Trainer Niko Kovac greift beim VfL Wolfsburg in der "Causa Kruse" knallhart durch: Gemeinsame Aufwärm- und Stabilitätsübungen mit den Teamkollegen werden bis auf Weiteres noch toleriert, ansonsten ist der bei den Niedersachsen aufs Abstellgleis geschobene Max Kruse seit Dienstag nur noch eine Randfigur im wahrsten Sinne des Wortes.
Während der Kader der Norddeutschen die Vorbereitungen auf das Bundesliga-Auswärtsspiel am Sonntag (15.30 Uhr) bei Kruses Ex-Klub Union Berlin aufnahm, musste der frühere Nationalspieler sich und die VfL-Ersatzkeeper mit Torschussübungen beschäftigen.
Cheftrainer Kovac hatte dem 34-Jährigen bereits in der vergangenen Woche via Sky mitgeteilt, dass er kein Spiel mehr für die Wölfe absolvieren werde. Von dem Profi, dessen Vertrag in Wolfsburg noch bis zum Saisonende läuft, kämen "keine Impulse", ein "konstruktives Miteinander" ginge von ihm nicht aus, begründete der Coach seine mit der sportlichen Leitung abgestimmte Entscheidung.
Ein kurzfristiger Wechsel des offensiven Mittelfeldspielers ist in diesem Jahr in Europa nicht mehr möglich. Als wahrscheinlichste Lösung der aktuellen Situation gilt eine Auflösung des Kontraktes im Verlauf der wegen der Fußball-WM in Katar bereits Mitte November beginnenden Bundesliga-Pause.
Schmadtke: "Werden das nicht auf dem Marktplatz regeln"
"Wir werden das regeln, aber nicht auf dem Marktplatz", sagte Sport-Geschäftsführer Jörg Schmadtke dem kicker. Denkbar erscheint ein Wechsel im neuen Jahr in die nordamerikanische Major League Soccer (MLS) zu Inter Miami. Kruses Sohn Lauro Maxim lebt seit mehreren Jahren in Florida.
Für seinen klaren Kurs erhielt Kovac Lob von der Fußball-Prominenz. "Ein Spieler kann so gut sein, wie er will. Wenn er sich nicht einfügen will, dann kann er für den Verein nicht spielen", sagte der ehemalige Wolfsburger Meistertrainer Felix Magath bei ran.de. Kovac hätte verloren, "wenn er den Spieler nicht aus dem Kader genommen hätte", ergänzte der 69-Jährige.
Zur Aussage von Union-Berlin-Manager Oliver Ruhnert, dass man Kruse "hinbekommen" könne, meinte Magath süffisant: "Trotzdem können wir doch jetzt ganz in Ruhe feststellen, dass Union Berlin heute ohne den Spieler besser dasteht als vor eineinhalb Jahren mit ihm."
Matthäus befürwortet Entscheidung gegen Kruse
Auch Rekordnationalspieler Lothar Matthäus befürwortete die Entscheidung des Wolfsburger Trainers: "Solange Kruse da ist, ist er ein Störfaktor in der Kabine. Das können Kovac und der VfL in dieser Situation nicht gebrauchen."
Allerdings könnte laut des Kapitäns der 1990er-Weltmeistermannschaft die pure Anwesenheit des exzentrischen Kruse ein Problem für die Wölfe sein: "Er wird nicht mehr spielen, darf aber weiterhin mittrainieren. Das Thema wird also täglich weitergehen und ist vom Verein nicht ideal gelöst worden." Der Zeitpunkt sei sehr fragwürdig. "Wenn man Kruse nicht mehr braucht, hätte man das in der Transferperiode klären können", betonte der 61-jährige Matthäus.
Mit nur einem Sieg aus sechs Spielen steht der letztjährige Champions-League-Teilnehmer in der Bundesligatabelle derzeit lediglich auf Relegationsplatz 16.