Man kennt das mittlerweile auf Schalke, wer Königsblau trägt, hat eine gewisse Routine entwickelt: Der Trainer ist weg, gesucht wird ein neuer, unter dem dann wirklich alles besser wird. Doch während das Umfeld am Donnerstag noch über Thomas Reis als Nachfolger von Frank Kramer spekulierte, lenkte ein Ur-Schalker den Blick bereits auf tieferliegende Probleme.
"Mein Eindruck ist", sagte Olaf Thon dem kicker: "Die Mannschaft spielt im Moment noch schlechter als in der Abstiegssaison 2020/21." Wenn jemand es wissen muss, dann wohl Thon, der ewige Gelsenkirchener, der als Profi rund um die Jahrtausendwende die letzten großen Erfolge des Klubs miterlebte.
Im aktuellen Team sehe er "einfach ein Qualitätsproblem", der Aufsteiger werde es schwer haben, "in der Bundesliga Fuß zu fassen". Und so war Reis, im September beim Nachbarn VfL Bochum entlassen, gerade Favorit auf einen ziemlich undankbaren Job. Jener wird laut Informationen von sky aber aber auch nicht das vakante Amt übernehmen.
Denn Kramer hinterlässt eine gewaltige Erblast. Fünf Spiele in Folge hat Schalke wettbewerbsübergreifend verloren, 3:16 lautet das Torverhältnis aus dieser Phase. Das Pokal-Debakel bei der TSG Hoffenheim (1:5) am vergangenen Dienstag war lediglich die Schlusspointe. Zunächst leitet nun Assistenztrainer Matthias Kreutzer das Training, gemeinsam mit Mike Büskens könnte er das Team auch am Sonntag (17.30 Uhr live auf DAZN) bei Hertha BSC betreuen.
Gehandelt wurde derweil auch schon Ex-Bundesligatrainer Bruno Labbadia, doch der sagte den Verantwortlichen auf Schalke bereits ab.
Schalke 04: Mannschaft laut Thon "intakt"
Dass es schwierig werden würde, war schon im Sommer abzusehen. Sportdirektor Rouven Schröder musste in großer finanzieller Not einen Erstliga-Kader zusammenstellen, nach einem knappen Drittel der Saison scheint dieses Unterfangen gescheitert. Zwar sei die Mannschaft "intakt", sagt Thon, auch von einem Aufsteiger müsse man aber mehr Torchancen "erwarten dürfen". Vor allem an Geschwindigkeit fehlt es, und das wäre auch für Reis eine Hypothek gewesen: Beim VfL Bochum hatte er unter anderem dank schneller Außenbahnspieler einen lange Zeit effektiven Fußball spielen lassen.
Noch fünf Spiele sind es bis zur langen WM-Winterpause, dann müsste Schalke eigentlich seinen Kader nachbessern. Einfacher ist die wirtschaftliche Situation aber nicht geworden, denn Kramer ist nicht der einzige Ex-Trainer, den Schalke noch bezahlen muss. Auch sein Vorgänger Dimitrios Grammozis, vor gut sieben Monaten entlassen, bezieht noch Gehalt.
Der Blick auf Grammozis zeigt indes auch, dass es ein fortdauerndes Problem geben muss. Ein Jahr war er in Gelsenkirchen tätig, und damit gehörte er im unruhigen Umfeld des Großklubs zuletzt schon zu den besonders zähen Trainern. In den vergangenen drei Jahren standen sieben Chefs an der Linie, allein in der Abstiegssaison waren es fünf. Die Metapher vom Schleudersitz passt wohl nirgends so gut.
Schelke 04: Baum sieht Kader "realistisch"
Einer, der ebenfalls am FC Schalke scheiterte, ist Manuel Baum. 2020 durfte er elf Spiele mitmachen, dann war er seinen Job wieder los. Wenige Monate und drei Trainer später stieg das Team dennoch ab. Und mit Blick auf die aktuelle Saison sieht Baum nicht wirklich bessere Chancen.
"Man muss realistisch sein", sagte er dem SID im Rahmen eines Kongresses in Köln. Der Kader sei nicht so zusammengestellt, dass der Klassenerhalt "automatisch passiert".
Es dürfte kein einfacher Job werden, für wen auch immer.