte noch gehen. Manager Fredi Bobic ist auf Transfereinnahmen angewiesen. "Wir werden vom Personalbudget abbauen müssen. Wir versuchen, mehr Geld einzunehmen als auszugeben", sagte Bobic beim Trainingsauftakt. Dabei gilt es auch, Lösungen für Leihrückkehrer zu finden, wie beispielsweise Krzysztof Piatek. Der Pole war an die Fiorentina verliehen, doch die 15 Millionen Euro für die Kaufoption wollten die Italiener dann doch nicht lockermachen. Auch für Dodi Lukebakio und Omar Alderete werden noch Abnehmer gesucht.

Wo noch Bedarf besteht: Insgesamt sehnt sich die Alte Dame nach den Turbulenzen der Vorsaison nach Ruhe. Im Mittelfeld könnte zudem der tschechische Nationalspieler Alex Kral von Spartak Moskau für mehr Stabilität sorgen. Laut Sky soll sich die Hertha bereits in intensiven Gesprächen befinden. Nach den Abgängen von Marcel Lotka (BVB) und Alexander Schwolow (Schalke) rückte zwar Oliver Christensen zur neuen Nummer eins auf. Eventuell könnte der Hauptstadtklub auf der Position noch aktiv werden, auch weil hinter Rune Jarsteins Fitness weiterhin ein Fragezeichen steht.

Die Neuverpflichtungen von Hertha BSC im Überblick:

NamePositionBisheriger VereinAblöse
Jessic NgankamAngriffSpVgg Greuther Fürth2 Mio. Euro
Filip UremovicInnenverteidigerRubin Kazanablösefrei
Jonjoe KennyRechtsverteidigerFC Evertonablösefrei

Zwischenzeugnis: Zwei ablösefreie Transfers mit Jonjoe Kenny und Filip Uremovic, dazu der nicht allzu teure Kauf von Jessic Ngankam - die Berliner backen aktuell kleinere Brötchen auf dem Transfermarkt. Stattdessen soll von der Vertragsverlängerung mit Leader Kevin-Prince Boateng, der auch unter dem neuen Coach Sandro Schwarz eine Führungsrolle einnehmen soll, Signalwirkung ausgehen.

Werder Bremen: Noch einige offene Fragen

Das aktuelle Top-Thema: Weitere Neuverpflichtungen sind unter Dach und Fach gebracht. Der dänische Nationalspieler Jens Stage kommt vom FC Kopenhagen zu den Grün-Weißen, auch der Schotte Oliver Burke vom englischen Zweitligisten Sheffield United. Beide Spieler werden die Mannschaft im Trainingslager in Zell am Ziller/Österreich kennenlernen. Burke war 2016 für rund 15 Millionen Euro zu RB Leipzig gewechselt, musste aber nach nur einer Saison bei den Sachsen wieder gehen.

Wer noch gehen könnte: Leistungsträger scheinen aktuell nicht vor dem Absprung zu stehen, einzig jüngere Akteure könnten Werder offenbar noch auf Leihbasis verlassen. Nick Woltemade und Abdenego Nankishi sind Talente, die sich vorerst anderswo ins Blickfeld spielen könnten. Es sei etwa für Woltemade wichtig, "in den Rhythmus zu kommen", sagte Clemens Fritz, der Leiter Profifußball. Abwehr-Routinier Ömer Toprak hat sich Antalyaspor angeschlossen.

Wo noch Bedarf besteht: Werder soll weiterhin noch nach einem zentralen Mittelfeldspieler fahnden. Spekuliert wird über ein Interesse des Aufsteigers am Mainzer Jean-Paul Boetius, außerdem soll der Israeli Mohammad Abu Fani von Maccabi Haifa ein Kandidat sein. Auf den Außenbahn seien Mitchell Weiser und Lee Buchanan die beiden bevorzugten Kandidaten. Jedoch gestalten sich die Transfers schwierig. "Bei Mitchell geht die Tendenz sehr klar dahin, dass es nicht klappen wird", sagte Werder-Sportchef Frank Baumann zu Weiser, den Bremen zuletzt von Bayer 04 Leverkusen ausgeliehen hatte.

Die Neuverpflichtungen von Werder Bremen im Überblick:

NamePositionBisheriger VereinAblöse
Jens StageMittelfeldFC Kopenhagen4 Mio. Euro
Niklas StarkInnenverteidigerHertha BSCablösefrei
Amos PieperInnenverteidigerArminia Bielefeldablösefrei
Dikeni SalifouMittelfeldFC Augsburgablösefrei
Oliver BurkeAngriffSheffield Unitedablösefrei

Zwischenzeugnis: Werder Bremen wirtschaftet mit Augenmaß, hat aber auch noch offensichtlichen Baustellen im Kader. Insbesondere in der Breite lässt das Team keinesfalls höhere Erwartungen als den Klassenverbleib zu, allerdings wären die Bremer angesichts der letzten Jahre wohl auch zufrieden damit. Eingedenk der Tatsache, dass avisierte Transfers wie von Daniel-Kofi Kyereh oder Sarpret Singh nicht zustandekamen, ist der Erfolg in dieser Transferperiode als mittelprächtig einzuschätzen. Aber es bliebt noch einige Zeit, auch wenn Baumann am Donnerstag keine großen Aktivitäten mehr in Aussicht stellte.

FC Schalke 04: Schröders Schnäppchenjagd

Das aktuelle Top-Thema: Christopher Jullien sollte der neue Abwehrchef der Königsblauen werden, der Medizincheck war offenkundig schon absolviert. Dann platzte der Deal aber doch. Mehrere deutsche Medien sowie auch schottische berichteten, dass es Uneinigkeit über letzte Vertragsdetails gegeben habe. Der Innenverteidiger von Celtic Glasgow reiste demnach wieder zurück zu seinem Klub. Es sei um ein Leihgeschäft mit Kaufoption für den 29-Jährigen gegangen. Der Franzose wäre in der Bundesliga kein Unbekannter, stand vor einer ganzen Weile beim SC Freiburg unter Vertrag, kam da aber kaum zum Zug. Wenn es nicht noch eine überraschende Wendung gibt, bleibt es vorerst bei diesem vergangenen Intermezzo.

Wer noch gehen könnte: Darko Churlinov, letzte Saison vom VfB Stuttgart ausgeliehen, würden die Schalker gerne halten, der Nordmazedonier auch gerne bleiben. Aktuell würden es die Bedingungen aber nicht hergeben, sagte Sportdirektor Rouven Schröder zuletzt. Ausgeliehen sind noch Amine Harit und Ozan Kabak. Schalke hofft, die beiden Spieler zu angemessenem Preis zu verkaufen, denn ihre hohen Gehälter würden die Kostenseite enorm belasten.

Wo noch Bedarf besteht: Laut Medienberichten aus Belgien gilt Schalke als Interessent für Angreifer Manuel Benson (Royal Antwerpen). In der Türkei wird über eine Rückkehr von Innenverteidiger Kaan Ayhan (US Sassuolo) spekuliert, ein weiterer Innenverteidiger auf der Schalker Liste soll der junge Jarrad Branthwaite (19/FC Everton) sein und dann steht eine Leihe des Mittelfeldspielers Amadou Diawara (AS Rom) im Raum.

Die Neuverpflichtungen von Schalke im Überblick:

NamePositionBisheriger VereinAblöse
Thomas OuwejanLinksverteidigerAZ Alkmaar (war bereits ausgeliehen)2 Mio. Euro
Rodrigo ZalazarMittelfeldEintracht Frankfurt (war bereits ausgeliehen)1,5 Mio. Euro
Sebastian PolterAngriffVfL Bochum1,5 Mio. Euro
Tobias MohrAngriff1. FC Heidenheim1 Mio. Euro
Florent MolletMittelfeldHSC Montpellier500.000 Euro
Marvin PieringerAngriffSC Freiburg (war bereits ausgeliehen)500.000 Euro
Tom KraußMittelfeldRB Leipzig500.000 Euro Leihgebühr
Alexander SchwolowTorwartHertha BSC300.000 Euro Leihgebühr
Justin HeekerenTorwartRot-Weiß Oberhausen180.000 Euro
Leo GreimlInnenverteidigerRapid Wienablösefrei
Ibrahima CisseInnenverteidigerKAA Gentablösefrei

Zwischenzeugnis: Bei Schalke 04 ist Schmalhans der Küchenmeister. Rouven Schröder muss versuchen, mit geringen Mitteln ein konkurrenzfähiges Team auf die Beine zu stellen, das beim Aufbau eines neuen Fundaments der Königsblauen hilft. So gesehen, hat Schröder bisher einiges bewerkstelligt. Weitere Transfereinnahmen würden womöglich den Spielraum noch etwas erweitern, allerdings waren die Knappen schon jetzt in der Masse sehr aktiv. Ob Masse dann auch Klasse heißt, lässt sich im Moment nicht bewerten.